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TS 30: Die Söhne der Erde

TS 30: Die Söhne der Erde

Titel: TS 30: Die Söhne der Erde
Autoren: Poul Anderson
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Kurs noch nicht lange verlassen. Da es inzwischen immerhin gut dreißig Parsek entfernt ist, würden wir jedenfalls keinen Unterschied merken, auch wenn wir so weit sehen könnten.“
    „Aber wir können es nicht. Niemals. Das Licht würde hundert Jahre brauchen, und ich … wir alle, wir würden längst tot sein.“
    Ein Zittern überlief sie. Er redete ihr gut zu, versuchte, sie auf andere Gedanken zu bringen, eine angenehme Aufgabe, die, je weiter der Abend Fortschritt, immer angenehmer wurde. Sie befanden sich auf seiner Jacht, der seine ganze Liebe gehörte, seit er zum erstenmal ihr Steuer in die Hand genommen hatte. Die See war ruhig, und sie tranken Wein und aßen kleine belegte Brote, und später bat sie ihn sogar, zur Gitarre zu singen. Doch irgendwie war es nicht ganz die Episode, die er erwartet hatte. Immer wieder fiel ihm dies und jenes ein, was noch zu tun war, was er bisher übersehen hatte. Vielleicht wurde er wirklich alt – oder reifer. Vielleicht auch strahlte das Kreuz des Südens zu beunruhigend hell über ihnen.

 
2. Kapitel
     
    Auf den Hebriden regierte der Winter. Der Nordatlantik wälzte sich gegen das Land, warf sich gegen die Felsen und zerstäubte zu eisigem Schaum. Einen Horizont gab es nicht. Bleifarbene Wogen trafen auf bleiernen Himmel, und bleifarbenes, nebliges Licht verbarg die Trennungslinie.
    Die Insel war klein. Früher einmal hatte sie ein paar Fischer mit ihren Frauen beherbergt, aber das war schon lange her. Jetzt stand auf Skula nur noch ein einziges Haus, vor Jahrhunderten erbaut und seitdem kaum verändert. Unten am Landungssteg fand sich außerdem ein Bootshaus neueren Datums, das einem Segler, dem Familien-Unterseeboot und einem alten Flugwagen als Unterkunft diente.
    David Ryerson setzte mit seinem Fahrzeug vor dem Bootshaus auf und ließ es hin einrollen, nachdem das Tor sich automatisch geöffnet hatte. Dann half er seiner jungen Frau aus dem Gefährt und nahm sie schützend unter seinen Mantel, als sie in den Sturm hinaustraten. Salziger Schaum wehte durch die Luft, und die Schläge, die das Meer austeilte, ließen den Boden unter ihren Füßen erzittern. David faßte Tamara enger, und sie kämpften sich zur Hütte durch. Mit frostklammen Fingern betätigte er den uralten Bronzeklopfer.
    Magnus Ryerson öffnete ihnen und winkte sie herein. „Hatte euch noch nicht erwartet“, sagte er dabei.
    Der Wohnraum besaß einen Ziegelfußboden und weißgetünchte Wände. In seiner Mitte stand ein offener Kamin, in dem Torf mit kleiner blauer Flamme brannte. Die hauptsächlichen Zugeständnisse an das Jahrhundert waren eine Leuchtkugel und die atemberaubend real wirkende Photographie der Doppelsonne Sirius. Die Steuerhandbücher, die Steine, Felle und Götzenbilder, die Ryerson von seinen Reisen mitgebracht hatte, zählten nicht; schließlich hatte auch ein jeder Seekapitän früherer Zeiten seine Sammlung von Andenken und Mitbringseln besessen. An den Wänden standen Regale mit Büchern und Mikrospulen. Die Mehrzahl der Bücher war sehr alt, nur wenig wurde in diesen Tagen noch in englischer Sprache gedruckt.
    Magnus Ryerson stand vor ihnen, auf seinen Stock gestützt, dessen Holz nicht auf der Erde gewachsen war. Er war ein Riese an Gestalt. Aus einem lederhäutigen Gesicht sprang eine scharfrückige Nase, sein weißes Haupthaar fiel ihm bis auf die Schultern, der gleichfalls weiße Bart bedeckte die halbe Brust. Unter buschigen Brauen funkelten kleine Augen von der Farbe bläulichen Eises. Er trug die althergebrachte Kleidung seiner Heimat, einen gestrickten Pullover und Leinwandhosen. Es kam als ein Schock, wenn man nach einigen Minuten bemerkte, daß seine rechte Hand künstlich war.
    „So“, polterte er endlich in fließender Interlingua los, „das ist also die junge Frau. Tamara Suwito Ryerson, wie? Willkommen, Mädchen.“ Es lag nicht viel Wärme in seiner Stimme.
    Das junge Mädchen verbeugte sich. „Ich begrüße Sie in Demut, ehrwürdiger Vater.“ Sie war Australierin, eine typische Vertreterin der oberen Bürgerklasse jenes Landes, feingliedrig, mit bronzegetönter Haut, blauschwarzem Haar und mandelförmigen braunen Augen. Gekleidet war sie in ein unaufdringliches weißes Gewand und einen Kapuzenüberwurf. Außer dem Eheband mit dem Ryerson-Monogramm trug sie keinerlei Schmuck.
    Magnus blickte von ihr fort, zu seinem Sohn. „Tochter eines Professors, war es nicht so?“ murmelte er auf Englisch.
    „Professor der Symbolik.“ Davids Antwort war eine
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