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Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
Autoren: Jost Kaiser
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Patienten im Krankenhaus möglichst ihre normalen Lebensbedingungen behalten können. Wenn um sieben Uhr geweckt wird, ist das früh genug.«
    Schmidt jedenfalls wird nach seinem Ausbruch künftig um sieben aus dem Schlaf geholt. Und in den nächsten Jahren kommen in deutschen Krankenhäusern auch weniger prominente Schmidts in den Genuss späteren Aufstehens. Heute wird in den meisten Krankenhäusern zwischen sechs und sieben Uhr geweckt.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … bei der Bundeswehr
Hitparaden einführte
    1986 träumt Rio Reiser in einem Lied davon, was er täte, wenn er »König von Deutschland wär’«: »Bei der Bundeswehr gäb’ es nur noch Hitparaden.«
    Wohl schon länger und sehr viel früher träumt ein streng gescheitelter Hamburger Hobby-Organist davon, was er täte, wenn er Verteidigungsminister von Deutschland wär’: ungefähr dasselbe wie Rio Reiser später.
    1969 muss er nicht mehr träumen, denn Helmut Schmidt wird erster sozialdemokratischer Verteidigungsminister seit Gustav Noske. Und der Verehrer von Bach und Gershwin hat den martialischen Sound der Landser-Musikanten über – Schmidt will am liebsten bei der Bundeswehr überhaupt keine Marschmusik mehr hören : »Die deutsche Militärmusik sollte mit einem besonderen Rhythmus angereichert werden.« Und: »Die Musikkorps der Bundeswehr sollten mehr Musik von Gershwin an aufwärts spielen. Ruhig auch Beat und Jazz, warum nicht?« Konsequenz: Die Truppe braucht eine Showband, geleitet von einer Art James Last in Olivgrün.
    Gekommen ist Schmidt auf die Idee mit der Jazz-Truppe im Hamburger Operettenhaus. Im Mai 1970 hatte der Verteidigungsminister dort eine Aufführung des von Soldaten des Panzerartillerie-Bataillons 335 produzierten Musicals Outside gesehen. Er war begeistert. »Ich finde es gut, dass die Soldaten, wenn sie Lust und Zeit haben, Theater spielen; es lockert sie auf.«
    Der neue Minister schreitet, was die Ablösung der Militär- durch die Hitparaden angeht, zur Tat. 1971 ist es so weit: Die »Big Band der Bundeswehr« wird gegründet. Als Bandleader hat sich Schmidt Günter Noris ausgesucht – ein Vollprofi und neben Paul Kuhn, Max Greger, Bert Kaempfert und James Last einer der großen Bandleader in Deutschland, der 1966 Hildegard Knef auf ihrer ersten Deutschland-Tournee begleitete.
    1972 hat die Big Band ihren ersten offiziellen Auftritt: bei der Eröffnung des Münchner Olympiastadions anlässlich des Fußballspiels Deutschland-Sowjetunion. »Happy Zapfenstreich« heißt einer der Songs, aber auch Titel wie »Hoch auf dem gelben Wagen« werden von Günter Noris in James-Last-Manier dirigiert.
    Dass eine deutsche Armee jetzt das spielt, was unter den Nazis noch »Negermusik« hieß – allein diese Tatsache ist ein ungeheurer Kulturbruch. In Japan schafft es eine Bundeswehrplatte sogar in die Hitparade.
    Durch einen Mann im taubenblauen Pop-Anzug und einen Gershwin-Fan aus Hamburg erfährt die Welt endgültig, dass Deutschland swingen kann. Und der Bundeswehr geht der Swing am Marsch vorbei.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … für 120 Sekunden
Erich Honecker bekehrte
    Am 11. Dezember 1981 fährt Helmut Schmidt in die DDR, um Erich Honecker einen Besuch abzustatten.
    Als der Bundeskanzler, angetan mit Helgoländer Lotsenmütze, in Berlin-Schönefeld die Gangway herunterkommt, ruft der Fernsehreporter in sein Mikrofon: »Bilder, die um die Welt gehen«, und dokumentiert so unfreiwillig den notorischen Minderwertigkeitskomplex, den die DDR mit diesem Besuch eigentlich bekämpfen will.
    Erich mit Helmut in »Berlin – Hauptstadt der DDR« – das ist »Weltniveau«, wie man in der »Zone« zu sagen pflegt. Und Honecker scheint sich nur dann als echter Staatsmann zu fühlen, wenn er auf heimischem Boden mal Helmut Schmidt die Hand geben darf.
    Das Treffen Schmidts mit dem DDR-Vorsteher ist von zwei Dingen geprägt. Erstens von schlechter Stimmung angesichts des gerade über Polen verhängten Kriegsrechts, das Honecker naturgemäß in Ordnung findet, während Schmidt darin eine Gefahr für die sozialdemokratische Hauptbeschäftigung, die »Entspannungspolitik«, sieht. Zweitens von einem Trauma der DDR: 1970 wurde Willy Brandt in Erfurt mit »Willy, Willy, Willy Brandt«-Rufen gefeiert. Das darf nie wieder passieren.
    Entsprechend irrsinnig sind die Vorkehrungen, um ähnliche Sympathiebekundungen diesmal zu verhindern. In Güstrow, wo Schmidt auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin die Barlach-Gedenkstätte und
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