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TS 30: Die Söhne der Erde

TS 30: Die Söhne der Erde

Titel: TS 30: Die Söhne der Erde
Autoren: Poul Anderson
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gerade David sein, der uns mit seinem Leben freigekauft hat? Warum ausgerechnet er? Er wollte es nicht. Er hätte es nicht gewollt, hätte er es gewußt. Ich bin keine sentimentale Närrin, Maclaren-san. Ich weiß, daß er nur eines wollte; hierher zurückkehren zu mir. Und er starb. Es ist alles so sinnlos.“

 
17. Kapitel
     
    Der Nordatlantik kam von Westen hereingerollt. Der Wind peitschte die Wogen zu weißem Schaum. Tief im Süden verglühte das letzte Licht des Herbsttages, und Wolken ballten sich eisenfarben im Norden und brauten Regen und Schnee.
    „Dort!“ Tamara streckte den Arm aus und deutete nach unten. „Dort ist die Insel.“
    Maclaren drückte die Nase des Flugwagens in die angegebene Richtung. Das also war Davids Heimat. Die Insel sah grimmig aus in dem späten Halblicht, ein breiter Felsendrache mit steilem Kamm. Aber David hatte von Stechginster im Sommer gesprochen und Heide im Herbst und vielfarbigen Moosen.
    Das Mädchen griff nach Maclarens Arm. „Ich habe Angst“, flüsterte sie. „Ich wünschte, Sie hätten mich nicht mitgenommen.“
    „Es ist das einzige, was wir noch für David tun können“, versuchte er sie zu beruhigen. „Das Allerletzte, was wir je für ihn noch tun können.“
    „Nein.“ Er sah, wie sie den Kopf hob und zum Himmel schaute. „Nicht das letzte. Sein Kind und meines – wenigstens können wir auf diese Weise dem Leben einen Sinn geben.“
    „Ich bin mir nicht klar, ob wir das tun, oder bloß finden, was ‘schon immer vorhanden war“, entgegnete er. „Noch kümmert es mich. Für mich ist das Wichtigste die Erkenntnis, daß ein Sinn überhaupt existiert.“
    „Hier auf der Erde, ja“, sagte sie leise. „Eine Blume oder ein Baby. Andererseits mußten drei Männer fern der Sonne sterben. Zufällig profitiert die Rasse ein wenig von ihrem Tod, aber ich muß immer an die anderen denken, die ebenfalls dort draußen starben und noch sterben werden, oder zurückkommen – blind, verkrüppelt, zerbrochen wie verdorrte Zweige, ohne daß ihr Tod auch nur einem einzigen Menschen nützt. Warum? Ich frage und frage und finde keine Antwort, und schließlich denke ich, daß die Frage von vornherein sinnlos war, weil es keine Antwort gibt.“
    Maclaren landete den Wagen auf dem Strand. Auch er hatte noch keine Antwort, auf seine Fragen gefunden. Er war immer noch auf der gleichen Suche, wenn auch jetzt entlang eines anderen Weges. Er war nicht nur hierhergekommen, Davids Vater das wenige anzubieten, was in seinen Kräften stand: die Aussöhnung mit Tamara und eine Chance, dann und wann in den Jahren, die ihm noch blieben, Davids Kind zu sehen. Mackren hatte eine dunkle Vorahnung, daß er hier auf Skula vielleicht Erleuchtung finden könnte.
    Es war wahr, Männer gingen in den Raum so wie sie früher zur See gegangen waren, und der Raum zerbrach sie, und ihre Söhne folgten ihnen trotzdem. Gewinnsucht bot sich nur zum Teil als Erklärung an. Raumfahrer wurden nicht reicher wie früher der einfache Seemann. Abenteuerlust …? Das traf vielleicht auf einzelne Männer zu, aber im großen und ganzen waren die Eroberer der Weiten des Ozeans und der Weiten des Raums keine Romantiker, sondern nüchterne Alltagsmenschen, für die nicht Träume, sondern Realitäten etwas galten. Wenn man einen Mann fragte, was ihn veranlaßte, in den Raum zu gehen, dann würde er vielleicht antworten, daß er einem Befehl gehorche oder daß er dafür bezahlt würde, oder daß er seine Neugier reizte, oder sonst noch hunderterlei Motive anführen, die alle zutreffen mochten. Und doch, rührte ein einziger davon an die tieferen Gründe?
    Warum, so fragt sich Maclaren weiter, opferte die Menschheit ihre Jugend, ihr Blut, ihr Geld und ihre besten Hoffnungen der See und den Sternen? War das nur der Ausfluß blinder Kräfte – wirtschaftlicher und sozialer Druck, Mythen, Tradition, wie man es auch nennen wollte, eine Reihe von zufälligen Ursachen, die den Menschen veranlaßten, in der Ferne die Befriedigung von Bedürfnissen zu stachen, die leichter und besser hätten zu Hause befriedigt werden können?
    Wenn ich eine bessere Antwort wüßte, dachte Maclaren, könnte ich sie an Tamara weitergeben. Und an mich. Und dann könnten wir unsere Toten endgültig begraben.
    Er half ihr aus dem Wagen, und sie gingen den Weg entlang zu der alten Steinhütte. Licht fiel aus den Fenstern in die Dämmerung. Sie waren noch nicht ganz da, als die Tür sich öffnete, und die dunkle Gestalt eines hünenhaften
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