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Treibgut der Strudelsee

Treibgut der Strudelsee

Titel: Treibgut der Strudelsee
Autoren: Horst Hoffmann
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den Sklavenmarkt!«
    Yellen schüttelte den Kopf und sah Sadagar an. Der Steinmann hockte mit unbewegter Miene neben ihm auf dem Boden und starrte blicklos vor sich hin. So war es, seitdem Mythor über Bord geworfen worden war und man ihn und die Legionäre, die sich gegen die Mannschaft erhoben hatten, wieder unter Deck gebracht hatte.
    Etwa die Hälfte der Eingesperrten erkannte Yellen inzwischen als ihren Führer an. Der Rest teilte sich in Unentschlossene und solche, die mit dem Leben abgeschlossen hatten. Doch in den Augen fast aller loderte der Hass auf Rachamon, den Menschenverächter.
    Die Kinder begannen wieder zu weinen. Männer, die sie vor dem Auslaufen aus dem Hafen von Sarphand nie gesehen hatten, schlossen sie in ihre Arme und kümmerten sich um sie wie Väter. Erschütternde Szenen spielten sich ab. Mehr als einmal mussten die Entschlossenen um Yellen andere davor zurückhalten, ihrem Leben gewaltsam ein Ende zu bereiten. Das war auch der Grund dafür, dass Yellen einige Männer vor den Waffenkisten postiert und jeden davor gewarnt hatte, sie aufzubrechen. Sadagars Gurt war unter der Jacke verborgen. Nur wenige wussten um seine zwölf Messer, die er inzwischen wieder komplett hatte.
    »Mit Waffen kommen wir nicht hier heraus«, hatte Yellen finster gesagt. Nun setzte er sich wieder zu Sadagar und stieß den Steinmann in die Seite. »Komm endlich zu dir, Freund. Du konntest nichts für Mythor tun. Keiner von uns konnte das.« Der Weißhaarige biss sich auf die Lippen. »Aber was Rachamon mit ihm tat, ist Grund genug, hier auszubrechen!«
    Sadagar blickte ihn unsicher an. Dann sah er hinüber zu Chrandor, der sich auffällig fernhielt.
    Yellens Worte waren eine Aufforderung an Sadagar, der damit geprahlt hatte, was er alles zu bewirken imstande sei – bevor das Unheil seinen Anfang nahm.
    »Kannst du ein Feuer machen?«
    Sadagar drehte mürrisch den Kopf zur Seite und verfluchte sich für seine Angeberei. Hatte der Kleine Nadomir Mythor vor dem Schatten retten können?
    Ja, er war ihm erschienen, als er schon glaubte, seinen Schutzgeist für alle Zeiten verloren zu haben. Nadomir sagte jedoch, dass seine Magie lediglich dazu ausreiche, dafür zu sorgen, dass Mythor nicht ertrinken musste, sondern irgendwo als Treibgut an Land geschwemmt würde. Kein Wort von dem schattenhaften Etwas, das über Mythor geschwebt hatte. Dann war er verschwunden, mit den üblichen Beschwerden, dass Sadagar ihn nicht wegen jeder Kleinigkeit stören solle.
    Aber was sollte das heißen: irgendwo an Land gespült? Gab es denn hier, in diesem gewaltigen Strudel, Land? Konnte man dem Tod doch noch entrinnen?
    Sadagar hatte weder zu Yellen noch zu irgendeinem anderen über seine Erscheinung gesprochen. Niemand würde ihm Glauben schenken. Er rang mit sich. Sollte er Yellen jetzt nicht doch wenigstens eine Andeutung machen? Würde die Aussicht, irgendwo zu stranden, den Männern nicht neue Hoffnung geben?
    Der Steinmann schüttelte den Kopf. Sie würden ihn an den Füßen aufhängen, sollte sich diese Hoffnung nicht erfüllen. Sie brauchten nichts von dem zu wissen, was der Kleine Nadomir gesagt hatte. Es genügte, wenn sie all ihre Kraft darauf verwandten, aus ihrem Gefängnis auszubrechen, um nicht im Fall der Fälle jämmerlich zu ersaufen.
    »Die Ruderer«, murmelte der Steinmann. »Sie sind immer noch angebunden.«
    »Darum müssen wir hier heraus und das Schiff übernehmen!« sagte Yellen schnell. »Sadagar, kannst du ein Feuer machen?«
    Traurig winkte der Steinmann ab. »Dazu brauchte ich Dinge, die ich hier nicht finde… falls du ein magisches Feuer meinst. Natürlich kann ich ein anderes Feuer machen, wie ihr alle. Wir haben Holz und Decken. Mehr brauchen wir nicht.«
    »Endlich bist du wieder der alte!« stieß Yellen erleichtert aus. »Aber es muss schnell gehen. Die Treppe und die Kisten, die auf der Klappe stehen, müssen brennen, bevor wir alle elend ersticken.«
    Sadagar sah sich unter den Männern um. Wer hören konnte, was zwischen ihm und Yellen gesprochen wurde, blickte ihn an, als erwarte er ein Wunder von ihm. Nur Chrandor bemühte sich eifrig, seinem Blick auszuweichen.
    »Die Gefahr ist zu groß«, murmelte der Steinmann. »Rachamon wird uns erschlagen lassen, sobald wir die verräucherten Köpfe in die Höhe schieben.«
    »Es gibt nur diese Möglichkeit!«
    »Ja«, gab Sadagar zu. Dann fluchte er und schlug mit der Faust auf den Boden. »Wir müssten wissen, was mit Jejed los ist! Ich bin sicher, die
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