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Türkisgrüner Winter (German Edition)

Türkisgrüner Winter (German Edition)

Titel: Türkisgrüner Winter (German Edition)
Autoren: Carina Bartsch
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gefühlt. Mir war klar, dass ich mit der Wahrheit alles zerstören und dich für immer verlieren würde.
    Meine Gefühle spielten verrückt. Ich stolperte von einem Hoch direkt ins nächste Tief. Es wurde immer schwerer, dir mit dem Luca-Geheimnis unter die Augen zu treten. Wahrscheinlich glaubst du mir das nicht, aber es war die Hölle für mich. Ich schämte mich für das, was ich tat, und fühlte mich wie das letzte Arschloch.« Mit jedem Wort, mit jedem weiteren Satz konnte ich spüren, wie viel das Gespräch Elyas abverlangte. Doch er redete weiter.
    »Als wir Campen waren«, sagte er leise. »Ich genoss es so sehr, dich den ganzen Tag um mich zu haben. Allein zu wissen, du würdest nicht schon in den nächsten fünf Minuten wieder verschwinden, machte mich glücklich. Ich habe jede einzelne Sekunde mit dir geliebt.« Etwas Verträumtes schwang in seiner Stimme mit, das sich schlagartig in Luft auflöste, nachdem er sich geräuspert hatte. »Gut – die Sekunden am Steg, wo du mich verarscht hast, nicht mit einberechnet. Da habe ich dich gehasst.«
    Mein Mund formte ein O. Ich hatte damals schon eingesehen, dass ich zu weit gegangen war, aber jetzt wurde mir noch einmal deutlich, wie sehr.
    »Guck mich bloß nicht so entschuldigend an«, sagte Elyas. »Es war bösartig, fies, gemein und herzlos von dir. Aber wenn ich ehrlich bin, dann hatte ich nichts anderes verdient.«
    Ich wollte widersprechen, weil ich zu dem Zeitpunkt nichts von Luca gewusst hatte, doch Elyas fuhr fort.
    »Die gemeinsame Nacht mit dir war das Schönste an dem ganzen Ausflug. Und natürlich die Heimfahrt nicht zu vergessen. Ich weiß noch, wie viele Hoffnungen ich mir nach dem Campen gemacht habe. Zum ersten Mal hatte ich den Eindruck, dass dir unsere Zweisamkeit genauso gefallen hatte wie mir. Den Eindruck hatte ich zumindest solange, bis mich eine Mail erreichte, in der du den Ausflug als ›Katastrophe‹ bezeichnet hast.« Elyas‘ Gesichtsmuskeln spannten sich an. »Das war eine harte Landung auf dem Boden der Tatsachen. Es fühlte sich grausam an, dass wir ein und dasselbe Erlebnis so unterschiedlich empfunden haben. Ich konnte das nicht begreifen. Der Ausflug zählte zu den besten Erfahrungen, die ich je in meinem Leben machen durfte. Und für dich im Gegenzug war er nichts weiter als eine misslungene Fahrt ins Grüne.
    Das war der Punkt, an dem ich nicht mehr konnte. Das schlechte Gewissen und die unerwiderten Gefühle haben mich aufgefressen. Ich erkannte mich selbst nicht wieder und stand neben mir. Mir wurde klar, dass ich einen Cut machen musste, wenn ich mich vor noch Schlimmerem bewahren wollte.
    Jeden Tag habe ich gebetet, du würdest dich bei mir melden. Einfach nur eine SMS oder sonst etwas. Aber es kam nichts. Und ich realisierte, dass ich mich vollkommen verrannt hatte. Ich brauchte Abstand, um irgendeinen Weg zu finden, damit klarzukommen. So wie bisher konnte es nicht mehr weitergehen. Frag mich nicht wie, aber in dieser Woche habe ich es tatsächlich geschafft, endgültig mit den Mails aufzuhören.«
    Damals hatte ich ja nicht die geringste Vorstellung, wer die Bezeichnung ›Katastrophe‹ wirklich zu lesen bekam und was sie dort anrichtete. »Für mich war der Ausflug auch schön, Elyas – und genau das war die Katastrophe daran. Verstehst du?«, fragte ich.
    »Erkläre es mir.«
    Ich sah auf meine Knie. »Ich habe mich immer auf die Gründe konzentriert, die gegen dich sprechen. Die wurden aber im Laufe der Zeit weniger, wir kamen uns näher, und das machte mir Angst. Nach dem Campen, da … da wurde mir bewusst, dass es keinen Notausgang mehr gibt. Und genau das fühlte sich an diesem Abend wie eine Katastrophe an.«
    »In etwa so dachte ich mir das schon«, erwiderte Elyas. »Zumindest im Nachhinein.«
    »Hätte ich gewusst, dass du diese Zeilen zu lesen bekommst, ich hätte sie nie geschrieben.«
    »Ich weiß, kein Grund, dich zu entschuldigen.«
    Wir schwiegen für einen Moment und als Elyas fragte, ob er weitererzählen sollte, sagte ich: »Bitte.«
    »Kurz darauf kam der Halloweenabend .Ich hatte keine Ahnung, was in dich gefahren war, als du mir die ganze Zeit nachgelaufen bist. Erst dachte ich, es wären dumme Zufälle gewesen. Aber nach dem fünften Mal kam ich von diesem Gedanken ab.«
    Hitze stieg mir ins Gesicht, als sich wieder die Erinnerungen an diesen peinlichen Abend vor meinem geistigen Auge abspielten. Mir fiel es schwer, mich darauf zu konzentrieren, hallten mir doch immer noch Elyas‘ Worte von
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