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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger
Autoren: Marlo Morgan
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Welt.
    Aus diesem Grund glauben die »Wahren Menschen« auch, daß man Land nicht besitzen sollte. Das Land gehört allem Leben. Die wahre Art des Menschen ist es, zu teilen und Vereinbarungen zu treffen.
    Besitz ist das extreme Beispiel dafür, wie man andere zum eigenen Vorteil ausschließt. Vor der Ankunft der Engländer war bei den Aborigines niemand ohne Land. Die »Wahren Menschen« glauben, daß schon zu Zeiten, als die Landmassen der Erde noch zusammenhingen, die ersten Menschen in Australien auftauchten.
    Die Wissenschaftler sprechen von einer großen Landmasse, die vor ungefähr 180 Millionen Jahren existierte und Pangaea genannt wird. Irgendwann brach sie auseinander. Der Laurasis genannte Teil umfaßte die nördlichen Kontinente, und der andere, Gondwanaland genannte Teil, Australien, die Antarktis, Indien, Afrika und Südamerika. Vor 65 Millionen Jahren lösten sich Afrika und Indien ab und ließen die Antarktis sowie dazwischen Australien und Südamerika zurück.
    Schon in einem sehr frühen Stadium der Menschheitsgeschichte begannen die Menschen ihre Umgebung zu erkunden und sich auf immer weiter reichende Wanderschaften zu machen. Sie wurden mit für sie fremden Situationen konfrontiert, und statt sich auf ihre althergebrachten Prinzipien zu verlassen, nahmen sie immer aggressivere Verhaltens- und Handlungsweisen an, um überleben zu können. Je weiter sie sich entfernten, um so mehr veränderte sich ihr Glaubens- und Wertesystem. Irgendwann veränderte sich sogar ihr Äußeres, und sie nahmen im kühleren, nördlichen Klima eine andere Hautfarbe an. Es gibt bei den Aborigines zwar keine Diskriminierung wegen der Hautfarbe, aber sie glauben, daß wir einmal alle dieselbe Hautfarbe hatten und dabei sind, uns diesem Zustand wieder zu nähern.
    Die »Veränderten Menschen« heben sich ihrer Meinung nach durch besondere Eigenschaften hervor: Zum einen sind die »Veränderten« nicht mehr in der Lage, draußen zu leben. Die meisten von ihnen sterben, ohne jemals erfahren zu haben, was für ein Gefühl es ist, nackt im Regen zu stehen. Sie verbringen ihre Zeit in Gebäuden mit künstlich herbeigeführter Hitze und Kälte und erleiden draußen bei normalen Temperaturen einen Sonnenstich.
    Zum zweiten verfügen die »Veränderten« nicht mehr über das gute Verdauungssystem der »Wahren Menschen«. Sie müssen ihr Essen pulverisieren, emulgieren, chemisch behandeln und konservieren. Sie nehmen mehr künstliche als natürliche Nahrung zu sich. Es ist sogar so weit gekommen, daß sie Allergien gegen bestimmte Grundnahrungsmittel und Pollen in der Luft entwickelt haben. Manchmal vertragen die Babys der »Veränderten« nicht einmal mehr die eigene Muttermilch. Das Verständnis der »Veränderten« ist begrenzt, weil sie Zeit nur in bezug auf sich selbst messen. Alles, was über ihr »Heute« hinausgeht, ist ihnen unbegreiflich, und so zerstören sie ihre Lebensgrundlagen ohne Rücksicht auf morgen.
    Doch der größte Unterschied zwischen den Menschen heute und ihrer ursprünglichen Wesensart ist ein Kern aus Angst, der jetzt in ihnen steckt. Die »Wahren Menschen« kennen keine Angst. Die »Veränderten« bedrohen ihre Kinder. Sie brauchen die Polizei und Gefängnisse. Selbst die Sicherheit von Regierungen basiert darauf, daß sie andere Länder mit Waffen bedrohen. Für die Stammesleute ist die Furcht ein Gefühl, das ins Tierreich gehört. Dort spielt sie eine wichtige Rolle im Überlebenskampf. Doch Menschen, die von der Göttlichen Einheit wissen und verstehen, daß dem Universum nicht ein Zufall, sondern ein göttlicher Plan zugrundeliegt, kennen keine Angst. Man kann nur glauben oder Angst haben, niemals beides. Je mehr man besitzt, um so mehr muß man sich auch fürchten. Und irgendwann beginnt man, nur noch für seinen Besitz zu leben.
    Die »Wahren Menschen« erklärten mir, wie absurd es ihnen erschien, als die Missionare darauf bestanden, daß ihre Kinder vor jeder Mahlzeit zwei Minuten lang die Hände falteten und ein Dankgebet sprachen. Sie wachen doch morgens schon mit einem Gefühl der Dankbarkeit auf! Den ganzen Tag über nehmen sie niemals etwas als selbstverständlich hin. Wenn die Missionare ihren eigenen Kindern Dankbarkeit erst beibringen müssen, ein Gefühl, das doch jedem Menschen angeboren ist, sollten sie sich nach Meinung des Stammes erst einmal ihre eigene Gesellschaft genauer anschauen. Vielleicht wird ihre Hilfe dort viel dringender gebraucht. Die Ureinwohner verstehen auch nicht,
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