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Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
Autoren: Jost Kaiser
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Regierungserklärungen (Schnitt: 3,7).
    Einmal, als die Zeiten am schlimmsten sind, gelingt es Helmut Schmidt mit einem seiner Auftritte, den Bundestag in ein philosophisches Seminar über die conditio humana zu verwandeln.
    Am 20. Oktober 1977 – Hanns Martin Schleyer ist zwei Tage zuvor tot aufgefunden worden, der Deutsche Herbst ist vorbei – sagt Helmut Schmidt im Bundestag erschütternde Sätze, die zum Besten gehören, was je im Plenum zum Thema »Politik als Beruf« (Max Weber) gesagt worden ist:
    »Wer aber weiß, dass er so oder so, trotz allen Bemühens, mit Versäumnis und Schuld belastet sein wird, wie immer er handelt, der wird von sich selbst nicht sagen wollen, er habe alles getan, und alles sei richtig gewesen. Er wird nicht versuchen, Schuld und Versäumnis den anderen zuzuschieben; denn er weiß: Die anderen stehen vor der gleichen unausweichlichen Verstrickung.«

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … doch lieber ausgewichen wäre
    Der 29. Oktober 1972 ist kein guter Tag für Deutschland. Das Wetter ist trübe. Die drei überlebenden Terroristen des Olympia-Massakers von München werden nach der Entführung der Lufthansa-Maschine Kiel ohne viel Aufhebens freigepresst und steigen in München-Riem auf Nimmerwiedersehen in ein Flugzeug.
    Und in Hamburg-Winterhude steigt der Kaufmann Günter M. (45) in seinen BMW 2800, um in Richtung Schnelsen zu fahren. Als er die Kreuzung Heidlohstra ß e/Holsteiner Chaussee erreicht, fährt er einfach weiter, ohne auf die Vorfahrt zu achten. Auf der Holsteiner Chaussee ist ein Konvoi aus zwei schweren Mercedes-Limousinen unterwegs. Die erste kann dem verbotenerweise auf der Kreuzung befindlichen Wagen nicht mehr ausweichen und erwischt den BMW am Heck. Der Mercedes gerät ins Schleudern, prallt gegen einen Laternenmast und wird seinerseits von dem nachfolgenden Daimler am Heck erwischt.
    Im ersten Mercedes sitzt der Superminister für Wirtschaft und Finanzen, Helmut Schmidt, mit Ehefrau Loki, im zweiten folgen Beamte der Sicherungsgruppe Bonn, die Bewacher Schmidts. Schmidt kommt von einer Wahlveranstaltung in einem nahe gelegenen Gymnasium.
    Durch die Wucht des Aufpralls wird Loki auf dem Rücksitz eingeklemmt. Helmut Schmidt, soeben noch als Wahlhelfer für Willy Brandt in Aktion (im November sind Bundestagswahlen), hat nur noch einen Gedanken: »Wie kriege ich meine Frau hier raus?«
    Schließlich gelingt es einem Sicherheitsbeamten, Schmidts Ehefrau zu befreien, aus deren Mund später die einzige positive Meldung des Tages kommt: »Mein Mann und ich haben nur ein paar blaue Flecken.«

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … nicht aufhören konnte zu suchen
    Am 7. Dezember 1978 läuft ein Schiff von Bremerhaven aus. Es ist die 261 Meter lange München , ein sogenanntes LASH-Schiff. LASH steht für Lighter Aboard Ship, eine spezielle Form des Transports, bei der ein Trägerschiff im Transatlantik-Linienverkehr schwimmfähige Container aufnimmt, die später auf Binnenwasserstra ß en als Schubverband transportiert werden.
    Die München sei so »stabil wie ein Panzerkreuzer«, sagt ein erfahrener Seeoffizier.
    Das Schiff ist auf dem Weg nach Savannah/Georgia, USA. Es ist die 62. Passage auf dieser Strecke. Nie ist etwas Gravierendes passiert. Das Kommando an Bord führt Johann Dänekamp, zur Besatzung zählen weitere 27 Männer und Frauen.
    Über dem Nordatlantik hat sich im Dezember 1978 ein Sturm zusammengebraut. Britische Meteorologen sprechen zunächst vom »Monstrum des Monats«, schließlich vom »Sturm des Jahrhunderts«.
    Am 12. Dezember 1978, kurz nach Mitternacht, befindet sich die München 400 Seemeilen nördlich der Azoren. Um 3.10 Uhr empfängt der Funkoffizier des griechischen Frachters Marion ein »SOS« der München . Um 4.30 Uhr übernimmt die britische Küstenwache in Land’s End die Rettungsleitung. Die größte Suchaktion der Geschichte beginnt; an ihr beteiligt sind 13 Schiffe und 110 Flugzeuge, darunter Fernaufklärer vom deutschen Marinefliegergeschwader »Graf Spee« und mehrere deutsche Transall-Maschinen. Die Crews finden drei Leichter, leere Rettungsinseln, ein leeres Rettungsboot und eine Rettungsbarke.
    Am 20. Dezember 1978 wird die internationale Suche ausgesetzt. Nur die Deutschen suchen, unterstützt von Briten und Amerikanern, mit neun Flugzeugen und mehreren Schiffen zwei Tage weiter. Die persönliche Anweisung dazu stammt von einem, der weiß, was ein Sturm ist: Bundeskanzler Helmut Schmidt.
    Die München taucht nie wieder
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