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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein
Autoren: Charlotte MacLeod
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hat ihm bestimmt auch Geschichten erzählt über ihr Leben mit Belial
Buggins? Nein, ich glaube nicht, daß sie das — aber es muß andere — ja, ich
verstehe. Ja, ein richtiger Witzbold. Geschwätzige alte Dame, sagen Sie? Nein,
Sie nicht, aber Ihre Tante Aggie — ah ja. Vielen Dank, Mrs. Lomax, Sie sind ein
echtes Kompendium für Informationen. Nein, ich würde mir da keine Sorgen
machen. Ich bin sicher, daß er bald — ja, ich werde Jane viele Grüße bestellen,
und ich bin sicher, daß sie, eh, sie erwidert. Gute Nacht.«
    Es war ein langes Gespräch gewesen,
aber es war die Zeit wert gewesen. Jetzt wußte er alles. Er mußte es nur noch
beweisen. Er steckte seinen Kopf in das Wohnzimmer, wo sich die ganze
Gesellschaft inzwischen versammelt hatte, und sprach mit seiner Frau.
    »Helen, ich muß eine Weile fort. Gehst
du schon nach Hause, wenn ich — «
    »Natürlich, Peter. Pst!«
    Sieglinde sprach über Smörgäsbord.
Shandy schlich auf Zehenspitzen wieder hinaus. Wer konnte es schon mit einem
Hering aufnehmen?
    Die Nacht war so schwarz und stickig
wie das Innere eines Teerfasses. Kein Wunder, daß Mrs. Lomax’ überfüttertes
Katzentier durch die Fußsohlen schwitzte. Vielleicht waren Janes winzige rosa
Pfötchen auch feucht. Er wünschte sich aus tiefstem Herzen, wieder in seinem
kleinen Backsteinhaus auf dem Crescent zu sein, Helen in den Armen zu halten,
während Jane über ihre Rücken turnte und sich wunderte, warum man Katzenkinder
nicht bei diesem interessanten Spiel mitspielen ließ. Er wünschte von ganzem
Herzen, er hätte schon früher das getan, was er hätte tun sollen, und klar
gesehen, was sich genau vor seinen Augen abgespielt hatte, statt das Leben
anderer zu riskieren und sie einem mordenden Teufel auszusetzen, dem es nichts
ausmachte, jeden zu verstümmeln oder abzuschlachten, der ihm im Weg stand.
    Was das betraf, sollte er sein eigenes
Leben nicht aufs Spiel setzen, denn immerhin hatte er jetzt für eine Frau und
eine Katze zu sorgen. Aber wie konnte man sich schützen vor jemandem, der mit
so ungewöhnlichen Waffen derart unberechenbar umging? Machte es überhaupt einen
Unterschied, ob man im Käfig des Löwen saß oder davor stand, wenn die
Gitterstäbe erst einmal fehlten?
    Er hatte es hier mit einem völlig
rücksichtslosen Menschen zu tun, dem offenbar das Leben anderer mehr als
gleichgültig war, mit jemandem, der nicht einmal zu wissen schien, was
Menschlichkeit war. Jemand, der spontan einen perfekten Mord inszenieren
konnte, indem er einen gestohlenen Helm, einen demolierten Scheinwerfer und eine
Öllache auf einer dunklen Straße als Waffen einsetzte und sich dabei nicht
damit aufhielt, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß eine vernünftige,
aufmerksame junge Frau dem potentiellen Mordopfer ihre Reitkappe geben könnte.
Jemand, der genau wußte, wie man einen Misthaufen explodieren ließ, in dessen
Nähe sich ein alter Mann aufhielt, aber nicht damit rechnete, daß ein Junge
seinen eigenen Körper als Schutzschild vor das Opfer werfen würde.
    Shandy dachte an Spurge Lumpkin und
sein von Löschkalk zerfressenes Gesicht, an den Tod eines Mannes, der nicht
genug Verstand gehabt hatte, die Finger von dem brodelnden Kalk zu lassen, an
den alten Henny Horsefall, der um seinen Knecht trauerte, an Miss Hildas
Gesicht, als sie zusehen mußte, wie Nute Lumpkin Spurges Sammlung von
Tabaksdosen forttrug. Er dachte an Fergy in seinem Zirkusclownkostüm, sein
feuerrotes Haar und den gelbkarierten Anzug, wie er sich einen Morgen frei nahm
und seine hübsche kleine Lady aus Florida allein ließ, um an der Beerdigung des
geistig behinderten alten Mannes teilzunehmen, der ihm immer beim Ausladen des
Lasters geholfen hatte, der sein Bier getrunken und ihm die Ohren vollgeredet
hatte, denn auch Spurge war, verflucht nochmal, ein Mensch gewesen.
    Bei Fergys Scheune mußte er anfangen.
Shandy hoffte nur bei Gott, daß es noch nicht zu spät war.
     

Kapitel 22
     
     
     
     
     
     
    S handy hatte fast das Ende der
Horsefallschen Auffahrt erreicht, als er einer einsamen Steinsäule begegnete.
Beim zweiten Blick entpuppte sich der riesige, zerklüftete Felsblock als Thorkjeld
Svenson, der allein im Dunkeln stand.
    »Das Herz vor Kummer schwer«, bemerkte
Shandy, auch wenn er sich ganz und gar nicht zu respektlosen Sprüchen aufgelegt
fühlte. »Was ist denn passiert, Präsident? Sie sehen aus wie ein Überbleibsel
von Mount Rushmore.«
    »Schnauze«, sagte der berühmte Mann.
»Ich
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