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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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sagte ich. Ich mußte dabei das Gesicht eines Vollidioten gehabt haben.
    »Wie? Was für Milch? Es ist doch Brit…«
    Ich seufzte nur. »Hör zu, Nais… ich gehe wohl wirklich. Ja. So wird es besser sein.«
    »Aber warum hast du denn getrunken?« fragte sie.
    Ich sah sie schweigend an. Die Sprache selbst hatte sich nicht einmal so sehr verändert - nur verstand ich rein nichts davon. Nichts. Sie haben sich geändert.
    »Wie du willst«, meinte sie schließlich. »Keiner hält dich. Ja, aber jetzt…« Sie wurde verwirrt. Trank ihre Limonade -wie ich in Gedanken ihr prickelndes Getränk nannte -, und ich wußte wieder einmal nicht, was ich sagen sollte. Wie schwierig das alles doch war!
    »Erzähle mir von dir«, schlug ich vor, »willst du?«
    »Gerne. Und wirst du mir später auch von dir erzählen?«
    »Ja.«
    »Ich bin an der Kawut, das zweite Jahr schon. Aber in der letzten Zeit ließ ich mich etwas gehen, plastete nicht regelmäßig und.., ha, eben so. Meine Sechs ist Uninteressant. Und so im Ernst… habe ich keinen. Komisch…« »Was denn?«
    »Daß ich keinen habe…«
    Wieder dieses Dunkel. Von wem sprach sie da? Wen hatte sie nicht? Eltern? Liebhaber? Freunde? Abs hatte doch recht, daß ich ohne acht Monate im ADAPT nicht auskommen würde. Aber jetzt wollte ich noch viel weniger als vorher zerknirscht zurück in die Schule.
    »Und weiter?« fragte ich, und da ich den Becher immer noch in der Hand hielt, nahm ich wieder einen Schluck von dieser Milch. Nais Lippen umspielte eine Art spöttisches Lächeln. Sie trank ihren Becher bis zur Neige aus, faßte mit der Hand die flaumige Bedeckung ihrer Schulter an und zerriß sie - knöpfte sie nicht auf, zog sie nicht aus, sondern riß sie einfach herunter und ließ die Fetzen, wie Unrat,.aus ihren Fingern fallen.
    »Schließlich kennen wir uns ja ein wenig«, sagte sie. Sie schien freier zu werden. Lächelte. Manchmal wurde sie wunderschön, besonders wenn sie blinzelte und ihre heruntergezogene Unterlippe glitzernde Zähne sehen ließ. Ihr Gesicht hatte etwas ~gyp-tisches. Eine ägyptische Katze. Das Haar mehr als nur schwarz
    - und als sie den Pelzflaum von ihren Schultern und der Brust
    herunterriß, sah ich, daß sie durchaus nicht so mager war, wie es zuerst schien. Warum aber zerriß sie das Kleid?… Sollte das etwas bedeuten? »Du wolltest erzählen!« meinte sie und sah mich über ihren Becher an.
    »Ja«, sagte ich und spürte ein solches Lampenfieber, als ob von meinen Worten weiß Gott was abhängen würde. »Ich… ich war ein Pilot. Das letzte Mal war ich hier.., erschrick bloß nicht!« »Nein. Sprich!«
    Ihre Augen waren aufmerksam und glänzend.
    »Vor einhundertsiebenundzwanzig Jahren. Ich war damals dreißig Jahre alt. Die Expedition… ich war Pilot der Expedition nach Fomalhaut. Eine Entfernung von dreiundzwanzig Lichtjahren. Hin und zurück flogen wir einhundertsiebenundzwanzig Jahre Erdzeit und zehn Jahre Bordzeit. Vor vier Tagen kehrten wir zurück… Der >Prometheus< - mein Schiff - blieb auf der Luna. Heute bin ich von dort gekommen. Das ist alles.«
    Sie sah mich an. Sagte nichts. Ihre Lippen bewegten, öffneten, schlossen sich wieder. Was lag wohl in ihren Augen? Staunen? Bewunderung? Angst?
    »Warum sagst du denn nichts?« fragte ich. Ich mußte mich räuspern.
    »Ja… also wie alt bist du wirklich?«
    Ich mußte lächeln; doch war es kein nettes Lächeln.
    »Was heißt da - wirklich? Biologisch bin ich vierzig, aber nach irdischer Zeitrechnung einhundertsiebenundfünfzig… «
    Langes Schweigen und plötzlich: »Gab es dort Frauen?«
    »Warte mal«, sagte ich. »Hast du etwas zum Trinken?«
    »Wieso?«
    »Etwas Giftiges, weißt du. Etwas Starkes. Alkohol… oder wird der nicht mehr getrunken?«
    »Aeußerst selten…«, antwortete sie ganz leise, so als wären ihre Gedanken ganz woanders. Ihre Hände fielen langsam nach unten, berührten das metallische Blau ihres Kleides.
    »Ich werde dir… >Anghen< geben, willst du? Ach, ja, du weißt ja nicht, was das ist?«
    »Nein. Ich weiß es nicht«, antwortete ich mit einer unerwarteten Halsstarrigkeit. Sie ging zur Bar und kam mit einer kleinen, bauchigen Flasche wieder. Sie goß mir ein. Es war etwas Alkohol darin- nicht viel- und noch etwas - der Geschmack war eigener-tig, herb.
    »Sei bitte nicht böse«, sagte ich, indem ich meinen Becher austrank, und goß mir zum zweiten Male ein.
    »Ich bin nicht böse. Du hast nicht geantwortet, vielleicht magst du nicht?«
    »Warum denn? Ich

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