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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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zu kleinen Bächlein zusammen, und im Innern der Möbel schien dann leuchtendes, blaßgrünes, mit rosigen Reflexen vermischtes Blut zu kreisen.
    »Warum setzt du dictt nicht?«
    Sie selbst stand tiefer. Der Sessel öffnete sich, um mich aufzunehmen. Ich konnte das nicht leiden. Diese Glasur war keine Glasur - ich hatte den Eindruck, auf luftgefüllten Kissen zu sitzen. Und als ich hinuntersah, konnte ich durch die dicke gebogene Platte meines Sitzes undeutlich den Fußboden sehen.
    Als ich hereinkam, schien mir die Wand gegenüber der Tür aus Glas zu sein; ich meinte dort ein zweites Zimmer mit irgendwelchen Menschen zu erblicken, als ob da ein Empfang stattfände,
    nur waren die Menschen unnatürlich groß. Plötzlich begriff ich, daß ich vor mir einen vollwandigen Fernsehschirm hatte. Der Ton war abgeschaltet; jetzt, im Sitzen, sah ich ein riesiges Frauengesicht, genauso, als ob diese dunkelhäutige Riesin durchs Fenster ins Zimmer schaute; ihre Lippen bewegten sich, sie sprach, und die Juwelen - groß wie die Schilde von früheren Kriegern -, die ihre Ohrläppchen bedeckten, funkelten von Brillanten.
    Ich rückte mich etwas in meinem Sessel zurecht. Das Mädchen, eine Hand an der Hüfte - ihr Bauch sah tatsächlich wie eine Skulptur aus lazurfarbigem Metall aus -, sah mich aufmerksam an. Sie machte nicht mehr den Eindruck einer Betrunkenen. Vielleicht kam es mir vorhin auch nur so vor.
    »Wie heißt du?« wollte sie wissen.
    »Bregg. Hal Bregg. Und du?«
    »Nais. Wie alt bist du?«
    >Eigenartige Sitten<, dachte ich. >Doch was hilft’s - anscheinend ist es so üblich.<
    »Vierzig. Wieso?«
    » Nichts. Ich dachte, du wärest hundert.«
    Ich lächelte.
    »Kann ich gerne sein, wenn dir daran liegt.« - >Das Ulkigste dabei wäre<, dachte ich, >daß es wahr ist.<
    »Was möchtest du haben?«
    »Zum Trinken? Danke, nichts.«
    »Wie du willst.«
    Sie trat an die Wand, wo sich etwas wie eine kleine Bar öffnete. Sie verdeckte diese Oeffnung. Als sie sich dann umdrehte, trug sie ein kleines Tablett mit Bechern und zwei Flaschen. Sie drückte leicht auf die eine Flasche und schenkte mir einen vollen Becher ein - die Flüssigkeit sah ganz nach Milch aus.
    »Danke«, sagte ich, »für mich nicht… «
    »Ich gebe dir doch nichts!« staunte sie.
    Ich verstand, daß ich einen Fehler machte, ohne zu wissen, was für einen, brummte also nur etwas und nahm den Becher. Sie selbst schenkte sich aus der anderen Flasche ein. Die Flüssigkeit war ölig, farblos, prickelte leicht unter der Oberfläche und wurde zugleich dunkler, wie infolge eines Kontakts mit der Luft.
    Sie setzte sich, berührte ihr Glas mit den Lippen und fragte wie von ungefähr: »Wer bist du?«
    »Kol«, antwortete ich. Ich hob meinen Becher hoch, als wollte
    ich ihn betrachten, diese Milch hatte aber keinen Geruch. Ich rührte das Getränk nicht an.
    »Nein, im Ernst«, sagte sie. »Du dachtest wohl, ich wollte schummeln, wie? Ach, wo. Es war ja nur ein Kals. Ich war mit der Sechs, weißt du, aber es wurde so unheimlich öde. Das Pflu-gen taugte nichts und überhaupt… ich wollte gerade gehen, als du dich an den Tisch gesetzt hast.«
    Irgend etwas davon begriff ich bereits: ich hatte mich wahrscheinlich ungewollt an ihren Tisch gesetzt, als sie nicht da war, vielleicht tanzte sie da gerade? Ich schwieg diplomatisch.
    »Von weitem sahst du so…«, sie konnte dafür keine entsprechende Bezeichnung finden.
    »Solide?« half ich. Ihre Lider zuckten. Hatte sie wohl auch darauf eine metallische Haut? Nein, es war wohl Schminke.
    Nun hob sie den Kopf: »Was heißt das?«
    »Nun - e… hmm - vertrauenswürdig…«
    »Du sprichst so komisch. Von wo bist du?«
    »Von weit her.«
    »Mars?«
    »Weiter.«
    »Fliegst du?«
    »Ich bin geflogen.«
    »Und jetzt?«
    »Nichts. Kam zurück.«
    »Wirst du wieder fliegen?«
    »Ich weiß nicht. Wohl kaum.«
    Das Gespräch versandete irgendwie. Mir schien, daß das Mädchen ihre etwas leichtsinnige Einladung bereits bereute, und ich wollte ihr die Sache leichter machen.
    »Soll ich vielleicht schon gehen?« fragte ich. Das nicht angerührte Getränk hielt ich immer noch in der Hand.
    »Warum denn?« staunte sie.
    »Ich dachte, das würde dir.., zusagen.«
    »Nein«, sagte sie, »du meinst - nein, wieso?… Warum trinkst du denn nicht?«
    »Ich trinke schon.«
    Es war doch Milch. Um diese Zeit, unter diesen Umständen ! Ich war so verblüfft, daß sie es merken mußte.
    »Wie - ist er etwa schlecht?«
    »Die… diese Milch…«,

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