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Tyrannenmord

Tyrannenmord

Titel: Tyrannenmord
Autoren: Roy Jensen
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Unbekannte bei der Ausübung seiner Tat Lederhandschuhe benutzt haben musste, keinerlei weitere Spuren finden lassen, die in irgendeiner Form direkt verwertbar gewesen wären.
    Die in Betracht kommenden Tatverdächtigen aus dem engeren Kreis der Anwohner hatten bis auf Erika Long alle ein Alibi vorweisen können. Das schloss aber keinesfalls aus, dass die Angaben dieser Personen, wenn es die Sachlage erforderte, erneut überprüft werden mussten.
    Spontan fiel Schmidt Hinz Henningsen, der Jäger, ein. Vielleicht hatte der ja die Schlafenszeit seiner Schwester genutzt, um die Tat auszuführen und sich danach, als wäre nichts gewesen, in sein altes, seit Jahren verwaistes Ehebett gelegt? Durchaus möglich. Doch könnte er zu Pfeil und Bogen gegriffen haben? Nein, denn das würde dieser, in seiner ländlichen Jagd-Tradition eingebundene Mann wahrscheinlich eher als lächerlich empfinden. Und wenn doch, konnte er überhaupt mit Pfeil und Bogen umgehen? Vermutlich eher nicht. Außerdem brauchte man auf die relativ große Distanz für einen Treffer viel Ausdauer, Geduld und Disziplin. Tugenden, die dieser Henningsen offensichtlich nicht gerade mit der Muttermilch eingesogen hatte. Nein, da war sich Schmidt sicher, der war einfach nicht der Typ dazu. Den konnte er also fürs Erste abhaken.
    Und dieser Joe? Der käme schon eher in Betracht, schließlich hatte er einige Zeit drüben in Arizona bei einem Stamm der Utahs gelebt. Und es lag durchaus nahe, bei seinem Interesse an diesem Volk, dass er sich auch in der alten Technik des Bogenschießens hat unterweisen lassen.
    Und was war mit dessen indianischem Freund, dem Navajo-Häuptling, der in Sachen Völkerverständigung für seine Stammesbrüder durch ganz Europa reiste? Theoretisch erschien es Schmidt zunächst mal nicht abwegig, dass er aus einer besonderen Freundschaft heraus dem ›Blutsbruder‹ Schützenhilfe geleistet haben könnte.
    Und wie verhielt es sich mit Joes Vater, dem alten Herrn Keim? Nein, das war schon physisch ganz ausgeschlossen, dass dieser einen derartigen Anschlag durchzuführen in der Lage gewesen wäre.
    Und die jungen Wirtsleute? Die konnte er wohl endgültig von seiner Verdächtigenliste streichen. Einmal waren da mehrere, gut beleumundete Zeugen, die ihr Alibi stützten, und Pfeil und Bogen hatten sie in ihrem Leben mit höchster Wahrscheinlichkeit allenfalls nur von Weitem gesehen. Außerdem wären sie sicher Helmut Hohmann aufgefallen, der Raoul Berger bereits mit dem Unbekannten beobachtet hatte.
    So kam er wieder auf Erika Long zurück. Was wussten sie eigentlich über die Vergangenheit dieser Frau? Ein Motiv hatte sie, wenn Schmidt daran dachte, wie hingebungsvoll sie sich um ihre Tiere kümmerte. War es denn so abwegig, dass die Sorge um die ihr anvertrauten Geschöpfe, zumal sie darin offensichtlich ihre Lebensaufgabe sah, sie nicht zu dieser Verzweiflungstat getrieben hatte?
    Schmidt wusste aus seiner langen Praxis, dass ausgeprägte Lebensphilosophien, insbesondere aber dogmatische Ideologien, oft die eherne, unnachgiebige Grundlage für eine Tat bis hin zum Mord bilden konnten. Er spürte, dass an der Sache was dran sein musste, das alte Bauchgefühl eben.
    Ja, warum denn auch nicht, Erika Long wirkte zwar eher zierlich, dennoch drahtig und irgendwie zäh. Vielleicht war die dazu benötigte Ausrüstung noch auf ihrem Anwesen zu finden? Oder konnte man eher davon ausgehen, dass sie diese nach der Tat beiseitegeschafft, wenn nicht gar vernichtet hatte? Andererseits war Schmidt von früheren Begegnungen klar, dass einige Menschen sehr, geradezu andächtig, an den Devotionalien ihres Erfolges hängen konnten.
    Je länger Schmidt darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher erschien ihm die Möglichkeit, dass Erika Long die Täterin sein könnte.
    Als Erstes sollten sie gleich morgen früh in dieser Angelegenheit recherchieren, sich bei einschlägigen Bogensport-Verbänden kundig machen.
    Wenn Erika Long dort irgendwo in Erscheinung getreten war, würde dieses Wissen darum nur ein weiteres, verdichtendes Indiz bedeuten und einen Hausdurchsuchungsbefehl wohl noch nicht rechtfertigen. In ihrem weiteren Umfeld zu ermitteln, wäre taktisch unklug und könnte alles verderben. Sie wäre dann womöglich vorgewarnt und würde dies zum Anlass nehmen, eventuell vorhandene Beweismittel zu vernichten. Sie brauchten eben den alles entscheidenden Hinweis.
    Vielleicht sollte er sich noch mal mit Hensel austauschen. Der kam viel rum in der Gegend, warum
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