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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Schacht
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dich.«
    »Na ja, sie fährt selbst ein Auto. Wenn es ihr doch Spaß macht? Dein Vater hat ihr so häufig schon Berichterstattungen konterkariert, weißt du. Er gluckt mit dem Koch zusammen und hetzt gegen sie.«
    »Er hat seine eigenen Probleme, der Herr vom Feuilleton. Komm, wir machen Schluss für heute.«
    Ich stimmte nur zu gerne zu. Ein warmer Sommerabend lockte, und ein neuer Hut wartete darauf, getragen zu werden. Etwas Schönes eben.
    Hoffentlich.

3. FRITZ ERGREIFT DIE FLUCHT
    Wenn ick am Fensta steh’
und schlach ’ne Scheibe entzwee’,
dann setztet Keile
’ne janze Weile.
Un wenn ick’s nochmal tu’,
krieje ick no’ mehr dazu.
Da mach ick mir nüscht draus
und schlach noch eene aus.
    Altberliner Kinderreim
    F ritz drückte sich das schmuddelige Taschentuch an die blutende Nase und stolperte in den Hinterhof. Der letzte Schlag, den ihm der Freier seiner Schwester verpasst hatte, machte das Maß endgültig voll. Schon am Morgen hatte der Meister ihn verprügelt, angeblich weil er die dreckige Fensterscheibe zerschlagen hatte. Aber das war der Geselle, dieser Schaute. Und nu war Schluss!
    Fritz trat noch einmal heftig nach dem Blecheimer, dass es schepperte, damit ihm wenigstens auch noch der Fuß wehtat, und humpelte durch das Tor auf die Straße. Weg von hier. Weg von der feuchten, stinkenden Wohnung, weg von dem ewigen Kohldunst, weg von der ständig keifenden Mutter und den blökenden Blagen, weg von den schmierigen Suffnasen, die sie mit ranschleppte.
    Er wanderte zunächst eine Weile ziellos durch die Straßen, in denen die sommerliche Wärme sich gefangen hatte, und grollte stumm vor sich hin. Erst als er einen Hydranten fand, den die Anwohner aufgedreht hatten, um sich mit dem kalten Wasser abzukühlen, dachte er daran, sich das Gesicht zu waschen. Mit dem nassen Taschentuch fuhr er sich über die schmerzende Nase. Vielleicht war sie gebrochen. Aber das würde wohl heilen. Den Schmerz war er gewöhnt, den knurrenden Magen auch. Von beidem lenkte ihn ein Auto ab, das sich hupend seinen Weg durch die Straße erkämpfte. Mit Kennerblick ordnete er den Wagen als Kraftdroschke der Firma Dürkopp ein. Automobile waren seine Leidenschaft, er kannte fast alle Hersteller und Marken, die Leistungen und technischen Merkmale der Fahrzeuge. Sein größter Traum war es, einmal selbst so eine Kraftmaschine zu steuern.
    Was ihn auf den Gedanken brachte, die Elektrische zur Avus zu nehmen. Dort konnte man manchmal die Männer antreffen, die auf der Übungsstrecke ihre Fahrzeuge ausprobierten. Schon oft war er mit dem einen oder anderen ins Gespräch gekommen, und einmal hatten sie ihm sogar erlaubt, sie mit auf die Strecke zu begleiten.
    Ja, das würde diesem beschissenen Tag doch noch etwas Glanz verleihen.
    Die Elektrische hielt an der Invalidenstraße. Geld hatte er nicht für einen Fahrschein, aber er war flink und geschickt, und bis der Schaffner ihn bemerkt hatte, war er schon bis zum Tiergarten gekommen. Hier musste er allerdings etwas sehr hurtig aussteigen. Vor der Schimpftirade des Schaffners verschloss er seine Ohren.
    Allerdings brachte sie Fritz zu Bewusstsein, dass er nichts weiter als die Kleider auf seinem Leib besaß und dass er unter diesen Kleidern einen ausgesprochen knurrenden Magen barg.
    Der Duft gebratener Würste verstärkte dieses Gefühl. Er setzte sich also auf eine Bank unter den Bäumen und sann über seine Zukunft nach. Die fernere war klar – er musste weg von hier. Wohin auch immer. Die nähere wurde bestimmt durch seine körperlichen Bedürfnisse: etwas zu essen, etwas zu trinken und ein Schlafplatz für die Nacht.
    Alles das war, wie er sehr gut wusste, mit Geld zu erkaufen.
    Geld hatte er nicht. Andere schon.
    Geld konnte man in fernerer Zukunft verdienen. In der näheren musste man auf andere Maßnahmen zurückgreifen. Keine, die ihm fremd waren. Fritz war bekannt dafür und stolz darauf, dass er über einige Fingerfertigkeit verfügte.
    So über seine Lage vergewissert, stellte Fritz seine Planung um. Die Avus konnte warten, der Tiergarten bot für seine derzeitigen Vorhaben einige Möglichkeiten. Zur abendlichen Stunde flanierten zahlreiche Müßiggänger unter den Bäumen des Parks entlang. Mütter mit ihren Kindern waren nicht von Interesse, Passanten mit Hunden auch nicht. Diese Kläffer waren verräterische Geschöpfe. Alte Herren waren schon mehr sein Ziel, aber auch junge verliebte Pärchen. Die dachten meist an überhaupt nichts anderes als an ihre
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