Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumjaeger und Goldpfote

Traumjaeger und Goldpfote

Titel: Traumjaeger und Goldpfote
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
gewusst, dass du’s bist. Ich dachte, es wär der alte Langstrecker, und ich wollte ihm eine Lektion erteilen.«
    »Wirklich?«, keuchte der junge Kater. »Das hättest du wirklich getan?« Fritti bereute seinen Scherz. Langstrecker würde ihn nicht sehr komisch finden.
    »Vergiss es«, sagte er. »Es war ein Irrtum, und ich entschuldige mich.«
    Raschkralle war entzückt, dass er wie ein Erwachsener behandelt wurde. »Natürlich nehme ich deine Entschuldigung an,Traumjäger«, sagte er würdevoll. »Es war ein verständlicher Irrtum.«
    Fritti prustete. Er biss den jungen Kater spielerisch in die Flanke und setzte seinen Weg fort.
     
    Die Zeit der Tiefsten Stille war halb vorüber und das Treffen in vollem Gange, und Goldpfote war immer noch nicht aufgetaucht. Während einer der Älteren die versammelte Menge ergötzte – inzwischen auf beinahe sechzig Köpfe angewachsen –, bahnte sich Fritti seinen Weg zu Spindelbein, der bei Pfotenflink und den anderen saß. Der Ältere beschrieb einen großen und möglicherweise gefährlichen Heuler, der wild in der Gegend herumlief, und Spindelbein und die anderen Jäger hörten aufmerksam zu, als Fritti ankam.
    »Spindelbein!«, zischte er. »Kann ich einen Augenblick mit dir sprechen?«
    Spindelbein gähnte und streckte sich, bevor er Fritti gemächlich auf seinen Sitz zwischen drei Wurzeln folgte. »Worum geht es denn?«, fragte er liebenswürdig. »Ist es Zeit für meine Übungsstunden im Bellen?«
    »Bitte, Spindelbein, keine Scherze. Ich kann Goldpfote nirgendwo finden. Weißt du, wo sie ist?«
    Spindelbein sah Traumjäger aufmerksam an, während der Alte eintönig weitersprach.
    »Aha«, sagte er, »es kam mir gleich so vor, als wärst du mit deinen Gedanken woanders. All das wegen einer
Fela

    »In der vergangenen Nacht haben wir den Tanz des Einverständnisses getanzt!«, sagte Fritti erregt. »Aber wir konnten ihn nicht zu Ende bringen, bevor die Sonne aufging. Wir wollten ihn heute Nacht beenden. Ich weiß, dass sie mit mir einverstanden gewesen wäre! Was könnte sie dazu gebracht haben, das Treffen zu versäumen?«
    Spindelbein klappte in gespieltem Entsetzen seine Ohren herunter.»Ein abgebrochener Tanz des Einverständnisses! Bei Himmeltanz’ Schnurrbart! Ich glaube, ich sehe schon, wie dir dein Fell ausgeht! Und dein Schwanz wird schlapp!«
    Fritti schüttelte ungeduldig den Kopf. »Ich weiß, dass dir das lächerlich vorkommt, Spindelbein, und bei deinem Geschwader schwanzwedelnder
Felas
kümmert dich eine echte Verbindung nicht. Aber mich kümmert sie, und ich mache mir Sorgen um Goldpfote. Bitte, hilf mir.«
    Spindelbein blickte ihn einen Augenblick aus blinzelnden Augen an, und er kratzte sich hinter seinem rechten Ohr. »In Ordnung, Traumjäger«, sagte er nur. »Was kann ich tun?«
    »Nun, ich denke, heute Nacht können wir nicht viel unternehmen. Wenn ich sie morgen aber nicht finden kann, könntest du vielleicht herauskommen und dich mit mir ein wenig umsehen?«
    »Ich denke schon«, erwiderte Spindelbein. »Aber ich glaube, dass ein wenig Geduld vielleicht … au!«
    Pfotenflink hatte sich von unten angeschlichen und rammte seinen flachen Kopf gegen Spindelbeins Hinterbacken. »Was soll dies tiefsinnige Gerede? Borstenmaul wird gleich eine Geschichte erzählen, und ihr sitzt hier herum wie zwei fette Eunuchen!«
    Traumjäger und Spindelbein hüpften hinunter und ihrem Freund nach.
Felas
waren
Felas
, aber eine Geschichte war gewiss nicht zu verachten!
    Das Volk schloss sich enger um die Mauer zusammen – ein Meer wedelnder Schwänze. Gemächlich und mit ungeheurer Würde erklomm Borstenmaul ein zerfallenes Mauerstück. Am höchsten Punkt hielt er inne und wartete.
    Borstenmaul war, mit den elf oder zwölf Sommern, die er auf dem Buckel hatte, gewiss kein junger Kater mehr, doch alle seine Bewegungen zeugten von eiserner Beherrschung. Sein schildpattfarbenes Fell, früher mit glänzenden rostigen und schwarzen Flecken durchsetzt, war mit dem Alter ein wenig stumpf und derkräftige Borstenkranz, der um sein Maul spross, grau-weiß geworden. Seine Augen jedoch waren strahlend und klar und konnten eine unternehmungslustige junge Katze drei Sprünge entfernt zum Stehen bringen.
    Borstenmaul war ein
Oel-cir’va
, ein Meister Alt-Sänger, einer der Bewahrer der Überlieferung des Volkes. Die ganze Geschichte des Volkes lebte in ihren Liedern, die im Höheren Gesang der Älteren Tage als ein heiliges Gut von einer Generation an die nächste
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher