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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede
Autoren: Markus Heitz
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ein kreischendes Geräusch, das durch die Ohren bis in den Verstand schoss. Der schrille Klang verursachte körperliche Qualen, lähmte jeden, der ihn anhören musste. Nicht nur das. Die Klinge hatte die Waffe des Fechtmeisters durch die Berührung zerschlagen, als bestünde sie nicht aus Metall, sondern aus zerbrechlichem Spiegelglas. Die winzigen Stücke fielen auf den Boden, und der Mann besaß nichts weiter als einen Griff mit der Parierstange davor.
    »Was .. wie habt Ihr das gemacht?«, stammelte er erschrocken und vergaß sogar die standesgemäße Anrede.
    Vahidin drosselte den magischen Zufluss, das Iurdum nahm seine alte Farbe an, und die Waffe sah wieder wie ein herkömmliches Schwert aus. Also gab es doch eine Besonderheit. »Davon verstehst du nichts«, gab er kühl zur Antwort und stach zu.
    Er hatte auf die Körpermitte gezielt, und als die Klinge zu einem Drittel in dem Mann stak, erlaubte er seiner Magie, ein weiteres Mal in das Schwert zu fahren.
    Sofort lief die Klinge schwarz an. Der Fechtmeister riss die Augen weit auf, gleich darauf zerriss es ihn von innen heraus. Es begann mit roten Linien, die sich ohne erkennbares Muster auf der Haut bildeten, und beim nächsten Lidschlag fiel er tot und zersprengt wie eine zertrümmerte Vase auf
    den Boden der Fechthalle. Vahidin war mit dem Blut des Mannes von oben bis unten beschmutzt, aber sehr zufrieden mit seiner Waffe. »Es tut mir Leid. Ich handelte gedankenlos«, entschuldigte er sich bei seiner Mutter, deren Garderobe unter dem heftigen, unappetitlichen Ableben des Opfers gelitten hatte. »Wir können sein Vermögen einziehen, um dir ein neues Kleid nähen zu lassen.« Er reinigte das Schwert mit dem Handtuch vom warmen Blut; dabei blickte er zu dem kalkweißen Diener. »Du wirst über das, was du gesehen hast, nichts erzählen, oder es ergeht deiner Familie schlecht«, drohte er unmissverständlich, ehe er die Waffe zurück in die Kiste legte. Der Mann nickte eilends.
    Aljascha hatte noch keine Zeit gehabt, sich von dem Vorfall zu erholen. Sie presste sich ein Tuch vor den Mund und
    wandte sich von dem schrecklichen Anblick des auseinander
    geborstenen Kadavers ab, entdeckte die beiden roten Spritzer
    auf dem grünen Kleid und stöhnte. Der Brief zwischen ihren Fingern raschelte, brachte sich wieder in Erinnerung. Sie hob ihn vor die Augen und las, um
    sich von der Übelkeit abzulenken.
    Geschätzte Aljascha Radka Bardric, Vasruca von Kostromo,
    lasst mich Euch sagen, wie sehr Ich Euch bewundere.
    Ihr besitzt das Durchsetzungsvermögen, das ich gerne hätte; Ihr besitzt die Vertrautheit mit der Macht, wie ich sie
    mir wünsche; Ihr hattet die absolute Befehlsgewalt inne und
    herrschtet über ein Reich, das es in diesen Ausmaßen noch
    niemals auf Ulldart gegeben hatte. Meine Amtszeit hat erst begonnen, und ich benötige den Rat einer Frau, wie Ihr es seid. Wir könnten ein neues Bündnis bilden - ein Bündnis der Frauen, das sich gegen die
    Herrschsucht der Männer richtet!
    Und wir haben eine Gemeinsamkeit, geschätzte Freundin: den Hass auf Lodrik Bardric. Er nahm Euch einmal die
    Macht und trachtet ein weiteres Mal danach.
    Während meines Aufenthaltes in Ulsar habe ich Dinge
    erfahren, die ich in keiner Zeile niederzuschreiben wage,
    sondern nur in Euer Ohr sagen möchte.
    Aber es sei Euch versichert: Euer Leben und das Eures Sohnes sind in höchster Gefahr! Es geht um den Thron Tarpols und den Anspruch, den Ihr sicherlich erheben wollt. Ihr und Euer Sohn seien herzlich nach Amskwa eingeladen. Ich gewähre Euch größtmöglichen Schutz. Hier können wir in aller Ruhe über Euren ärgsten Feind sprechen, der Euch in seinem Wahn und mit neuartigen Kräften bereits auf den Fersen ist.
    Fürchtet ihn!
    Eilt nach Amskwa, geschätzte Freundin, und Ihr werdet
    meine Zeilen verstehen!
    Es grüßt und wünscht Euch den Schutz der Götter Elenja die Erste Kabcara von Borasgotan Aljascha hob den Kopf und schaute zu Vahidin, der eben aus seinem blutbeschmutzten Fechtanzug stieg und in saubere
    Kleidung schlüpfte. Es würde zu Lodrik passen, über den
    sie in der Tat schon sehr viele seltsame Geschichten gehört hatte, wenn er ihr Leben oder das ihres Sohnes verlangte. Vielleicht ahnte er, wessen Sohn Vahidin war.
    »Wir verreisen, mein Sohn«, offenbarte sie ihm in einem Anflug von Sorge und zerriss das Schreiben in viele kleine Stückchen, die als raschelnder Schnee auf den Boden fielen und sich mit dem Blut des Fechtmeisters voll sogen. »Wir wollen
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