Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)

Titel: Typisch Helmut Schmidt: Neue kleine Geschichten über einen großen Mann (German Edition)
Autoren: Jost Kaiser
Vom Netzwerk:
juristischer Winkelzüge der Pfennigfuchser vom Rechnungshof bleibt der Kanzler in der Sache hart.
    Schmidt, in den Sphären der Weltpolitik zu Hause, schweigt zu der Korinthenkackerei. Und beweist mit dem Autoverleih, dass er ein echter Sozialdemokrat ist: Auch die Arbeiterklasse hat ein Recht auf die Mercedes-S-Klasse, so sieht es der Kanzler. Aber nur – auch hier ist Schmidt ganz Sozialdemokrat –, wenn sie ordentlich malocht.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … ein Geschenk bekam – und es behielt
    Besuche des Kanzlers – das sind auch irgendwie Kindergeburtstage. Wenn der Regierungschef kommt, dann werden Geschenke überreicht, denn das gehört sich so im Staatsgeschäft.
    Was für den beschenkten Durchschnittsmann Socken und Krawatten, das sind für den Bundeskanzler Schmidt Schnupftabakdosen: mit simuliertem Lächeln entgegengenommene Geschenke, direkt aus der Ödnis der Einfallslosigkeit.
    Schmidt schnieft nämlich aus keiner schmucken Dose, er holt sich seine Prise direkt aus dem Plastikbehältnis, wie es im Supermarkt erhältlich ist. Trotzdem wird er unermüdlich mit Tabakdosen bedacht. Schnell lagern Dutzende bei Schmidt.
    1978 zum Beispiel wird Schmidt zur britischen Schnupftabakmeisterschaft eingeladen – er sagt aber ab. Als Souvenir der Veranstaltung bekommt er von Veranstalter Gary Cox eine Schnupftabakdose zugeschickt. Beim Schmidt-Geburtstag 1982 hat sich Fernsehproduzent Guyla Trebitsch etwas ganz Feines als Geschenk ausgedacht: eine Schnupftabakdose.
    Das hindert den Oberpfälzer Bergmann Hans Friedl nicht, dem Kanzler bei einem Besuch der Maxhütte – was? – eine aus Rehhorn geschnitzte Schnupftabakdose zu überreichen. Schmidt schnupft allerdings weiter aus der Plastikdose. Immerhin: Er nimmt die Dose mit.
    Das ergeht anderen Geschenken nicht so: Die 15 000-Mark-Kerzenständer aus Silber, die der Kanzler einst von Friedrich Karl Flick zum Geburtstag geschenkt bekam, lässt er beim Auszug aus dem Kanzleramt einfach stehen. Begründung: Das seien »Armleuchter«.
    Und manche Geschenke überfordern selbst Krisenmanager Schmidt: Als ihm 1979 in China von Staatschef Hua Guofeng zwei Pandabären geschenkt werden, muss der Berliner Zoo die Unterbringung übernehmen: Wo hätte Schmidt auch das eigens errichtete Haus hinstellen sollen, das die Pandas Bao Bao und Tjen Tjen im Berliner Zoo schließlich bekommen, wie die Baukosten von 750 000 Mark und die Beschaffung von zwölf Kilo Bambus, Soja, Reisknödel und Hühnersuppe stemmen sollen, die beide Tiere jeweils täglich vertilgen?
    Doch manche Geschenke sind zum Glück auch völlig unproblematisch – sie geschehen aus Liebe. Und Inspiration.
    Im Januar 1981 stellt der türkische Tischlermeister Mirza Aytekin dem Kanzler, der auf dem Tiefpunkt seiner Popularität angekommen ist, einen massiven Couchtisch vor die Tür: aus Begeisterung für Schmidt.
    Der Tisch hat eine Platte, die mit einer 65 000-teiligen Einlegearbeit versehen ist. Dabei kommen Nussbaum, Ahorn, Palisander und Mahagoni zum Einsatz. Mit anderen Worten: Das Ding ist robust.
    Ob es die Freude darüber ist, dass er mal keine Schnupftabakdose bekommt, oder echte Begeisterung – Schmidt sagt jedenfalls nur zwei Worte: »einfach fantastisch«.

 
    Als Helmut Schmidt einmal …
    … kein Steuerproblem hatte
    Schmidt liebt den großen Auftritt nicht – sagt er. Und wenn doch – mit seinem Freund, dem amerikanischen Präsidenten Gerald Ford, könnte der Vorsteher der Wirtschaftsmacht Bundesrepublik eh nicht mithalten: Wenn der erste Mann der freien Welt vorfährt, dauert es zehn Minuten, bis der aus Dutzenden von SecretService-Fahrzeugen, Notarztwagen und zwei identischen Präsidentenlimousinen bestehende Konvoi am kleinen Mann auf der Straße vorbei ist.
    Bei Schmidt geht es bescheidener zu: Der Kanzler rückt mit drei Limousinen an – vorn und hinten jeweils ein Daimler, besetzt mit Beamten der Sicherungsgruppe Bonn, mittendrin der Kanzler im silbergrauen 350 SE. Schmidt sitzt hinten links: Er hält das so, weil er auf dem rechten Ohr besser hört. So kann er sich unterhalten, falls mal einer mitfährt.
    Schmidt sitzt aber nicht immer hinten links; manchmal sitzt er auch ganz woanders. Dann ist Kanzlerfahrer Willi Jülich mal wieder arbeitslos. Wie im Herbst 1976. Schmidt muss sein Amt gegen Helmut Kohl verteidigen. Es geht auch um Steuern – die Union unterstellt dem Kanzler, er wolle diese auf Druck der Radikalinskis in den eigenen Reihen und aus lauter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher