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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Schacht
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die tiefen Teller mit der sämigen Suppe vor ihnen standen.
    »Immerhin voller Fische«, meinte Mac und betrachtete die Platte, auf der sich eine üppige Menge Meeresgetier und Gemüse befand. Das Baguette war knusprig und die Rouille appetitanregend scharf. Sie aßen schweigend, tranken ihren Wein, das Wasser und bestellten sich Kaffee.
    »Ich habe ein paar Journale besorgt, Mac. Wir sollten sie morgen durchsehen.«
    »Du hast sie doch schon studiert. Was gibt es Neues in der Welt?«
    »In Genf hat man beschlossen, die chemischen Waffen zu ächten.«
    Mac schnaubte.
    »Die Franzosen und die Belgier haben das Ruhrgebiet geräumt.«
    »Aha.«
    »Hindenburg ist deutscher Reichspräsident.«
    »Schön für ihn.«
    » L’Auto hat eine Rallye ausgeschrieben.«
    »Da werden die Schönen und Reichen sich aber freuen.«
    »Sicher. Von Triumph zu Triumph. Vom Arc de Triomphe in Paris zum Brandenburger Tor in Berlin.«
    »Keine triumphale Strecke«, sagte Mac.
    »Nein, aber eine, die du kennst.«
    »Und die ich nicht noch einmal fahren möchte.«
    Der Kaffee schmeckte ebenso bitter wie die Erinnerung.
    Hans schaute einer jungen Frau mit einem kleinen Hund hinterher, deren Hüften sich verlockend wiegten. Mac folgte seinem Blick. Dass sein Begleiter schwieg, wusste er richtig zu deuten. Hans war ein Meister im Auslegen von Ködern.

2. DAS BUNTE BLATT
    Wer schmeißt denn da mit Lehm?
Der sollte sich was schäm!
Der sollte auch was andres nehm,
als ausgerechnet Lehm.
    Claire Waldoff
    I n Berlin herrschte seit Tagen eine brütende Hitze, und in der Redaktionsbesprechung lähmte sie die Aufmerksamkeit der Anwesenden. Ich hatte meine Kolumne bereits vorgestellt. Wie üblich hatte der Artikel darüber, wie die sparsame Hausfrau ihr Heim geschmackvoll gestaltet, nur das gleichmütige Nicken des Chefredakteurs bewirkt. Im Augenblick dozierte Jürgen du Plessis über seine feuilletonistischen Ergüsse, die die Schlummerneigung des redaktionellen Publikums noch verstärkten. Die Luft im Raum war schwer und drückend. Der Anzeigenleiter neben mir dünstete den Geruch von gebratenen Zwiebeln aus, der Stift roch nach ranziger Pomade und Schweiß, und Geraldine mir gegenüber steuerte einen mehr als aufdringlich ambrosischen Hauch von My Sin zu dem Duftpotpourri bei. Ich sehnte mich nach einem kühlen Luftzug, einem schattigen Plätzchen im Tiergarten, alternativ einem kühlen Cocktail in einer kleinen Gartenlaube. Ein Blick auf meine Armbanduhr zeigte mir, dass diese Tortur erst in ungefähr einer Stunde beendet sein würde. Meine Gedanken umwölkten sich, wie so oft, wenn Langeweile mich packte. Sie schienen in klebriger Dunkelheit versinken zu wollen und machten mich müde. Ich bemerkte, wie ich allmählich auf meinem Stuhl zusammensank, und als mein Bleistift mit einem leisen Klappern zu Boden fiel, riss ich mich schließlich zusammen.
    »Denk einfach an etwas Schönes«, hatte mir einst meine Mutter für solche Fälle geraten. Ein guter Rat, der mir schon einige Male geholfen hatte, aber nicht immer leicht umzusetzen war. Vielleicht half mir die Vorstellung davon, was ich nach Feierabend unternehmen konnte. Darum ging ich in Gedanken schon mal meine Garderobe durch. Den rosa Glockenhut mit den kleinen Röschen, den hatte ich erst zweimal getragen. Ja, und dazu das rosafarbene Seidenkleid, so schön leicht und luftig, es umspielte eben die Knie und hatte einen hübschen Ausschnitt. Wie gemacht für einen warmen Abend. Das war doch etwas Schönes, oder nicht? Auch dass ich an diesem Abend mit einem meiner eifrigsten Anbeter verabredet war. Vielleicht konnte ich ihn zu einem Mondscheinbummel am Wannsee überreden. Oder besser nicht. Der junge Mann neigte zu leidenschaftlichen Wallungen. Nein, mit ihm lieber unter Menschen bleiben. Tiergarten, besser im Tiergarten, und da …
    »Det is keen Sommerloch, det is’n Problem«, drang die markige Stimme des Anzeigenleiters in meine Überlegungen.
    Problem hörte sich nicht gut an, versprach aber zumindest Abwechslung vom Einerlei. Ich war seit zwei Jahren beim Bunten Blatt und hatte mir mühsam meine eigene Kolumne erkämpft. Mit mir zusammen waren die beiden einzigen anderen weiblichen Mitarbeiter des Blatts – Geraldine, die Fotografin, und Berte, die Redaktionsleiterin – für den Frauenteil der Zeitschrift zuständig, und es herrschte ständig eine unterschwellige Stimmung, diesen Bereich zu verkleinern oder gar ganz zu streichen. Wenn der Absatz des Blattes zurückging und nicht genug
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