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Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote
Autoren: Tad Williams
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Abendessen Männchen machen? Ich habe mich oft gefragt, wie das abläuft, musst du wissen.« Fritti tat so, als hörte er nichts, und begann seinen Schnurrbart zu säubern.
    »Mir fällt auf«, fuhr Spindelbein fort, »dass die Heuler eine Art Abmachung haben. Sie bringen den Großen Sachen, springen viel herum und bellen die ganze Nacht, um etwas zu fressen zu kriegen. Machst du das auch?« Spindelbein streckte sich lässig. »Ich bin einfach neugierig, verstehst du? Eines Nachts – oh, ich gebe zu, dass es nicht wahrscheinlich ist –, eines Nachts könnte ich einmal nicht fähig sein, mir etwas zum Abendessen zu fangen, und dann wäre es ganz hübsch, etwas zu haben, worauf man zurückgreifen kann. Ist Bellen sehr schwierig?«
    »Sei still, Spindelbein.« Fritti fauchte, dann nieste er vor Lachen und sprang auf seinen Freund los. Sie rangen einen Augenblick, dann gaben sie sich frei und versetzten einander Tatzenhiebe. Schließlich, als sie müde waren, ließen sie sich kurz nieder, um sich zu lecken.
    Als sie sich ausgeruht hatten, sprang Spindelbein von der Veranda herab und tauchte in die Dunkelheit. Fritti glättete ein letztes Stück Fell an seiner Seite, und dann folgte er ihm.
    Gerade begann die Stunde der Tiefsten Stille, und hoch amHimmel, entrückt und gleichmäßig leuchtend, stand Tiefklars Auge.
    Der Wind lief flüsternd durch die Blätter der Bäume, als Traumjäger und Spindelbein sich ihren Weg durch Felder und über Zäune bahnten. Manchmal verhielten sie, um auf die Geräusche der Nacht zu lauschen, dann stoben sie über schimmernde, vom Licht der Straßenlaternen erhellte Rasenflächen. Als sie am Saum der Alten Wälder anlangten, welche die Wohnungen der Großen umgaben, konnten sie die frischen Gerüche anderer Stammesgenossen riechen.
    Jenseits der Anhöhe und hinter einem Wäldchen mächtiger Eichen lag der Eingang zur Schlucht. Traumjäger dachte mit Freude an die Lieder und Geschichten, die bei der zerfallenden Mauer die Runde machen würden. Er dachte auch an Goldpfote, deren schlanke, graue Gestalt und zierlicher gebogener Schwanz ihm seit kurzem fast ununterbrochen im Kopf herumspukten. Es war schön, zu leben und in der Nacht des Mauertreffs zum Volk zu gehören.
    Tiefklars Auge warf ein perlmuttfarbenes Licht auf die Lichtung. Am Fuß der Mauer waren fünfundzwanzig oder dreißig Katzen versammelt – sie rieben sich aneinander in gravitätischer Begrüßung und beschnüffelten die Nase eines Neuankömmlings.
    Viele Jüngere aus dem Volk übten sich in Scheinkämpfen. Traumjäger und Spindelbein wurden von einer Schar junger Jäger begrüßt, die lässig ein wenig abseits von der Menge herumstanden.
    »Prächtig, dass ihr hier seid!«, rief Pfotenflink, ein junger Kater mit dickem, schwarz-weißem Fell. »Wir wollen gerade anfangen, Spring-in-die-Luft zu spielen – bis die Alten kommen, versteht sich.«
    Spindelbein hüpfte hinüber, um mitzumachen, doch Fritti schüttelte höflich den Kopf und schob sich vorwärts durch die Menge, um nach Goldpfote Ausschau zu halten. Er konnte ihrenGeruch nicht ausfindig machen, während er durch das Gewimmel von Katzen schlüpfte.
    Zwei junge
Felas
, kaum dem Kätzchenalter entwachsen, begegneten ihm mit kokett gerümpften Näschen und rannten dann ausgelassen prustend weg. Er beachtete sie nicht und senkte seinen Kopf respektvoll, als er an Langstrecker vorüberkam. Der ältere Kater, der flach hingestreckt majestätisch am Fuß der Mauer lag, würdigte ihn eines Blinzelblicks aus seinen riesigen grünen Augen und grüßte ihn mit einem flüchtigen Ohrzucken.
    Immer noch keine Spur von Goldpfote, dachte Fritti. Wo mochte sie sein? Niemand versäumte einen Mauertreff, wenn er es vermeiden konnte. Treffen fanden nur in jenen Nächten statt, in denen das Auge vollständig geöffnet und am hellsten war. Vielleicht kommt sie später, dachte er. Oder vielleicht ging sie in dieser Sekunde mit Springhoch oder Auenhusch spazieren – ihren Schwanz in voller Länge ausgestreckt, damit sie ihn bewundern konnten …
    Der Gedanke machte ihn wütend. Er drehte sich um und versetzte einem halbstarken Kater einen Hieb, der hinter seinem Rücken Luftsprünge und Kapriolen vollführte. Es war der junge Raschkralle, der ihn derart erschreckt anblickte, dass es Fritti sogleich leid tat, dass er ihn geschlagen hatte. Dieser übermütige Springinsfeld war häufig eine Plage, aber er meinte es nicht böse.
    »Tut mir leid, Raschkralle«, sagte er. »Ich hab nicht
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