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Traummann auf Raten

Traummann auf Raten

Titel: Traummann auf Raten
Autoren: Sara Craven , Pößneck GGP Media
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Cynthia warf ihr einen theatralischen Blick zu. „Leider bin ich momentan nicht imstande, etwas Herzhaftes zu mir zu nehmen.“
    Das wäre ich auch nicht, wenn ich fast ein Pfund Schokolade in mich hineingestopft hätte, dachte Joanna ironisch. Laut sagte sie jedoch: „Das tut mir Leid.“
    „Es ist nicht deine Schuld.“ Cynthia machte eine herablassende Geste. „Manche Menschen sind eben sensibler als andere. Mit dieser Last müssen wir leben. “ Unvermittelt wechselte sie das Thema. „Erwartest du heute noch viele Besucher? Es scheint pausenlos an der Tür zu läuten. Ich finde einfach keine Ruhe.“
    „Es ist doch selbstverständlich, dass die Leute kondolieren wollen“, erwiderte Joanna ruhig. „Lionel war sehr beliebt.“
    „Das musst du mir nicht sagen.“ Cynthia nahm ein paar Papiertaschentücher aus einer Schachtel und tupfte damit über ihre völlig trockenen Augen. „Also wirklich, Joanna, du bist mitunter so taktlos, dass ich mich frage, ob du überhaupt ein Herz hast.“ Sie seufzte. „Mir ist aufgefallen, dass niemand mich sehen wollte. Ich kann offenbar damit rechnen, dass man mich künftig ignoriert. Dabei könnte alles ganz anders sein“, fügte sie hinzu.
    „Es wird sich auch einiges ändern.“ Joanna befreite einen Stuhl von Wäschestücken und Seidenstrümpfen und setzte sich. „Mein letzter Gast war Henry Fortescue.“
    „Der alte Fortescue?“ Cynthia richtete sich kerzengerade auf. „Hat er zufällig Lionels Testament erwähnt? Oder angedeutet, wie das Erbe aufgeteilt wird?“
    Joanna hatte sich inzwischen an ihre Stiefmutter gewöhnt, aber es gab noch immer Momente, da verschlug ihr Cynthias Egoismus die Sprache. „Nein. Das Testament wird nach der Beerdigung eröffnet.“ Sie schluckte trocken. „Wenn Gabriel hier ist.“
    „Natürlich.“ Cynthia lächelte verschlagen. „Die Heimkehr des verlorenen Sohns. Kein Wunder, dass du so gereizt bist.“ Bevor Joanna protestieren konnte, fuhr ihre Stiefmutter fort: „Was empfindest du bei dem Gedanken, ihn wiederzusehen?“ Sie nahm sich eine Praline. „Und, was noch wichtiger ist, was mag er bei dem Gedanken an ein Wiedersehen mit dir empfinden? Er ist sicher wütend auf dich, weil er zwei Jahre nicht herkommen konnte.“ Sie rollte das Silberpapier zu einer kleinen Kugel. „Schließlich war er nicht nur von dir getrennt, sondern auch von seinem Vater, und dieser Graben kann nun nicht mehr überbrückt werden.“
    „Daran brauchst du mich nicht zu erinnern. Ich hätte gehen sollen und nicht er.“
    „Sei nicht albern“, tadelte Cynthia sie ungeduldig. „Lionel hätte das nie erlaubt.“ Sie betrachtete angelegentlich ihre sorgfältig manikürten Nägel. „Wusstest du eigentlich, dass er unsterblich in deine Mutter verliebt war?“
    Schockiert sah Joanna sie an. „Wie meinst du das?“
    „Dein Vater hat es mir erzählt.“ Cynthia zuckte die Schultern. „Es war eine Jugendliebe, aber die Familien waren dagegen, weil die beiden Cousin und Cousine ersten Grades waren. Trotzdem hat Lionel sein Leben lang eine Schwäche für sie gehabt. Warum, glaubst du wohl, habe ich dich nach dem Tod deines Vaters hergebracht? Mir war klar, dass ich nur an sein Herz appellieren musste, um uns ein neues Zuhause zu verschaffen.“
    „Ich denke, das hatte eher mit Lionels ausgeprägtem Familiensinn als mit irgendeiner heimlichen Leidenschaft zu tun“, entgegnete Joanna. „Er hat Valentina bestimmt nicht aus purer Enttäuschung geheiratet.“
    Cynthia zuckte erneut die Schultern. „Weiß der Himmel, warum er sie geheiratet hat. Wenn je ein Paar nicht zusammengepasst hat …“ Sie verzog die Lippen. „Kannst du dir vorstellen, dass eine römische Schönheit, die einem alten dekadenten Adelsgeschlecht entstammt, sich in England auf dem Land vergräbt? Sie hat bestimmt gedacht, sie wäre gestorben und in der Hölle gelandet.“
    „Und dennoch sind sie zusammengeblieben“, wandte Joanna ein.
    „Notgedrungen.“ Cynthia gähnte und gönnte sich ein weiteres Stück Konfekt. „Jeremy hat mir erzählt, dass sie sich bis aufs Blut gestritten haben – es wurde geschrien und mit Tellern geworfen. Begreifst du jetzt, warum Gabriel trotz seines Namens kein Engel ist?“ Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: „Vermutlich hatte der arme Lionel deshalb so viel Angst davor, sich ein zweites Mal zu binden. Wenn uns mehr Zeit miteinander vergönnt gewesen wäre, hätte ich ihn vielleicht ermutigen können.“
    Egal, was ihre Stiefmutter sich
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