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Turrinis Bauch - Kriminalroman

Turrinis Bauch - Kriminalroman

Titel: Turrinis Bauch - Kriminalroman
Autoren: Franz Friedrich Altmann
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Berge – vom Ötscher bis zum Traunstein – eingezeichnet sind, kann die Diana ja auch nicht schauen. Weil sie auf diese Platte gefesselt ist, dass sie sich nicht mehr rühren kann. Mit so grausliche braune Klebebandl, wie man sie zum Kartonzupicken nimmt.
    Kann ja nicht einmal was sagen, die Diana. Weil ihr die Frau mit so einem Bandl den Mund verpickt hat. Die Frau, die neben ihr steht. Die sie nicht sehen kann. Nur hören: wie sie schnauft. Die Frau, die noch kein Wort gesagt hat. Seit sie ihr mitten im schönsten Essehmessn einen Faustschlag versetzt hat. Wie im Film: Bud Spencer und Terence Hill!
    Die Frau, die sie in ein Auto geschleppt hat. Hände und Füße gefesselt. Klebeband. Die Frau, die ihr dann die Fußfesseln durchtrennt hat. Mit einem riesigen Messer. Die sie dann einen steilen Waldweg hinaufgezerrt hat. Mit eisernem Griff. Weil sie mehr gestolpert ist als gegangen.
    Und jetzt steht diese Frau neben ihr. Und schnauft. Eine dicke Frau. Das Alter kann die Diana nicht schätzen. Für sie sind alle über achtzehn alte Leute. Neben ihr steht also eine alte böse Frau. Ist gleich: eine Hexe!
    Schaut aber auf den ersten Blick aus wie eine ganz eine normale Freizeitsportlerin. Verschwitzt, übergewichtig, Turnschuhe, Leggins. Wenn man von dem großen Küchenmesser einmal absieht, das sie in der Hand hat.
    „Gottseidank hat sie heute wenigstens ihre mörderischen Nordic-Walking-Stecken nicht mit!“, denkt sich die Gucki. Wie sie endlich oben ist, am Winklerberg. „Mit so einem Küchenmesser werd ich schon fertig!“, sagt sie natürlich nicht. Denkt sie sich auch nur. Weil erstens wär dann die Mörderin gewarnt, und zweitens kann die Gucki vor lauter Schnaufen sowieso nicht reden.
    Schaut dafür umso mehr. Weil schon gespenstische Szenerie. Aber nicht Finsternis oder Nebel wie in einem normalen Horrorfilm, sondern das genaue Gegenteil: ein strahlender Sommernachmittag, die sanftgrünen Hügel des Mühlviertels, mittendrin ein putziges Dorf, am Horizont die majestätische Alpenkette in milchigem Blau.
    Trotzdem gespenstisch. Ja, grad durch die unwirkliche Schönheit der Landschaft im Hintergrund kriegt die Szene im Vordergrund erst richtig was Bedrohliches. Direkt wie in der guten alten Zeit: das Menschenopfer und die Hohepriesterin mit dem Opfermesser. Am Rand von einem steil abfallenden Felsen. Nur das Bankerl, gestiftet von der Raiffeisenbank St. Anton , passt nicht ganz dazu.
    Fällt der Gucki natürlich sofort die Geschichte von den Schalensteinen ein. Gibt es ja etliche in unserer Gegend. Die meisten aber in St. Anton. Das sind so Granitbrocken auf einem Berggipfel. Oben mit einer kleinen Vertiefung. Einer Schale, wenn man so will.
    Wird halt der Regen ausgewaschen haben. Könnte man meinen. Darf man aber nicht laut sagen. Da täten die Heimatforscher schön bös werden. Weil sie sich einbilden, dass diese Vertiefungen Opferschalen sind. In grauer Vorzeit mühselig aus dem Granit herausgemeißelt. Damit man das Blut der Jungfrauen, die man damals gern geopfert hat, auffangen kann.
    Wie dem auch sei – auf jeden Fall muss die Gucki jetzt unweigerlich an diese Menschenopfer-Geschichten denken. Da die Diana, auf diese Tafel vom Verschönerungsverein gefesselt – eine Jungfrau wird sie ja mit dreizehn doch noch sein –, und daneben die Hartl Mathilde mit dem rituellen Opfermesser in der hocherhobenen Hand. Bereit zum Zustechen.
    Jetzt aber interessant. Bei der Opferschalen-Theorie sind sich sämtliche Heimatforscher einig. Bei der Frage, wer da geopfert hat, aber überhaupt nicht. Weil man ja nimmer so genau sagen kann, wer früher im Mühlviertel gewohnt hat. Waren es jetzt noch die Kelten – oder doch schon irgendwelche Slawen?
    Aus der Zeit weiß man nämlich so gut wie gar nix über das Mühlviertel. Damit mein ich jetzt: bis vor tausend Jahren. Da sind dann nachweislich die Franken gekommen. Und dann die Baiern. Praktisch lauter Wirtschaftsflüchtlinge. Wird die angestammte Bevölkerung auch keine Freude gehabt haben mit denen. Wenn es damals schon Parteien gegeben hätt, da hätt die FPM (Freiheitliche Partei Mühlviertel) locker die absolute Mehrheit gekriegt.
    „Das ist doch ein Witz!“, wird der eine oder der andere jetzt sagen. „Da stehen sich die Gucki und die Mörderin Aug in Aug gegenüber, da geht es um alles oder nichts – und der erzählt uns da was über die Mühlviertler Fremdenfeindlichkeit? Noch dazu Geschichten, die sich vor tausend Jahren abgespielt haben?“
    „Ja,
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