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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger
Autoren: Wulf Dorn
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Flughafen war ihr dieses Versprechen leichter über die Lippen gegangen. Da hatte sie in erster Linie an Chris und sein Wohlergehen gedacht. Jetzt wurde ihr die Tragweite dieses Versprechens wirklich bewusst.
    »Bitte! Versprich es mir.«
    »Ich … verspreche es«, keuchte Ellen.
    »Ehrlich?«
    »Ja, ehrlich.« Ellen schluckte. Das konnte helfen, wenn man kurz davor war, sich zu übergeben. Und noch half es.
    »Ehrlich«, wiederholte sie, diesmal eindringlicher.
    O Mann, Chris, da hast du mir was eingebrockt!
    Die Frau ließ von ihr ab und zog sich wieder in ihre Ecke zurück.
    »Er ist ganz, ganz arg böse«, murmelte sie. »Und er ist schlau. Oh, er ist so verdammt schlau.« Dann begann sie die Melodie des Kinderreims vom Schwarzen Mann vor sich hin zu summen.

    Ja, du bist wirklich ein BIF , dachte Ellen und rieb sich die schmerzende Schulter.
    Wieder meldete sich ihr Piepser, und diesmal folgte Ellen endgültig His Master’s Voice.

Kapitel 4
    Auf dem Stationsflur herrschte ein wahrer Menschenauflauf. Patienten drängten sich im Halbkreis um etwas, das Ellen von ihrer Position aus nicht sehen konnte, während das Pflegepersonal damit beschäftigt war, die kleine Versammlung aufzulösen. Etwas Spektakuläres musste geschehen sein, weshalb sich die meisten Patienten energisch gegen die Eingriffe der Pfleger zur Wehr setzten.
    Unter den Pflegern erkannte Ellen auch einige unbekannte Gesichter. Jemand hatte Verstärkung angefordert, und man musste über keine hellseherischen Kräfte verfügen, um zu erraten, wer dieser Jemand gewesen war. Wie eine überproportionierte Statue stand Schwester Marion inmitten des Aufruhrs, das Telefon in der einen Hand und die andere wie bei einem Herzanfall auf die Brust gepresst.
    Ellen glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Etwas Derartiges hatte sie noch nie auf ihrer Station erlebt. Jenseits der Schaulustigen hörte sie vom anderen Ende des Ganges die Schreie eines Mannes.
    »Ich werde sie nicht essen«, gefolgt von einem hysterischen »NIEEEMAAAALS!«.

    Beinahe gleichzeitig kam auch schon Schwester Marion auf sie zugestürmt.
    »Frau Dr. Roth! Endlich! Ich habe Sie überall gesucht.«
    »Nur nicht in Zimmer 7. Was ist denn hier los?«
    »Herr Böck.« Marion nestelte aufgeregt an ihrem Kittel, und Ellen fiel auf, dass die massige Brust der Schwester mit irgendetwas wässrig Rotem bekleckert war. War das neben Marions Namensschild nicht ein Apfelkern? Es sah zumindest danach aus.
    »Herr Böck? Der Herr Böck?«
    Marion nickte.
    »Aber er war doch vorhin noch völlig katatonisch?«
    »Ja, schon. Er gab keinen Mucks von sich, wie immer. Bis ich …« Marion beendete den Satz nicht, sondern wandte sich um zum Ende des Flurs.
    »Bis Sie was ?«
    »Der Herr sei mein Zeuge, ich weiß es nicht«, wimmerte die Schwester.
    »Marion, jetzt reißen Sie sich mal zusammen! Was ist hier passiert?«
    »Herrje, ich weiß es doch nicht!«
    Ellen beschloss, dass diese Unterhaltung nichts brachte und ließ die hysterische Schwester einfach stehen. Sie schob sich an einem älteren Mann vorbei, der unablässig »Jessasmariaundjosef« vor sich hin murmelte und dabei hektisch von einem Bein aufs andere trat. Solche Unruhe war bei chronischen Psychotikern keine Seltenheit, aber nun, in all dem Gedränge, glich sein Trippeln fast schon einer Fred-Astaire-Nummer. Eine der Schwestern, die von der offenen Station zur Verstärkung angerückt waren, nahm ihn am Arm und führte ihn auf sein Zimmer zurück.

    Was war hier nur geschehen, dass man sogar Personal zur Unterstützung holen musste? Ellen drängte sich durch die Versammlung und traf dann auf eine weitere Leihgabe aus dem ersten Stock. Ihr Kollege Mark Behrendt stand vor der Tür zum Gemeinschaftsbadezimmer, aus dem Herrn Böcks Schreie drangen.
    Marks Haltung verhieß nichts Gutes. Er hatte eine Hand in die Hüfte gestemmt, wodurch ein schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck Who killed Laura Palmer? unter seinem Kittel zum Vorschein kam, und durchwühlte mit der anderen Hand sein dunkles Haar. Sein Blick war starr auf die geschlossene Badezimmertür gerichtet.
    »Herr Böck, bitte, machen Sie auf«, sagte er in bestimmtem Tonfall. Doch Herr Böck schien wenig beeindruckt. Stattdessen brüllte er zurück: »Kannibalen! Gottlose KANNIBALEN! Ja, das seid ihr!«
    »Mark, was zum Kuckuck …«
    Mark warf ihr einen flüchtigen Blick zu, einen Blick, der sagte: Es ist ernst, verdammt ernst! Dann widmete er sich wieder der Tür, so als könne er durch das
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