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TS 65: Die Zeit-Agenten

TS 65: Die Zeit-Agenten

Titel: TS 65: Die Zeit-Agenten
Autoren: Sam Merwin jr.
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dankbar, durch die ein Heißluftofen im Keller gleichmäßig Hitze verteilte – ein viel besseres System, als sie beinahe zweitausend Jahre später in englischen Landhäusern vorgefunden hatte.
    Sie empfand es immer noch als irgendwie unbequem, unter den traurigen schwarzen Augen des nubischen Eunuchen zu baden, der ihr das Wasser in die Wanne goß, und sich anschließend von Lamia waschen und frottieren zu lassen. Doch so war es in Rom Sitte, und jede Abweichung von dieser Sitte brachte sie in Gefahr, ihre fremde Herkunft zu verraten.
    Da der Anlaß ein besonderer war, hatte sie sich von Lamia ein weißes Leinenkleid mit reicher Goldbestickung vorbereiten lassen. Zeit zum Anprobieren hatte sie nicht gehabt, und einen Augenblick ärgerte sie sich, daß der gerade herrschenden Mode nach das Kleid mehr enthüllte als verbarg. Trotzdem gestand sie sich ein, daß sie eine gute Figur darin machte.
    Sie hielt den Spiegel etwas zur Seite, um ihr Haar zu betrachten und seufzte. Elspeth war aschblond und hatte so feines Haar, daß es praktisch unmöglich war, es zu legen. Sie beklagte sich darüber bei Lamia, die erwiderte: „Ich würde hundert Sesterzen darum geben, solches Haar wie das deine zu haben – so seidig und so weich. Aber ich kann dir helfen. Wenn die Herrin sich setzen möchte …“
    Sie ging sofort an die Arbeit und tat mit Hilfe einer Anzahl von Kämmen und einer undefinierbaren Paste wahre Wunder – wenn Elspeth auch lieber nicht fragte, woraus diese Paste bestand. Die meisten römischen Schönheitsmittel waren in ihrer Zusammensetzung schrecklich vulgär …
    Nach einiger Zeit meldete ein Haussklave, daß die Sänfte angekommen war, die sie zu Berenices Palast bringen sollte. Lamia arbeitete schnell, weigerte sich jedoch entschieden, ihre Herrin gehen zu lassen, ehe sie mit ihrer Arbeit zufrieden war. Schließlich steckte sie den letzten Elfenbeinkamm fest und sagte: „So! Wenn du nicht aufpaßt, Herrin, kann es leicht sein, daß Prinz Titus selbst ein Auge auf dich wirft.“
    „Damit mir einer von Berenices Favoriten die Kehle durchschneidet“, meinte Elspeth. Sie betrachtete sich noch einmal im Spiegel. „Du hast viel mehr aus mir gemacht, als ich wirklich bin“, lobte sie Lamia.
    „Oh, Herrin!“ widersprach die Sklavin, „wenn du die Frauen gekannt hättest, denen ich in dieser Villa schon gedient habe, würdest du das nicht sagen.“
    Elspeth kletterte in die schwere Sänfte, die auf der schmalen Straße auf sie wartete und überlegte, ob sie der Zofe gegenüber immer den richtigen Ton anschlug. So etwas konnte leicht gefährlich sein. Mack Fraser würde es jedenfalls mißbilligen.
    Was mochte Mack wohl im Augenblick tun?
    Als die Sänfte über das holprige Pflaster schwankte, dachte sie wieder über sich und die Stadt um sie nach. Für einen Menschen aus einer neunzehnhundert Jahre weiter fortgeschrittenen Welt mußten die Römer natürlich schockierend wirken. Ihr völliger Mangel an Gewissen, ihre offene Unmoral, ihre Käuflichkeit, ihre Liebe zur Gewalt – all das wirkte auf einen Menschen aus einer christlichen Kultur natürlich erschütternd.
    Und doch steckte in ihnen eine Mentalität, wie sie Menschen, die von Beginn ihres Lebens an mit einem Schuldkomplex lebten, nie entwickeln konnten. Und die daraus entstehende Freiheit von Geist und Intellekt hatten Dichter wie Horaz und Sallust hervorgebracht und hatten wissenschaftliche Spekulationen wie die des Plinius überhaupt erst ermöglicht.
    Sie dachte nach, was wohl geschehen mochte, wenn die Bewohner eines ausgepowerten Planeten ihnen ihre Bodenschätze raubten und damit in absehbarer Zeit auch ihren Lebenswillen. Der Gedanke war nicht schön, denn in Antik hatte sie eine Welt vor sich, deren Möglichkeiten beinahe unbegrenzt schienen. Keine andere Erde war von den Wächtern in einem so frühen Entwicklungsstadium entdeckt worden. Unter der geschickten unsichtbaren Leitung von Mr. Horelle und seinen Nachfolgern und Kollegen könnte es möglich sein, ihr die schlimmsten Katastrophen von menschlicher Hand zu ersparen, wie Dschingis Khan, die Kreuzzüge und später Karl XII., Napoleon, Hitler und Stalin, die auf so vielen anderen Welten so großes Unheil angerichtet hatten.
    Als die Sänfte sich ihrem Bestimmungsort näherte, ließ Elspeth von ihren Betrachtungen ab und bestaunte die Prätorianergarde mit ihren Fackeln – Männer, die für römische Begriffe hochgewachsen waren und durch ihre mächtigen Helme noch größer erschienen.
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