Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
sie, für ihn gehören wir alle zu einem schrecklichen Traum.
    Sie bückte sich zu dem Jungen: »Du träumst nicht, Adam. Du bist wach. Glaub mir, es ist alles in Ordnung. Man wird für dich sorgen. Niemand will dir wehtun. Ich habe auch schreckliche Träume. Sie verfolgen mich ständig. Aber ich weiß, daß es nur Träume sind, und sie können mir nichts anhaben.«
    Westbrook beobachtete Joanna, die begütigend auf den Jungen einredete. Ihm fiel auf, wie sanft sich ihr schlanker Körper Adam zuneigte. Wie die Eukalyptusbäume im Busch, dachte er und mußte lächeln. Und als er sah, wie der Junge sich beruhigte, sagte er: »Vielen Dank für Ihre Hilfe. Das war sehr freundlich von Ihnen. Sie haben es sicher eilig. Wenn Sie abgeholt werden, dann wird man Sie suchen, Miss …«
    »Drury«, sagte sie. »Joanna Drury.«
    »Machen Sie hier Ferien, Miss Drury?«
    »Nein, ich mache keine Ferien. Meine Mutter und ich wollten zusammen nach Australien kommen. Wir wollten uns um einige Familienangelegenheiten kümmern. Es geht dabei auch um geerbtes Land. Aber sie ist gestorben, bevor wir Indien verlassen haben. Deshalb bin ich jetzt allein hier.« Sie lächelte. »Ich war noch nie in Australien. Schon der erste Eindruck ist überwältigend.«
    Westbrook sah sie an und bemerkte zu seiner Überraschung ein Leuchten in ihren Augen, das aber schnell wieder verschwand. Es hatte noch etwas anderes in ihrem Lächeln gelegen, und er begriff, daß es Angst gewesen war. Er hörte die Zurückhaltung in ihrer Stimme, die klang, als seien die Worte eingeübt. Aber dahinter schien sich ein Geheimnis zu verbergen. Hugh mußte sich eingestehen, daß diese Frau ihn faszinierte.
    »Wo liegt dieses Land, nach dem Sie suchen?« fragte er. »Ich kenne Australien ziemlich gut.«
    »Ich weiß es nicht. Es muß in der Nähe eines Ortes mit dem Namen Karra Karra liegen. Kennen Sie Karra Karra?«
    »Karra Karra. Das klingt wie ein Ort der Aborigines. Ist er hier in Victoria?«
    »Tut mir leid, ich weiß es nicht.«
    Westbrook sah sie erstaunt an. Dann meinte er: »Ich kenne viele Leute in Australien. Ich würde mich freuen, Ihnen zu helfen, das Land zu finden.«
    »Das wäre sehr liebenswürdig von Ihnen, Mr. Westbrook. Aber Sie werden Adam sicher schnell nach Hause bringen wollen.«
    Er sah, wie sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn strich, und die anmutige Geste machte ihn sprachlos. Er warf einen Blick auf die Männer, die sich um die Gangway drängten und die weiblichen Passagiere musterten, die in Australien einwandern wollten. Einige hielten Tafeln mit der Aufschrift: »Suche eine Frau, die kochen kann«, und: »Gesunde Frau gesucht! Ehe nicht ausgeschlossen.« Einige Mutige riefen den Frauen ihre Wünsche zu. Westbrook stellte sich vor, wie es Joanna mutterseelenallein in Melbourne ergehen würde. Es war eine rauhe Siedlerstadt, in der viermal mehr Männer als Frauen lebten. Sie würde den Rücksichtslosen und Unverschämten ausgeliefert sein.
    »Miss Drury«, sagte er, »darf ich fragen, wo Sie in Melbourne wohnen werden?«
    »Ich werde mir wohl zuerst ein Hotel suchen und dann eine Pension oder eine Wohnung.«
    »Ich denke mir, Miss Drury, daß wir uns vielleicht gegenseitig nützlich sein können. Sie brauchen Hilfe, um Australien kennenzulernen, und ich brauche Hilfe mit Adam. Können wir nicht ein Abkommen treffen? Sie helfen mir einige Zeit mit Adam, damit er sich bei uns eingewöhnt, und ich werde dafür sorgen, daß Sie dieses Karra Karra finden. Es wäre nicht für lange. Ich werde in einem halben Jahr heiraten«, sagte er. »Meine Schaffarm Merinda ist nicht gerade luxuriös. Ich glaube, Sie sind sehr viel Besseres gewöhnt. Das Wohnhaus ist eher eine Hütte und besteht im wesentlichen aus einer Veranda und einem Zimmer. Aber Sie können es zusammen mit Adam für sich haben. Ich werde dafür sorgen, daß es Ihnen an nichts fehlt. Ich möchte, daß der Junge sich von Anfang an bei mir wohl fühlt, und bei Ihnen scheint er ruhiger zu werden.«
    Als er ihre Unsicherheit spürte, fügte er hinzu: »Ich kann Ihr Zögern verstehen. Aber was haben Sie zu verlieren? Unser Abkommen lautet: Sie kommen mit mir nach Merinda und sorgen ein halbes Jahr für Adam. Ich werde Ihnen helfen, das zu finden, wonach Sie suchen. Australien ist drei Millionen Quadratmeilen groß. Der größte Teil ist noch unerforscht, aber von dem Wenigen, was besiedelt ist, kenne ich das meiste. Sie werden nicht in der Lage sein, Ihr Ziel allein zu erreichen. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher