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Traummann auf Raten

Traummann auf Raten

Titel: Traummann auf Raten
Autoren: Sara Craven , Pößneck GGP Media
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Buße für seine Sünden tun konnte. Was man hier oben höre, so erzählte man sich, sei gar nicht der Wind, sondern das Klagen des Einsiedlers, der seine Verbrechen beweine.
    Unbehaglich zog Joanna den Schal fester und rief die Hunde zu sich. Als sie jedoch nach der Lampe griff, zuckten die beiden zusammen und begannen zu knurren. „Ruhig“, befahl sie. „Es ist nur ein Schaf oder ein Reh.“
    Die Retriever waren zu gut abgerichtet, um nach Wild zu jagen, aber irgendetwas hatte sie erschreckt. Oder jemand, dachte Joanna alarmiert, als ganz in der Nähe Kiesel knirschten. Unwillkürlich umklammerte sie die Taschenlampe. Eigentlich hatte sie in einer Nacht wie dieser damit gerechnet, den Hügel für sich allein zu haben.
    Vielleicht ist es ja der Eremit, der angeblich bei Vollmond in seiner Kutte umhergeistert, überlegte sie selbstironisch.
    „Jess, Molly, es ist alles in Ordnung“, sagte sie mit fester Stimme.
    Einen Moment lang verharrten die Tiere, dann sprangen sie aufjaulend los und verschwanden in der Dunkelheit. Gleich darauf ertönte nicht weit entfernt heftiges Gebell.
    „Verdammt.“ Joanna knipste die Lampe an und folgte ihnen. Warum hatte sie keine Leinen mitgenommen? Hoffentlich hatten die Hunde kein Liebespaar im Unterholz aufgestöbert.
    Sie konnte jetzt die Beute sehen. Eine große, dunkle Gestalt stand ruhig da, während die Retriever sie munter kläffend umsprangen. „Guten Abend“, sagte sie rasch. „Ich hoffe, die Hunde haben Sie nicht belästigt. Normalerweise benehmen sie sich Fremden gegenüber nicht so.“
    Der Mann schwieg und rührte sich zunächst nicht von der Stelle. Dann machte er eine knappe Handbewegung, und die Hunde sanken sofort zu seinen Füßen nieder, die Köpfe ihm geradezu andächtig zugewandt. „Sie belästigen mich nicht, Joanna“, erwiderte er ruhig. „Außerdem bin ich wohl kaum ein Fremder.“
    Ihr stockte der Atem. Sie wich einen Schritt zurück, um ihm ins Gesicht zu leuchten – und fand ihre schlimmsten Ängste bestätigt. „Gabriel?“ flüsterte sie heiser.
    „Gratuliere. Du hast ein ausgezeichnetes Gedächtnis.“
    Sie ignorierte den Seitenhieb. „Was tust du hier?“
    „Mein Vater ist gestern gestorben“, erinnerte er sie kühl. „Ich bin gekommen, um an seiner Beerdigung teilzunehmen.“
    „Wir haben dich erst in ein oder zwei Tagen erwartet.“
    „Ich habe beschlossen, mein selbst auferlegtes Exil zu beenden und einen früheren Flug zu buchen. Hoffentlich bereite ich dir keine allzu großen Unannehmlichkeiten.“
    Sie schluckte trocken. „Nein, nein. Natürlich nicht.“
    „Klingt nicht besonders überzeugend“, meinte er. „Nicht, dass es einen Unterschied bedeutet. Ich bin hier und beabsichtige, die Nacht unter meinem eigenen Dach zu verbringen. Falls das ein Problem für dich darstellt, musst du allein damit fertig werden, Joanna.“
    „Du bist achtundvierzig Stunden zu früh eingetroffen, das ist alles. Wenn jemand durch deine Ankunft Mühe hat, dann Mrs. Ashby. Am besten gehe ich hinunter und sage ihr Bescheid. Molly, Jess, kommt“, fügte sie hinzu.
    Die Hunde reagierten nicht. Gabriel lachte leise. „Sie scheinen die Seiten gewechselt zu haben.“
    „Wie alle guten Untertanen zu Beginn einer neuen Regentschaft.“
    „Gilt das auch für dich?“ Ein amüsierter Unterton schwang in seiner Stimme mit. „Darf ich von dir den gleichen bedingungslosen Gehorsam erwarten?“
    „Von mir hast du gar nichts zu erwarten“, konterte sie, bevor sie mit hochroten Wangen den Pfad hinunterstürmte.
    Wann wirst du es endlich lernen? schalt sie sich im Stillen. Warum lässt du dich auf Wortgefechte ein, die du unweigerlich verlierst? Lass dich von ihm nicht provozieren.
    Er holte sie mühelos ein, dicht gefolgt von den Hunden. „Sei vorsichtig. Du könntest sonst stürzen.“
    Und mir das Genick brechen? dachte sie bitter. Nein, so viel Glück habe ich nicht.
    „Was wolltest du eigentlich auf dem Hügel?“ fragte sie.
    „Nachdem ich die letzten vierundzwanzig Stunden in Konferenzräumen und im Flugzeug verbracht habe, brauchte ich einfach Luft zum Atmen – und zum Nachdenken“, erklärte er.
    Und zum Trauern, das erkannte sie jetzt mit einem Anflug von Reue. „Tut mir Leid, dass ich dich gestört habe“, entschuldigte sie sich verlegen.
    „Wohin hättest du mit den Hunden sonst gehen sollen?“ erwiderte er lässig.
    Gemeinsam stiegen sie den Hügel hinab. Selbst im Schein der Taschenlampe fiel Joanna der Weg schwer. Zu deutlich war
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