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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern
Autoren: Robert Silverberg
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Stimme klang gepreßter als gewöhnlich. »Es ist eine angenehme Tageszeit.«
    »Wenn man allein sein möchte, bestimmt.« Delagard wies mit dem Kopf in Richtung auf die Werksanlage. »Hast das Ding da inspiziert, wie?«
    Lawler zuckte nur die Achseln. Eher würde er sich selber erdrosseln, als daß er Delagard auch nur eine Andeutung über die grandiose, heldenmäßige Idiotie machen würde, die er in der langen Nacht zusammengebraut hatte.
    Delagard sprach weiter: »Man hat mir gesagt, sie gehen morgen ans Netz.«
    »Das höre ich jetzt bereits seit einer ganzen Woche.«
    »Nein, nein, morgen wollen sie wirklich den Betrieb aufnehmen. Sie haben bereits Strom erzeugt, in geringen Mengen; und heute wollen sie auf volle Kapazität hochfahren.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß es eben«, gab Delagard zurück. »Die Kiemlinge mögen mich zwar nicht, aber trotzdem informieren sie mich über Sachen. Gehört sozusagen zur normalen Geschäftsroutine, wenn du verstehst.« Er trat neben Lawler und ließ selbstsicher und besitzergreifend die Hände auf das Geländer fallen, als wäre diese Insel sein Königreich und die Brüstungsstange sein Szepter. »Aber du hast mich noch nicht gefragt, warum ich so früh unterwegs bin.«
    »Nein, das hab ich nicht.«
    »Ich hab dich gesucht, darum. Zuerst war ich droben in deinem Vaargh, aber da warst du nicht. Dann schaute ich zur unteren Terrasse, und dort hab ich dann jemand auf dem Pfad hierher gesehen und mir gedacht, daß du das sein mußt. Also bin ich runtergekommen, um das nachzuprüfen.«
    Lawler lächelte verkniffen. Delagards Stimme verriet durch nichts, daß er mitbekommen hatte, was draußen auf der Landzunge mit dem Kraftwerk passiert war.
    »Ziemlich früh für einen Besuch, sofern es sich um eine Konsultation handelt«, sagte Lawler. »Für einen rein gesellschaftlichen im übrigen auch, obwohl das ja kaum in Frage käme.« Er wies zum Horizont. Dort schimmerte noch der Mond. Aber von der Morgenhelle war noch nichts zu sehen. Das Kreuz wirkte jetzt in Abwesenheit von Sunrise noch heller und schien vor der dichten Schwärze zu zittern und zu zucken. »In der Regel ist meine Praxis in den frühen Morgenstunden nicht geöffnet. Das weißt du doch, Nid.«
    »Es handelt sich um einen besonderen Notfall«, sagte Delagard. »Duldet keinen Aufschub. Man kümmert sich am besten drum, solang es noch finster ist.«
    »Handelt es sich um ein medizinisches Problem, ja?«
    »Genau. Medizinisch.«
    »Bei dir?«
    »Ja. Aber ich bin nicht der Patient.«
    »Ich verstehe dich nicht.«
    »Das wirst du gleich. Komm nur mit.«
    »Wohin?« fragte Lawler.
    »Zur Werft.«
    Ach, zum Teufel. Delagard wirkte an diesem Morgen höchst merkwürdig. Vielleicht war es ja wichtig. »Also schön«, sagte Lawler, »dann gehen wir.«
    OHNE NOCH EIN WEITERES WORT zu sagen, machte Delagard kehrt und ging auf dem Weg dicht an der Kaimauer in die Richtung auf die Werft zu. Lawler folgte ihm, ebenfalls schweigend. Der Pfad verlief hier über ein zweites kleines Kap, parallel zu jenem, auf dem das E-Werk stand, und unterwegs bekamen sie einen klareren Eindruck von dem Fabrikkomplex. Dort wimmelte es von Gillies, die mit den Flipperflossen Lasten schleppten.
    »Diese glitschigen Gauner«, brummte Delagard. »Hoffentlich fliegt ihnen der ganze Mist in die Visagen, wenn sie das Ding anwerfen. Das heißt, falls sie es jemals zum Laufen bringen.«
    Sie kamen zur anderen Seite der Landzunge und betraten die Bootswerft Delagards an der kleinen Einbuchtung. Es war das weitaus größte menschliche Unternehmen auf Sorve und hatte über ein Dutzend Beschäftigte. Delagards Schiffe fuhren beständig zwischen den verschiedenen Inseln umher, auf denen er Geschäfte trieb, und brachten Handelswaren von einer zur anderen, die bescheidenen Produkte der verschiedenen häuslichen Heimwerkerbetriebe, welche die Menschen herstellten: Angelhaken, Meißel und Faustkeile, Flaschen und Krüge, Kleidungsstücke, Papier und Tinte, per Hand kopierte Bücher, konservierte Nahrungsmittel und dergleichen. Delagards Handelsflotte hatte auch fast ein Monopol als Lieferer der Metalle, Plastikstoffe und Chemikalien und ähnlicher wesentlich wichtigerer Grundstoffe, die auf den verschiedenen Inseln so mühsam gewonnen wurden. Und alle paar Jahre fügte Delagard seiner Handelskette eine weitere Insel hinzu. Schon seit den ersten Anfängen der Inbesitznahme von Hydros durch die Menschen hatten die Delagards sich hier als Unternehmer betätigt,
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