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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal
Autoren: Klaus Erfmeyer
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die ihre Stimmen übermäßig hallen ließ, sodass sie ihnen selbst monströs fremd erschienen.
    »Es ist so etwas wie eine Kreuzung«, fuhr Bromscheidt fort und wies in einen nach rechts durch eine Stahltür abzweigenden kleineren Querstollen mit deutlich kleinerem Profil.

3.
    Bromscheidt leuchtete durch die geöffnete große Tür in den Stollen und bat seine Gäste, hineinzugehen. Dörthe maulte, dass sie genug gelaufen seien, und Löffke zischte, dass sie sich gedulden solle. Ihre Trägheit störte seinen Enthusiasmus, gefährdete das Projekt und wirkte ungehörig in dieser Atmosphäre, in der sie sich durch geschichtsträchtige Vergangenheit tasteten.
    »Sie haben es gleich geschafft«, besänftigte Bromscheidt.
    Das Licht seiner Taschenlampe drang weit ins Dunkel des Querstollens. Der Stollen verlief schnurgerade und schien weiter hinten, vielleicht 50 Meter entfernt, an einer Mauer zu enden. Es war schwer, die Entfernungen einzuschätzen. Es fehlten Orientierungspunkte.
    »Sie machen es spannend«, rief Frodeleit neugierig und gespielt vorwurfsvoll, während er den Kopf einzog, obwohl er sich nicht stoßen konnte. »Sind Sie sicher, dass wir hier richtig sind? Das ist offensichtlich eine Sackgasse.«
    »Ja! Gehen Sie ruhig weiter, es gibt hier sogar noch eine Beleuchtung. Ich kümmere mich sofort darum.«
    Bromscheidt blieb zurück, während die anderen durch die Tür in den Querstollen gingen.
    »Weiter durchgehen!«, bat Bromscheidt von hinten.
    »Es ist ganz mystisch hier«, begeisterte sich Löffke. »Man muss sich mal vorstellen, wie die Menschen hier unten ausgeharrt haben. Man denkt immer, das sei eine ganz andere Zeit gewesen. Aber in Wirklichkeit ist es doch nur einige Jahre her. Hier unten wird alles so unmittelbar. Man schmeckt förmlich die Angst der Menschen, die einmal hier waren. Mit einem Film darüber könnte man viel Geld machen, da bin ich mir sicher.«
    Er blickte angestrengt nach vorn, aber im Schein der Taschenlampe war nicht zu erkennen, was es mit der Wand am Ende des Tunnels auf sich haben könnte. Sie gingen weiter und standen nach kurzer Zeit schließlich vor dem Stollenende.
     
    Die Tür schlug dumpf und schwer ins Schloss. Es war, als hätte das Türblatt Luft in den Stollenstumpf gepresst. Die abgestandene Luft wirbelte ein wenig. Dann war es still. Löffke und Frodeleit fuchtelten irritiert mit ihren Taschenlampen herum. Die Lichtstrahlen kreuzten sich, ihre Gesichter blitzten für Sekundenbruchteile in dem dumpfen Raum auf, der wie ein stumpfes Vakuum erschien. Dann richteten sie das Licht auf die Tür hinter ihnen. Das graue Türblatt war staubig matt.
    »Herr Bromscheidt!« Löffke schrie in den Stollen zurück. »Er muss was falsch gemacht haben.«
    Und dann begann er zu laufen. Die anderen hasteten ihm hinterher.
    Löffke erreichte als Erster die Tür und trommelte mit den Fäusten auf das dicke Stahlblech. Er trat mit den Schuhen dagegen. Aber es tat sich nichts.
    »Das ist ein blöder Scherz«, giftete Löffke. Er trat wieder gegen die Tür. »Herr Bromscheidt, machen Sie auf! Das ist nicht witzig!«
    Er legte den Zeigefinger auf die Lippen und bedeutete den anderen, still zu sein. Doch sie hörten nichts. Löffke wartete einen Augenblick, dann schlug er wieder gegen die Tür, wartete und schlug wieder. Bromscheidt regte sich nicht.
    »Es ist kein Scherz!« Marie griff nach Stephans Hand. »Er macht einen Test mit uns. Vielleicht ist es ein Versuch.«
    Löffke knetete nervös die Hände.
    »Alles andere macht keinen Sinn.«
    »Jetzt macht alles Sinn«, widersprach Frodeleit merkwürdig gelassen. »Im Nachhinein macht alles Sinn.« Er schlug sich mit der Hand vor die Stirn. »Handys abgeben wegen angeblicher Gasgefahr! – Hubert, auf so etwas fällst du rein! – Als wäre dieser Bunker hier ein Bergwerk … – Gefährliche Gase …!« Er schnaubte. »Warum man wohl Taschenlampen benutzen darf, wenn sich elektrische Funken entzünden können …?«
    »Vielleicht sind es besonders gesicherte Lampen«, verteidigte sich Löffke. Er trat ein weiteres Mal gegen das Tor. »Herr Bromscheidt, machen Sie endlich auf! Wir wollen dieses Spiel nicht.«
    »Wir haben ihm doch nichts getan«, japste Dörthe. »Was sollte er denn gegen uns haben? Er war doch die ganze Zeit sehr zuvorkommend.«
    »Er hat uns gezielt hierhin gelockt«, meinte Stephan und sah zu Frodeleit. »Ich kann Ihnen nur recht geben. Jedes Handeln Bromscheidts war darauf ausgelegt, uns hierher zu locken.«
    »Wie
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