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TS 68: Die Stadt im Meer

TS 68: Die Stadt im Meer

Titel: TS 68: Die Stadt im Meer
Autoren: Wilson Tucker
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„Ich spreche mit meinem Geist. Ich freue mich, mit Ihnen sprechen zu können.“
    „Aber wie machen Sie das?“ fragte Barra laut.
    „Es ist angeboren. Hat mein Sohn es Ihnen nicht erklärt?“
    „Er hat mir einmal gesagt, daß ich niemals seine Gedanken kennen werde. Daß ich … daß es ein einseitiger Vorgang ist.“
    „Das ist richtig. Er kann Ihre Gedanken erkennen, aber Sie können seine niemals erkennen. Aber Sie können meine erkennen, wenn ich es will.“
    „Hmmm. Sie besitzen also eine Fähigkeit, die er nicht hat?“
    „Das ist ebenfalls richtig. Wir beide brauchen nicht laut zu sprechen; ich lese Ihre Gedanken und lasse Sie meine lesen. Unglücklicherweise kann mein Sohn das nicht, und das ist nur einer seiner Mängel. Sie können zu ihm mit Ihren Gedanken sprechen, aber er muß laut antworten.“
    „Warum?“ fragte Barra aus Gedankenlosigkeit laut.
    „Er ist …“ Sie suchte im Geist der Ärztin nach dem richtigen Ausdruck. „Er ist das, was Sie mit Idiot bezeichnen würden.“
    „Was?“ Barra fuhr zurück und starrte den Mann an. „Das kann ich nicht glauben! Mein Gott, er ist uns allen doch weit überlegen. Unsinn!“
    „Ich muß Ihnen widersprechen, denn was ich sagte, ist wahr. Vergessen Sie nicht, daß wir einer anderen Rasse angehören. Sie mögen ihn als physisch und vielleicht auch geistig überlegen betrachten, er bleibt doch ein Idiot.“ Diese unausgesprochenen Worte formten sich im Bewußtsein der Ärztin. „Was Sie als perfekt betrachten, muß nicht unbedingt auch für uns perfekt sein. Mein Sohn ist weder perfekt noch mittelmäßig. Er besitzt einen schwachen Geist und noch andere Mängel. Daher ist er ein Ausgestoßener.“
    „Ich kann es kaum glauben“, beharrte Barra hartnäckig. „Wolf ein Ausgestoßener?“
    „Er darf die Stadt nicht betreten. Er kann weder lesen noch schreiben, um das Wissen weiterzugeben, und die, die nach ihm kommen, zu lehren. Er kann Gedanken weder empfangen noch weitergeben. Man fürchtet, daß er sich mit einer Frau aus der Stadt verbinden und Kinder hervorbringen könnte, die ebenfalls diese Mängel haben. Er versteht und akzeptiert es.“
    „Darum wandert er also“, antwortete Barra. Sie blieb stehen.
    „Aber ich verstehe nicht, was Sie mit diesem Lesen und dem Wissen meinen. Was …“
    Und die Frau begann zu erklären:
    Der Anfang lag schon im Nebel der Vergangenheit.
    Aber am Anfang stand eine zahlreiche Bevölkerung, die überall zwischen den Meeren lebte, auf den Ebenen, in den Bergen, an der Küste. Es war eine Nation vieler Völker, vieler Dinge, vieler Ideen. Genaueres wußte man nicht mehr. Nur Fragmente waren übriggeblieben. Diese Fragmente waren im Besitz der Stadt.
    Die Fragmente wurden in einem unterirdischen Raum verwahrt. Man nahm an, daß sie von überallher zusammengetragen worden waren, als die Nation unterging, durch Feuer und Tod unterging. Einige ältere Personen und Kinder, die lesen, schreiben und die Fragmente interpretieren konnten, blieben während der Zerstörung mit den Papieren in dem unterirdischen Raum. Das war der Anfang der Stadt.
    Das lag Tausende von Jahren zurück. Die Kinder und Alten überlebten den Untergang der Nation. Die Kinder kamen hervor und begannen ein neues Leben, hüteten die Fragmente. Und als diese mit der Zeit zu Staub zerfielen, wurden sie kopiert, und die Kopien wurden wieder kopiert, als auch sie zerfielen. Die Kinder der Kinder entdeckten eine bessere Methode, die Worte zu bewahren, und als die Reihe an ihnen war, prägten sie sie sich ins Gedächtnis ein. Die Originalfragmente und ihre Kopien vergingen, die Erinnerung aber blieb bestehen. Von Generation zu Generation wurde sie von den Eltern an die Kinder weitergegeben.
    „Bis auf Wolf“, kommentierte Barra, „der die Gabe nicht besitzt.“
    Bis auf ihren Sohn, der ein Idiot war. Sie hatte viele Kinder, aber nur dies eine war ein geistiger Krüppel; seine Brüder und Schwestern lebten in der Stadt und lernten Millionen und aber Millionen von Wörtern der Texte auswendig, um sie ihren Kindern weiterzugeben.
    „Aber warum?“ fragte Barra laut. „Aus welchem Grund?“
    Weil in absehbarer Zeit die Menschen wieder nach Wissen verlangen würden, um die Vergangenheit kennenzulernen und die unbekannten Dinge um sie herum verstehen zu lernen. Irgendeine Rasse, die jetzt zwischen den Bergen und dem fernen Meer heranwuchs, würde Wissen suchen, und sie würden es für sie bereithalten.
    „Wie zum Beispiel die Geflügelten?“ wollte
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