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Trapez

Trapez

Titel: Trapez
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Abrupt hörte sie auf, drückte seine Hand und ließ los. »Okay, wir sind dran«, sagte sie und lief zum Trapezaufbau.
    Als er und die neun Mädchen unter den Seilen und Leitern ausschwärmten, warf Tommy einen schnellen Blick ins Publikum. Die Sonne schien ihm voll ins Gesicht, als er am Seil zu dem sternförmigen Metallkreis fünf Meter über ihm hinaufkletterte.
    Bis zu dem Trommelwirbel und dem prasselnden Applaus sechs Minuten später, als sie alle wieder unten waren, hatte Tommy keine Zeit, darüber nachzudenken, wie er sich fühlte. Als sie aus der Manege herauskamen, stolperte er über eins der Bänder der Ballettschuhe und fiel auf einen Clown, der ihn wieder zurückschubste. Wieder am Artisteneingang klopfte Margot ihm schnell auf die Schulter und sagte: »Gut gemacht, pa ss nur nächstes Mal ein bi ss chen besser auf den Takt auf«, und lief zum Balanceakt hinüber, der sich an der Hintertür aufstellte.
    Tommy ging, um sich das rosa Kostüm und die Perücke auszuziehen.
    Er trat in der Abendvorstellung noch einmal auf, und später, als die Arbeiter die Show abbauten und für die lange Reise nach San Angelo bereitmachten, klopfte Margot an die Tür des Wohnwagens der Zanes. Es war innen dunkel, weil das Stromkabel für den Generatorwagen schon abgehängt war. Im Licht einer Kerosinlampe half Tommy seiner Mutter, Geschirr in die Schränke zu stellen.
    »Komm rein, Margot«, forderte Beth Zane sie auf. »Es ist noch ein bi ss chen Kaffee übrig – er muss alle werden, sonst wird er weggeschüttet.« Sie schenkte etwas davon in einen Pappbecher.
    Margot schlürfte den bitteren, schwarzen Kaffee. »Ich möchte Tommy im Luftballett haben, bis Betsy wieder gesund ist. Ich will zusehen, dass er auch etwas bezahlt bekommt.«
    »Tante Marge«, platzte Tommy heraus, »ich sollte morgen mit den Santellis in San Angelo auftreten, weißt du nicht mehr?«
    »Wir brauchen dich und sie nicht. Ich werde mit Tonio sprechen.«
    »Mutter …«, rief Tommy, aber Beth stand mit dem Rücken zu ihm und spülte die Kaffeekanne. »Tu, was dir gesagt wird, Tom Junior.«
    »Jawohl«, sagte er niedergeschlagen. Es gab nichts mehr zu sagen.
     
    San Angelo sah kleiner aus als letztes Jahr, als sie die Show auf dem Rodeoplatz außerhalb der Stadt aufgebaut hatten, dreckiger, staubiger, trostloser. Tommy konnte sich nur schwer vorstellen, dass er tatsächlich hier gewohnt hatte, von Oktober bis Mai letzten Jahres, hier zur Schule gegangen war, die Straßen kannte, Fremde kennengelernt hatte. Jetzt war es nur irgendeine Stadt.
    Die Santellis waren früh gekommen, um den Aufbau ihres Trapezes zu überwachen. Angelo war oben auf dem Trapez und überprüfte die Spannseile mit einer Wasserwaage, aber Mario, der das Netz mit der altbewährten Methode des Aufund Abspringens überprüfte, hörte mittendrin auf, um ihm Guten Morgen zu sagen.
    »Hey, was ist los, Kleiner ? Du siehst aus, als hättest du ‘ne Mark verloren und ‘nen Groschen gefunden.«
    Tommy erzählte ihm, was Margot gesagt hatte, und Mario schüttelte den Kopf.
    »Pech!«
    »Ja, ich wollte so gern …«
    »Ich meine, Pech, dass Betsys Fuß kaputt ist, du Hammel! Es gibt doch noch mehr Städte. Ich spreche mit Papa Tony, aber es ist wahrscheinlich zu viel, zweimal in einer Vorstellung aufzutreten. Du hast noch viel Zeit.«
    Er muss die bittere Enttäuschung in Tommys Gesicht gesehen haben, denn er fügte mit ungezwungener Freundlichkeit hinzu: »Klar, es ist wahrscheinlich auch Pech für dich. Aber auch wenn du nicht vor dem nächsten Jahr anfängst, können wir dich immer noch als jüngsten Luftakrobaten in Amerika ankündigen. Hey, Angelo«, rief er, »glaubst du, dass wir Tommy als jüngsten Luftakrobaten der Vereinigten Staaten rausbringen können?«
    »Auf keinen Fall«, rief Angelo herunter. »Die Truppe in Bloomington hat einen neunjährigen Flieger.«
    »So jung bin ich ja nun auch nicht«, sagte Tommy gereizt.
    »Nein, und Josie ist auch nicht der älteste Zirkuselefant in Amerika. Aber es macht sich gut auf den Plakaten.
    Hey, deine Nummer wartet auf dich. Hau ab«, sagte er noch, drehte sich um, und Tommy, der noch mit seinem Zorn kämpfte, lief hinüber, um mit dem Vertikalseilakt zu proben.
    Vor der Nachmittagsvorstellung, als die Zuschauer darauf warteten, dass die Kasse öffnete, ging Tommy nach draußen , um seine Freunde zu suchen. Er sah sie von weitem und rief, als er unter der Seilabsperrung durchkroch: »Jeff, Nancy! Hier!«
    »Hi, Tommy! Schön dich
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