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Trapez

Trapez

Titel: Trapez
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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wiederzusehen«.
    »Die Stadt ist noch da, wie ich sehe.«
    »Nee, nee, weggeweht beim letzten Wirbelsturm«, sagte Nancy Marlin. Sie war in diesem Jahr grö ss er als Tommy und trug ihr Haar kurzgeschnitten. Er fand, es sah so besser aus als mit Zöpfen. »Was hast du den ganzen Sommer gemacht?« fragte sie.
    »Nur herumgereist wie immer. Was habt ihr gemacht?«
    »Hauptsächlich für Football im Herbst trainiert«, sagte Jeff, »und es gibt in der Stadt ein neues Schwimmbad.
    Gehst du hier diesen Winter wieder zur Schule?«
    »Ich weiß nicht, ich glaube nicht; Dad sagt, es ist hier zu trocken für die Raubkatzen.«
    »Schade! Ich dachte, wir könnten zusammen Football spielen«, sagte Jeff. »Du bist klein, aber du bewegst dich gut.« Er sah über die Seilabsperrung auf das Treiben hinter dem Zirkusplatz. »Was passiert denn da hinten alles?«
    »Wollt ihr reinkommen und euch umsehen?« bot Tommy an.
    »Dürfen wir denn?« fragte Nancy.
    Einige Jugendliche wurden von der Absperrung zurückgedrängt, aber Tommy sagte mit einem Anflug von Arroganz: »Klar dürft ihr, wenn ich dabei bin.« Er hatte sich fest vorgenommen, um Erlaubnis zu fragen. Jeff und Nancy sahen immer noch skeptisch aus, als Tommy sie zur Absperrung führte, aber als der Mann dort ihn erkannte, nickte und ihnen gestattete unter dem Seil durchzuschlüpfen, wich die Skepsis einem respektvollen Grinsen.
    Tommy brachte sie zuerst zu dem Wohnwagen seiner Eltern, um seiner Mutter ›Guten Tag‹ zu sagen und führte sie dann auf dem Platz und in der Manege herum, die schon für die Vorstellung aufgebaut war. Sie wollten alles sehen, waren auf alles neugierig, und während er ihre Fragen beantwortete, fühlte Tommy, wie die vielen Enttäuschungen dieses Morgens langsam verschwanden.
    Es tat gut, mit Respekt betrachtet, bewundert, und nicht ungefragt herumkommandiert zu werden.
    »Bist du in der Show?« fragte Nancy. »Ich werd’ nach dir Ausschau halten in der Parade, dem großen Marsch oder wie ihr das nennt.«
    »Spec. Das ist die Abkürzung für spectacle«. Tommy begann, ihnen über den Dschungelwagen zu erzählen, erinnerte sich dann aber daran, dass er in einem Luftakt war, wenn auch nicht mit den Fliegern. Er deutete auf die schwingenden Leitern des Luftballetts.
    »Ich bin im Vertikalseilakt, nicht immer, aber eins der Mädchen hat sich den Fuß verletzt, und ich springe für sie ein. Deshalb trage ich eine Perücke.«
    »Da oben?« Sie waren offensichtlich beeindruckt. »Wie kommst du da rauf?«
    »Man muss nur das Seil hochklettern.« Sie verstanden ihn nicht, also wiederholte er es: »Das Seil da rauf. Wie in der Sporthalle. Es ist leicht – ich wette, du könntest es, Nancy. Viele der Mädchen in der Nummer sind ungefähr in deinem Alter.«
    »Ich hätte Angst«, sagte sie und sah ihn mit Ehrfurcht an. Jeff schien ebenfalls beeindruckt zu sein.
    Tommy ergriff das Seil und kletterte hinauf. Einer der Arbeiter, der am anderen Ende der Manege das Trapez aufbaute, kam herüber und rief: »Hey, Kinder, bleibt vom Trapez weg! Oh, du bist es, Tommy. O.k., aber die anderen bleiben unten, hast du mich verstanden?«
    »Ist gut, Bill. Ich habe ihnen nur gezeigt, wie einfach es ist«, sagte Tommy. Er schaukelte kopfüber in der kleinen Metall l eiter im Kreis und hing an seinen Fersen.
    »Bitte komm runter«, bat Nancy mit dünner Stimme.
    »Mir wird ganz schwindelig vom Zusehen.«
    Tommy rutschte das Seil hinunter. »So sieht das ganz einfach aus«, bemerkte Jeff, aber er klang beeindruckt.
    »Ich habe nicht gewu ss t, dass du ein Artist bist, Luftakrobat oder so.«
    »Das ist kein echter Luftakt«, sagte Tommy spöttisch, »aber ich habe den ganzen Sommer mit den ›Flying Santellis‹ gearbeitet.« Er führte sie hinüber zum hohen Flugtrapez. »Ich sollte mit ihnen heute Abend auftreten, aber sie haben mich eben für den Vertikalseilakt gebraucht.«
    »Ach komm«, höhnte Jeff, »du, da oben?« Er sah ehrfurchtsvoll zu der schwindelerregenden Höhe der Strickleiter hinauf. »Du? Ganz da oben?«
    »Klar«, sagte Tommy, aber merkte plötzlich, dass sie ihm nicht glaubten. Es war seine erste Erfahrung damit, dass die Wahrheit – wie sehr man sie auch beteuert – wie eine Lüge klingen kann. Er war fast erleichtert, als es Zeit war, sie nach vorn zu ihren Plätzen zu bringen und sich für die Eröffnung umzuziehen.
    Als das Luftballett dran war, fühlte er sich sicherer. Er wu ss te, dass die Perücke nicht herunterfallen würde, wenn er sich drehte
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