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Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
Autoren: Jost Kaiser
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auf.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … von Wehner angequatscht wurde
    Wenn Helmut Schmidt eines nicht abkann, dann Menschen, die genauso viel reden wie er. Menschen, die anzweifeln, dass nur einer recht hat, nämlich Schmidt. Und Menschen, die statt den kleinen Mann auf der Stra ß e Theorien vertreten, die Abkürzungen wie Stamokap –»staatsmonopolistischer Kapitalismus« – hervorbringen, aber nicht wissen, wo das Geld herkommen soll, das sie ständig ausgeben wollen.
    Auf die »Jusos«, die Jungsozialisten in der SPD, trifft all dies zu. Früher eine zahme Jugendorganisation, sind seit Ende der Sechzigerjahre Akademiker und Studenten in diese Unterorganisation der Partei geströmt und sorgen seitdem für ziemlich verkopfte Manifeste. In denen schon mal steht, die gute alte SPD trüge dazu bei, »die Wiederherstellung der kapitalistischen Klassengesellschaft in der Bundesrepublik gegenüber den abhängig Beschäftigten zu verschleiern und diese mit ihr auszusöhnen«.
    Mit anderen Worten: Die SPD ist für die Jungsozis nicht etwa das kleinere Übel, wie für viele bundesdeutsche Linksliberale, sondern das größere – die kommunistische These von den »Sozialfaschisten« lässt grüßen.
    Die eigene Partei in dieser Weise als »Verschleierer« des fiesen Kapitalismus quasi noch schlimmer zu finden als alle anderen Parteien – das ist ungewöhnlich für eine Jugendorganisation.
    Das seien »halb fertige Akademiker« mit »elitärer Arroganz«. Findet jedenfalls Helmut Schmidt. Und findet gleichzeitig, dass andere das auch finden könnten. Zum Beispiel Wehner oder Brandt. Aber da liegt er falsch.
    Letzterer fühlt sich bei den jungen Radikalinskis irgendwie an seine eigene, ebenfalls linkssozialistische Jugend erinnert und neigt ohnehin nicht zu harten Worten. Und Wehner? Der erscheint im Dezember 1970 sogar auf einem Juso-Bundeskongress und heult sich ausgerechnet bei den Schmidt-Hassern über den Verteidigungsminister aus, statt ihn zu verteidigen.
    Wehner, so muss das dem SPD-Nachwuchs nach dem Auftritt erscheinen, ist der Jesus Christus der SPD. Er erweist der Partei den schwersten Dienst: Er kommuniziert mit Helmut Schmidt. »Ja, das tue ich, ich verzeihe manche Sachen nicht, aber ich rede mit ihm. Das ist sehr schwer, sehr schwer.«

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … in Amerika fast an einen Baum pinkelte
    Helmut Schmidt ist ein großer Freund Amerikas. Jedenfalls so lange, wie die dort herrschenden Männer seine Referate über gute Wirtschaftspolitik unter besonderer Berücksichtigung von Inflationsbekämpfung und Sparquote ausreichend goutieren.
    Jimmy Carter gehört nicht dazu. Denn der predigerhafte Mann aus Georgia hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Er will der Welt den Frieden bringen. Solche Leute kennt Schmidt aus der eigenen Partei zur Genüge. Ihm reicht es schon, Krieg zu verhindern, und ansonsten Krisen halbwegs zu managen. Jegliche idealistische, aus seiner Sicht träumerische Politikauffassung ist ihm verhasst.
    Jimmy trifft er auf Amerikareisen deshalb nur, wenn es die Amtspflichten unbedingt erfordern. Geht es nach Neigung, stehen Jerry, Henry und George auf dem Programm. Gerald Ford, Henry Kissinger und George Shultz, Reagans Außenminister, sind echte Kumpels.
    Und was machen echte Kumpels? Sie gehen zusammen zelten, trinken zu viel und pinkeln hinterher in die Büsche.
    Und Helmut darf bei alldem mitmachen.
    Als Schmidt im Juli 1982 in die USA reist, wird er – schon zum zweiten Mal – in den »Bohemian Club« eingeladen, ein geheimnisumwittertes Zeltlager im »Bohemian Grove«, einem elf Quadratkilometer großen Gelände, 120 Kilometer nördlich von San Francisco. In dieser garantiert Jimmy-Carter-freien Zone trifft sich die amerikanische Wirtschafts- und Politikelite – ein Stelldichein von Republikanern und milliardenschweren Wirtschaftsbossen, die hier in Burschenschaftlermanier und unter Einfluss von viel Alkohol konspirieren und seltsame Rituale vollführen, zum Beispiel zu Beginn eines jeden Treffens das »Verbrennen der Alltagssorgen«.
    Ein seltsamer Ort für einen Sozialdemokraten. Kein seltsamer Ort für Helmut Schmidt. Schließlich ist er mit nicht wenigen der Teilnehmer persönlich bekannt. Und seltsame Rituale, wie das Absingen komischer Lieder, kennt er ja von den Parteitagen der SPD.
    Frauen sind bei dieser Gaudi der Machtmenschen nicht zugelassen – so wie im Grunde auch in der deutschen Politik. Passt.
    Club-Mitglied Pat Brown, ein ehemaliger
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