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Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
Autoren: Jost Kaiser
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zweitgrößten Automobilclub der Welt.
    Es scheint, als sei der Deutsche nicht gern allein und suche sein Glück im Kollektiv. Er organisiert gern. Nicht zuletzt sich selbst – im Verein. Und der absolute König des Vereinswesens ist Helmut Schmidt. Bereits 1978 gehört der Kanzler 14 Vereinen an. Einmal Mitglied, kann er einfach nicht mehr austreten. Schmidt ist ein Meier. Ein Vereinsmeier.
    In Hamburg führen den Kanzler der Übersee Club e.V., die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Hochschule für Wirtschaft und Politik e. V. und die Gesellschaft für christlich- jüdische Zusammenarbeit e. V. in ihren Mitgliederdateien.
    Der Landesverband Hamburg der Arbeiterwohlfahrt ist jeden Monat glücklich, dass Schmidt nicht den Mindestbeitrag von zwei, sondern den Höchstobolus von 20 Mark entrichtet.
    Im hanseatischen Landesverband der Reservisten in der Bundeswehr ist Schmidt gelistet, der Verband der Heimkehrer in Hamburg freut sich über immerhin 42 Mark Monatsbeitrag des Regierungschefs und Kriegsteilnehmers.
    In Bonn fühlt sich Schmidt, der natürlich auch Mitglied der Busfahrer-Gewerkschaft ÖTV ist, der Deutschen Atlantischen Gesellschaft, der Gesellschaft für auswärtige Politik und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft verbunden – obwohl der Kanzler den israelischen Premier Menachem Begin nicht ausstehen kann.
    Schmidt, der in Langenhorn wohnt, will sich auch, was den dortigen Heimatverein angeht, nicht lumpen lassen. Dazu kommt noch eine Fördermitgliedschaft in der örtlichen Vereinigung Jugendheim.
    Im Bilderberg-Kreis hingegen sind keine verhaltensauffälligen Jugendlichen organisiert, sondern eher unauffällige Herren mit viel Einfluss. Hier trifft Schmidt gern David Rockefeller, Prinz Bernhard der Niederlande oder Otto Wolff von Amerongen.
    Und dann ist Schmidt noch Mitglied in einem anderen Verein: Seit März 1946 führt er Beiträge an die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ab, einst hervorgegangen aus dem Allgemeinen deutschen Arbeiterverein. Da Schmidt mehr als 10 000 Mark netto im Jahr verdient, kostet ihn das 250 Mark im Monat. Mit den 12 000 Mark, die er jedes Jahr der SPD-Fraktion spendet, kommen so 15 000 Mark Vereinsbeitr äge jährlich allein für die Sozis zusammen.
    Nicht der schlechteste Liebesbeweis für einen, dem man nachsagt, er sei »in der falschen Partei«.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … Luxemburg regieren wollte
    Das Großherzogtum Luxemburg ist eines von acht Ländern, die an die Bundesrepublik grenzen. Die DDR wäre eigentlich das neunte, zählt aber nicht. Die »Zone« ist irgendwie zwar ein Staat, aber keine Nation. Das denkt man selbst in der Ostvertrags-seligen SPD, bis man peinlicherweise 1988 zum beinahe allerfalschesten Zeitpunkt seine Meinung ändert.
    Luxemburg hingegen ist zwar klein, aber auf jeden Fall eine Nation. Und wie alle anderen acht Nachbarländer wurde es im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen überfallen. Doch wenn man im Jahr 1979 von der Bundesrepublik Deutschland aus hinfährt, dann in ausschließlich friedlicher Absicht.
    Im Mai 1979 schaut auch Bundeskanzler Schmidt mal beim kleinsten Nachbarn vorbei. Das ist man dem Mini-Land schuldig. Schließlich ist das Großherzogtum das »Lux« in dem Kürzel »Benelux«, mit dem die Deutschen die Kleinstaaterei nordwestlich von ihnen zusammenzufassen pflegen. Außerdem ist es Gründungsmitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) beziehungsweise von deren Vorläuferin, der Montanunion.
    Regiert wird Luxemburg seit 1974 von Gaston Thorn als Premierminister, der darüber hinaus schon seit 1969 Sport- und Außen- und seit 1977 auch Wirtschaftsminister ist.
    Als der Kanzler im Mai 1979 kommt, vereint Thorn in seiner Person eine Machtfülle, von der Helmut Schmidt nur träumen kann. Auch er war mal Superminister – Wirtschaft und Finanzen –, das war aber alles andere als super. Da hatte er nur die Öl- und Weltwirtschaftskrise am Hals.
    Jetzt ist er Bundeskanzler eines komplizierten föderalen Staates und muss bei den meisten seiner Vorhaben erst Helmut Kohl fragen, der mit der CDU den Bundesrat beherrscht.
    Zurück in Bonn, schwärmt der Kanzler gegenüber seinem Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff von den luxemburgischen Verhältnissen: »Das ist ein sympathisches Land, da würde ich gerne Regierungschef sein.« Lambsdorff, wohl um seinen Job besorgt, erwidert: »Das glaube ich Ihnen, da wären Sie nicht nur Regierungschef, sondern auch noch Außen- und Wirtschaftsminister.
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