Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 34: Sie starben auf Ragnarok

TS 34: Sie starben auf Ragnarok

Titel: TS 34: Sie starben auf Ragnarok
Autoren: Tom Godwin
Vom Netzwerk:
Ziel. Das Kampfgebrüll der Einhörner erstarb, sie stürzten zu Boden. Der Tigerwolf, zu Tode erschöpft, taumelte und sank ins Gras.
    Als Schroeder den Tigerwolf erreichte, lag dieser in seinen letzten Zügen. In der Art und Weise, wie das Tier ihn anblickte, schien es Schroeder, als wollte das Tier ihm etwas mitteilen, ihn um etwas bitten. Mit diesem seltsamen Blick in den Augen starb es. Dann erst bemerkte Schroeder die Narbe an der Schulter des Tigerwolfes; eine Narbe, die dem Tier vor langer Zeit durch den Stoß eines Einhornes zugefügt worden sein mußte.
    Es war der Tigerwolf, mit dem er vor neunzehn Jahren Bekanntschaft gemacht hatte!
    Der Boden, von den Einhörnern vollständig zertrampelt, sagte aus, daß die Tigerwölfe von ihren Feinden den ganzen Tag belagert worden waren. Schroeder ging zu dem anderen Tigerwolf und stellte fest, daß es ein Weibchen war, das erst vor kurzem Junge gehabt haben mußte. Die Hinterläufe des toten Tieres waren gebrochen und noch nicht verheilt.
    Das schien der Grund, weshalb das Pärchen so weit hinter den anderen fortziehenden Tigerwölfen zurückgeblieben war. Tigerwölfe waren monogam und halfen dem Weibchen, für die Jungen zu sorgen. Das Weibchen war irgendwo im Süden verletzt worden, vielleicht bei einem Kampf mit Einhörnern, und sein Gefährte war bei ihm geblieben. Die Jungen waren geboren worden, und so hatten sie haltmachen müssen. Dann waren sie von den Einhörnern gefunden worden, und das Weibchen war zu schwach zum Kämpfen gewesen …
    Schroeder suchte nach den Jungen und erwartete, die Kleinen tot zu finden. Aber sie lebten, verborgen unter den Ästen eines kleinen Baumes, ganz nahe bei der Mutter.
    Tigerwolfjunge – und lebendig!
    Sie waren klein und blind und hilflos. Schroeder nahm sie behutsam auf. Sie bewegten sich kaum und waren zu schwach, um ihre Köpfe zu heben.
    Plötzlich wußte Schroeder den bittenden Blick des sterbenden Tigerwolfes zu deuten. Das Tier hatte ihm sagen wollen: Rette sie … wie du einst mich gerettet hast.
    „Ich werde mein Bestes tun“, sagte Schroeder laut.
    Als er nach Hause kam, legte er die kleinen Tigerwölfe auf sein Bett und machte Feuer. Die Milch war streng rationiert – die meisten Waldziegen würden erst nach zwei Wochen, wenn sie Junge hatten, wieder Milch geben, aber vielleicht konnte er die kleinen Tigerwölfe mit Suppe durchbringen. Er stellte Wasser auf das Feuer und kochte eine Fleischbrühe.
    Eines der Jungen war männlichen, das andere weiblichen Geschlechtes; und wenn er, Schroeder, die beiden Tiere retten konnte, so würden sie Freunde der Menschen sein. Er würde dem Weibchen den Namen Sigyn geben und das Männchen Fenrir nennen.
    Aber als die Mahlzeit bereitet und abgekühlt war, konnten die Tigerwolfjungen sie nicht fressen. Schroeder mischte Korn und getrocknete Kräuter darunter, versuchte dieses und jenes, aber alles, was er zubereitete, lehnten die Kleinen ab.
    Als der Tag graute, hatte er sein Möglichstes getan, doch ohne Erfolg. Müde saß er in seinem Stuhl und beobachtete die jungen Tiere. Sie schrien nicht mehr vor Hunger, und als er sie berührte, bewegten sie sich nicht mehr. Sie würden sterben, noch bevor der Tag zur Neige ging, und die einzige Chance, die Menschen jemals gehabt hatten, Tigerwölfe zu ihren Freunden und Verbündeten zu machen, wäre vertan.
    Der erste Sonnenstrahl lugte in das Zimmer. Da hörte Schroeder draußen Julias Stimme: „Vater?“
    „Komm herein, Julia“, rief er, ohne aufzustehen.
    Sie trat ein, mit ihrem kleinen Johnny auf einem Arm. In der anderen Hand hielt sie eine Flasche Milch. Johnny war hungrig – es gab nie ausreichend Milch für ihn – , aber er weinte nicht. Ragnarok-Kinder weinten nicht …
    Julia erblickte die kleinen Tigerwölfe, und ihre Augen weiteten sich.
    „Tigerwolfjunge, woher hast du sie?“
    Schroeder erzählte ihr sein Erlebnis. Julia ging zu den Tieren hin, schaute sie an und sagte: „Wenn du und ihr Vater an jenem Tage nicht einander geholfen hätten, wären sie nicht hier, weder du, noch ich, noch Johnny – keiner von uns in diesem Zimmer.“
    „Sie werden den Tag nicht überleben“, sagte Schroeder traurig. „Sie müßten Milch bekommen, und es gibt keine für sie.“
    Julia beugte sich über die Jungen und berührte sie. Da bewegten sie sich, stießen dünne, wimmernde Laute aus und versuchten ihre Köpfe zu heben, um an ihren Fingern zu saugen.
    Mitleid erfüllte sie.
    „Sie sind so jung“, sagte Julia. „Viel zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher