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Traumjäger (German Edition)

Traumjäger (German Edition)

Titel: Traumjäger (German Edition)
Autoren: Ulrike Talbiersky
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Welt die Träume bewahrt. Andy, du bist ein wahrer Traumjäger!“
    Ich strahlte. Wenn Tom wusste, dass ich ein Held war, und wenn ich es wusste, dann war es mir egal, ob es noch jemand erfahren würde.
    „Oh, fast hätte ich es vergessen!“ Tom kramte in seiner Jackentasche. An der langen, fein geschmiedeten Kette zog er die Uhr hervor. Leise tickend hütete sie treu ihr Geheimnis unter dem fest verschlossenen Deckel mit den zarten Rosenranken. Tom wiegte sie sanft in seiner Hand und fuhr mit dem Finger sachte die winzigen Linien der Gravur nach.
    „Du weißt, dass ich dir das Geheimnis sie zu öffnen nicht vorenthalten hätte, nicht wahr, Andy?“
    „Ja, das weiß ich.“, sagte ich.
    Zärtlich blickte Tom das kleine, goldene Schmuckstück an. Dann murmelte er mit ernstem Gesicht:

    „Tik – der Zeiger singt,
    Tak – die Stund’ zerrinnt,
    Tik Tak – der Traum beginnt!“

    Mit einem leisen Klack schnappte der Deckel auf. Ich blickte Tom mit offenem Mund an. „Die Uhr reagiert auf einen Zauberspruch?“, flüsterte ich überrascht.
    Tom lachte herzlich. „Was? Ach nein. Das hab ich nur so gesagt. – Wegen der besseren Wirkung!“
    Er hatte mich schon wieder hereingelegt!
    „Nein, du musst sie in Gedanken still und höflich darum bitten. Allerdings hast du diesmal gar nicht so unrecht: Bitte ist schließlich ein Zauberwort, nicht wahr? Eines, auf das die Traumlosen garantiert niemals gekommen wären!“
    Ich lachte. Ja, da hatte er wohl Recht. Allerdings wunderte ich mich, dass mir das nicht eingefallen war. Ich hatte sie oft genug darum gebeten, sich zu öffnen. Vielleicht war ich dabei aber nicht höflich genug gewesen. Oder zu ungeduldig – und bei so einer Uhr war es wohl sehr wichtig, Zeit zu haben, Zeit für Träume.
    Tom hielt mir die kleine Uhr entgegen. Ich nahm sie behutsam in meine Hände. Glatt und weich fühlte sie sich an. Die Uhr war einfach wunderschön. Traumhaft schön!
    Und nun offenbarte sie mir ihr kostbares Geheimnis. Da waren sie, die 13 Ziffern, römisch, elegant und fein auf einem Ziffernblatt, das ganz aus strahlendem Perlmutt zu bestehen schien. Geschützt durch ein zartes Uhrenglas. Der filigrane Zeiger war mit winzigen, funkelnden Steinchen besetzt.
    Und – mein Gesicht erhellte sich bei dem Anblick: Der Zeiger stand zwischen der 12 und der 13. Er leuchtete geheimnisvoll in strahlendem Blau!

Kapitel 23

    Zu guter Letzt

    L ange saßen Tom und ich auf den Treppen vor der verlassenen Burg, durch deren hohe Fenster und Torbögen helle Sonnenstrahlen fielen. Wir saßen noch auf der Treppe, als das kleine rothaarige Mädchen, das dicht neben einem der hohen Wachtürme lag, die nun wie fragende Finger in die Höhe ragten, vor unseren Augen verschwand. Sie war die letzte der schlafenden Menschen auf dem Burgplatz. Nun war er leer. Alle waren aus ihrem Traum erwacht.
    Alle bis auf Dorothea. Tom hielt noch immer ihre Hand und strich ihr gelegentlich zärtlich über das Haar, während er mich wieder und wieder fragte, wie ich es nur geschafft hatte, in das Land ohne Träume – das es jetzt nicht mehr gab – zu gelangen. Er wollte alles wissen, jedes Detail! Oft schüttelte er ungläubig den Kopf. Dann rief er: „Andy, mein kleiner Traumjäger! Wie bin ich stolz auf dich!“
    Am meisten aber interessierte Tom sich dafür, wie es mir gelungen war, aus dem teuflischen Kreis der Dunkelheit auszubrechen.
    Ich erzählte und erzählte, und wir freuten uns gemeinsam, dass wir es geschafft hatten, den dunklen Herrscher zu besiegen, dass wir es geschafft hatten, der Welt ihre Träume zu bewahren! Wir freuten uns und lachten, weil endlich alles gut war. Und unser Lachen hallte über den leeren Felsen. Es hallte durch die leeren Hallen der verlassenen Burg, und es war, als würden sich der Felsen und die Burg mit uns freuen, da sie nun nicht mehr schwarz und dunkel sein mussten. Und der See färbte sich gelb und rot in der langsam untergehenden Sonne.
    „Ich muss nach Hause, Tom.“, sagte ich schließlich. Meine Eltern machten sich bestimmt schon große Sorgen um mich. Er nickte. „Ja, es wird Zeit. Ich werde dich begleiten, aber vorher müssen wir noch einen kurzen Abstecher machen. In Ordnung?“ Seine Augen leuchteten.
    Er nahm meine Hand. Die Hand seiner Frau hielt er fest in der anderen. Dann schlossen wir die Augen. Es gab kein Land ohne Träume mehr. Wir konnten uns dahin träumen, wohin wir wollten!
    Der vertraute, windstoßartige Ruck durchfuhr unsere Körper…

    ***

    Wir
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