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TS 30: Die Söhne der Erde

TS 30: Die Söhne der Erde

Titel: TS 30: Die Söhne der Erde
Autoren: Poul Anderson
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ihm keinerlei Reaktion zeigte, bohrte er weiter. „Schenken wir uns höfliche Ausflüchte. Sie wissen, und ich weiß, daß Sie einer der besten Piloten der ganzen Gilde sind. Jeder Pilot des Capella Systems ist gut – muß es sein! Aber Sie sind derjenige, der geholt wird, wenn es hart auf hart geht. Sie waren schon an gut einem Dutzend Forschungsflügen in unbekannte Systeme beteiligt. Reich sind Sie dadurch nicht geworden, aber immerhin zu einem der einflußreichsten Männer auf Sarai. Warum behandeln gerade Sie mich wie ein menschliches Wesen?“
    Nakamura überlegte sehr ernsthaft. „Nun“, meinte er schließlich, „meiner Ansicht nach sollte man Politik nicht so wichtig nehmen, um darüber den Menschen zu vergessen.“
    „Ich verstehe.“ Etwas verlegen wechselte Umfando das Thema.
    „Morgen fliegt eine unserer Maschinen nach Batu. Wenn Sie wollen, können Sie mitfahren. Sie können sich an der Station absetzen lassen.“
    „Vielen Dank. Aber ich habe bereits auf der regulären Fähre gebucht.“
    „Hmmm … haben Sie sich freiwillig für die Kreuz gemeldet?“
    „Nein. Ich bin natürlich, wie jedermann sonst, einige Wachen auf ihr gegangen. Ein gutes Schiff. Vielleicht ein bißchen unmodern jetzt, aber gut und solide gebaut. Die Gilde bot mir den Posten an, und da ich gerade keine anderweitigen Verpflichtungen hatte, akzeptierte ich.“
    Angebote der Gilde waren in Wirklichkeit Befehle, mit denen sie die unteren Dienstgrade ihrer Mitglieder bedachte. Umfando wußte das. Ein Mann von Nakamuras Ansehen hätte ablehnen können, aber vielleicht erlangte man ein solches Ansehen gerade deshalb, weil man nie ablehnte.
    „Rechnen Sie mit Schwierigkeiten?“ fragte er.
    „Das kann man nie sagen. Der größte Fehler des Menschen ist es, den Dingen vorgreifen zu wollen. Nur ein innerlich gelöster Mann, der alles und nichts erwartet, wind auf jedes Ereignis vorbereitet sein. Er braucht nicht erst umzudenken, bevor er reagieren kann.“
    „Ich verstehe. Vielleicht sollte Judo allen Piloten zur Pflicht gemacht werden.“
    „Nein, das möchte ich nicht sagen. Ich glaube nicht, daß jemand, der dazu gezwungen wird, jemals lernen kann, was einer Kunst gleichkommt.“
    An der nächsten Wegbiegung erblickte Nakamura sein Haus. Es stand am Stadtrand, halb verborgen hinter terrestrischem Bambus. Er seufzte. Ein schönes Haus, eine gute und treue Frau, vier Kinder, die ihrem Vater Freude machten, Gesundheit und Erfolg – was sonst konnte ein Mann vernünftigerweise noch verlangen? Er hatte die Erde als kleiner Junge verlassen. Gewiß bot ihm das heitere und noch nicht übervölkerte Sarai mehr, als der arme gequälte Ameisenhügel Erde selbst seinen Oberherren bieten konnte. Und doch erwachte er manchmal des Morgens, und in seinen Ohren hallten noch die Tempelglocken von Kyoto.
    Vor der Gartentür blieb er stehen. „Wollen Sie meinem Haus für eine Schale Tee die Ehre geben?“ wandte er sich fragend an Umfando.
    „Nein, vielen Dank“, löhnte Umfando fast schroff die Einladung ab. „Sie haben Familie … der Sie noch auf Wiedersehen sagen wollen. Wir sehen uns, wenn …“
    Ein feuriger Strich zog über den Himmel. Einen Augenblick lang verblaßte selbst L1-Kahn unter der grellen blauen Flamme. Irgendwo hinten in den Bergen schlug der Bolide ein. Eine Wand aus reiner vernichtender Energie türmte sich über den zerklüfteten Gipfeln. Dann wirbelten Rauch und Staub in den Himmel, und wenige Augenblicke später peitschte Donner durch das Tal.
    Umfando pfiff durch die Zähne. „Das war ein Brocken.“
    ,,Ah ja … sehr ungewöhnlich … ja, ja.“ Nakamura stammelte etwas. Irgendwie gelang ihm eine Verbeugung. Er mußte sich zwingen, den Pfad zu seinem Haus nicht im Laufschritt zurückzulegen, doch schon nach wenigen Schritten begann er zu zittern.
    Es war nur ein Meteorit, versuchte er sich zu beruhigen. Nur ein Meteorit. Der Raum um eine Riesensonne, ein so nahes Doppelgestirn wie Capella, und besonders um ihren größten Planeten, mußte wohl oder übel voll kosmischen Abfalls sein. Milliarden von Meteoren bombardierten täglich die Atmosphäre von Sarai. Hunderte davon gelangten bis zur Oberfläche. Aber Sarai war so groß wie die Erde. Sarai besaß Ozeane, Wüsten, unbewohnte Ebenen und Wälder … nein, eher konnte man durch einen Blitzschlag sterben, als durch einen Meteor … und … und …
    O du Juwel in der Lotusblüte. Ich habe Angst. Ich habe Angst vor der schwarzen Sonne.

 
4. Kapitel
     
    Es
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