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Trapez

Trapez

Titel: Trapez
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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du kannst unser lieber Junge sein und wir werden dich alle lieben.
    Aber nicht beides.«
    Mario lachte plötzlich und schnallte sich an. »Du meinst, wir haben uns die Suppe eingebrockt und müssen sie nun auslöffeln.«
    »Tja«, sagte Tommy leise. »So könnte man’s wohl nennen.«
     
    Drei Tage später setzte ein Taxi Tommy und Mario vor dem ›Madison Square Garden‹ ab, der mit Zirkusplakaten vollgeklebt war. Von weitem sahen sie aus wie die, die Tommy gesehen hatte, als er ein Kind war, aber bei näherem Hinsehen konnte Tommy erkennen, dass es sich bloß um eine gute Imitation handelte. Die Farben waren kräftiger, die Zeichnungen besser und ausgereifter. Johnny hatte gesagt, dass der alte Zirkus tot war. Und in gewisser Weise hatte er rech t. Wenn ein modernes Pendant in einer Welt des Kalten Krieges, der Atombomben und des Fernsehens überleben sollte, mu ss ten sie sich ändern.
    Aber einige Dinge würden sich nie ändern… Tommy wu ss te auf eine besondere Weise, dass ihr ganzes Leben ein Kompromi ss sein würde zwisc hen dem, was nicht ver ändert werden konnte, und dem, was verändert werden mu ss te. Und einige Veränderungen – wie zum Beispiel Veränderungen der Gesellschaft, die ihnen gestatten würden, ganz offen das zu sein, was sie beide waren – würden zu spät kommen. In gewisser Weise war es für sie schon zu spät. Ihr Leben war durch das Bedürfnis nach Verschwiegenheit und dem Kampf gegen Kompromisse geformt worden. Zwanzig Jahre später würde Tommy junge Männer sehen können, die in einer freizügigeren Atmosphäre aufwuchsen und das was sie waren von ihrer Kindheit an akzeptieren konnten, und er würde bloß über sie spotten, wie einfach ihnen das Leben gemacht wurde.
    Ohne Notwendigkeit für die Disziplin der Stärke und Verschwiegenheit.
    Im Gebäude standen die Mädchen vom Luftballett zusammen, tranken Automaten-Kaffee aus Pappbechern und sprachen mit piepsigen Stimmen. Fragmente ihrer Gespräche erreichten ihre Ohren. Gespräche, die ihnen sofort verraten hätten, wo sie waren.
    »… und er hat mir gesagt, dass hier am ersten Abend sechs Talentsucher von Broadway-Shows sein würden, die nach Ballettmädchen suchen…«
    »… ist gestürzt und seitlich auf das Drahtseil gefallen und hat jetzt einen zolltiefen Einschnitt in ihren Rippen…«
    »Aus einer Kanone geschossen? Ich hab’ ihm gesagt:
    ›Was glaubst du überhaupt, wer ich bin?‹ Da hat er gesagt: › Süße , solange du in meinem Akt bist…‹«
    »… explodierte ein Blitzlicht in Dinos Augen, gerade als er das Messer losließ und dann hatte ich gleich Blut auf der Bluse. Und das ganze Publikum hat geglotzt, und ich hab’ bloß gesagt, so kühl wie es ging: ›Mach die Nummer zu Ende, ragazzo …‹«
    »… es ist mir egal, ich werde in der Parade nicht auf einem Elefanten reiten. Ich kriege davon Asthma und ich habe ein ärztliches Attest, um es zu beweisen…«
    Ein paar der Frauen verdrehten ihre Köpfe, als sie sie das Foyer entlanggehen sahen, und Tommy hörte aus den gemurmelten Gesprächen … »Santellis… der neue Parrish-Film«. Jemand flüsterte sogar: »Sieht der Rotschopf nicht gut aus?« Aber er war daran gewöhnt und wu ss te, dass früher oder später unter den Gerüchten jemand anders flüstern würde – »Vergeude mit dem nicht deine Zeit.« Die Mädchen im Luftballett und die Showgirls wu ss ten immer alles.
    Ein Mann im Overall durchquerte eilig das Foyer mit einem Kaninchen unter einem Arm und einem Eimer Farbe unter dem anderen. Mitten in der Halle überprüfte ein Mann auf einem Klappstuhl eine scheinbar endlose Liste auf einem meterlangen Blatt Papier. Ein sehr dicker Mann schraubte ein Mundstück in irgendein Blasinstrument.
    Hinter drei Paar breiten Schwingtüren kam ein Wirrwarr von Geräuschen hervor: Wiederholte Pfiffe, ein gelegentliches Tröten, als ob ein Orchester gestimmt wurde, jemand mit einem ausgeprägten französischen Akzent, der monoton zählte: ein, swai, ein, swai, allez-hop!« Und von irgendwo kam das einzigartig schrille Geräusch eines trompetenden Elefanten.
    Die Manege war aufgebaut worden und dort, wo die Hauptmanege sein sollte, wurde ein Trapez aufgebaut.
    Johnny stand am Fuß d es Aufbaus – man konnte ihn so gar aus dieser Entfernung an seinem blonden Haar und der dunklen Brille erkennen – , er hatte die Hände in den Taschen, sein Kopf war zurückgeworfen und er rief: »Nicht so, du Idiot. Verdammt, soll ich raufkommen, und es selbst machen? Glaub ja
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