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Treibgut - 11

Treibgut - 11

Titel: Treibgut - 11
Autoren: Karl-Heinz Witzko
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einiger Zeit ansah. Vor allem seitdem ihr die dicke Curma ungefragt erklärt hatte, daß der Herr sie wahrscheinlich bald werde zu sich kommen lassen, was eine große Auszeichnung sei. Shalima hatte dem widersprochen, der Herr habe das noch nie getan. Neidisch sei sie, hatte Curma daraufhin lachend geantwortet, nur neidisch, weil bei Shalima schon lange niemand mehr auf solche Ideen gekommen wäre. Shalima hatte danach nichts mehr gesagt.
    Querinia eilte durch den Hof, passierte den Durchgang, der zum Sklavenhof führte, und ging in die Küche, an deren Wänden kupferne und eiserne Pfannen und Töpfe hingen. Curma stand am Tisch, so daß man nur ihren Rücken sehen konnte, und knetete Teig, während die alte Shalima auf der Bank saß und mit geschlossenen Augen ihren Ellbogen rieb. Bisweilen verzog sich ihr faltiges vergilbtes Gesicht, das auf der einen Seite geschwollen und bläulich verfärbt war, vor Schmerz. »Ist es noch nicht besser?« fragte Querinia die grauhaarige Alte. »Sie stellt sich nur an«, kam es von Curma. Die Köchin drehte sich um, einen länglichen Fladen mehlbestäubten Teigs in der Hand: »Ein dummes Weib ist sie. Habe ich ihr nicht gesagt, sie solle sich vor Nestorio hüten? Jeder weiß, wie es ist, wenn der es auf einen abgesehen hat. Aber nein, sie hört ja nicht. Ja, sagst du, habe ich gesagt, ja, sagst du, zu allem, was er sagt, egal was. Jetzt schau, was du davon hast!« Zornig wandte sie sich wieder um, schlug den Teigfladen auf den Tisch und hieb ihn mit der Faust platt. »Er ist so ein boshafter Mensch!« stöhnte die Alte und schaute mit feuchten Augen zu Querinia auf. Das Mädchen starrte hilflos zurück, sie wußte nicht, was sie darauf antworten sollte. Schließlich, um doch etwas zu entgegnen, sagte sie: »Er führt sich auf, als wäre er etwas Besseres als wir.«
    Curma schlug noch einmal kräftig auf ihren Teig und kam dann vom Tisch zu den beiden. Mit einer raschen Bewegung packte sie das Mädchen am Kinn, so daß sich ihr Daumen und ihr Zeigefinger in seine Wangen gruben. »Und ob er etwas Besseres ist. Er ist der Bonze! So weit steht er über dir wie Herr und Herrin über Nestorio. Was bist du denn schon? Bildest dir wohl etwas ein, dummes Ding, nur weil der Herr ein Auge auf dich geworfen hat? Nichts bist du, nichts, gar nichts.« Sie ließ das Mädchen los und zischte leise: »Mach so weiter, und du bist die nächste. Sei froh, daß es nicht dich trifft. Hast wohl vergessen, wie es ist, wenn er dich auf dem Kieker hat, was?« Querinia, auf deren Wangen sich die Abdrücke von Curmas Fingern rot abzeichneten, schüttelte den Kopf. Sie hatte es nicht vergessen.
    Pfeifend kam Sica zur Türe herein, ein Mann von nußbrauner Haut und wenig helleren Zähnen. Er teilte seit geraumer Zeit das Lager der Köchin. »Nun sitzt nicht den ganzen Tag faul rum und schafft endlich etwas!« herrschte Curma die anderen beiden schroff an und begrüßte mit glänzendem Lächeln ihren Liebhaber. Während sie tuschelten und lachten – Curma gurrend, Sica meckernd –, trat Querinia zum Trog, wo der Abwasch stand. Sie nahm einen mit Essensresten verkrusteten Topf, tauchte ihn ins Wasser und scheuerte ihn. Dabei dachte sie, daß Curma sicherlich recht hatte. Es wäre nicht gut, wenn Nestorio den Eindruck bekäme, sie könnte Mitleid mit der Alten haben. Er würde wütend darüber werden, und statt Shalima würde er dann sie piesacken. Es war besser, wenn sie sich von ihr fernhielt, solange der Bonze einen Groll gegen sie hegte. Es wäre klüger. Andererseits, die Alte tat ihr leid. Mit zusammengepreßten Zähnen scheuerte sie auf dem Topf herum und versank in einem Tagtraum, in dem sie Bonze war. O Nestorio, o Nestorio, dachte sie, wobei sich ihre Lippen zu dünnen Linien über die Zähne zurückzogen.
    Wenig später kam eine der Beschützerinnen herein, eine Frau mit kantigem Gesicht, an ihrer Hüfte baumelte ein Säbel. Sie warf der fetten Köchin, die sich bei ihrem Eintreten von ihrem Galan abgewendet hatte, einen scharfen Blick zu, worauf diese hastig eine Schale mit rotem Linsenbrei füllte. Anschließend schnitt sie ein Stück von dem langen Laib Brot ab, ebenso von einem Dörrschinken, der von der Decke hing. Alles zusammen reichte sie der Beschützerin, die auf jener Ecke des Tisches saß, wo eben noch die Köchin ihren Teig geknetet hatte. Wortlos nahm sie die Speisen entgegen und verzehrte sie langsam kauend, den Blick zur Tür gewandt, auf den Hof hinausspähend.
    Querinia schaute von
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