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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sonja Ullrich
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Geschäft auf, haben
sie uns beide am Arsch.«
    Eine Gänsehaut
krabbelte über meinen Nacken. Endlich war der Groschen gefallen: Metin fürchtete
nicht, dass ich mich in seine Angelegenheiten einmischen und etwas mehr Kohle abgreifen
könnte, sondern dass ich ihm unabsichtlich die Bullen auf den Hals hetzte – was
keine übertriebene Sorge war, da ich früher öfter mit denen in Kontakt stand; wenn
auch eher unfreiwillig.
    Ich nickte
zum Zeichen, dass ich verstand, doch der Türke sträubte sich immer noch. Die Sache
mit der Bullenfreundin schien ihm immer noch quer im Magen zu liegen. Die Falten
zerbeulten seine Stirn besorgniserregend und mir schien es, als würde er in seinem
Kopf gegen etwas ankämpfen, was bei normalen Menschen vermutlich das Gewissen war.
»Das hier ist wie in ›Matrix‹, Lange. Blaue Pille, rote Pille. Geh durch die Tür
und es gibt kein Zurück mehr. Du willst es unbedingt wissen, aber dann steckst du
bis über beide Ohren mit drin.«
    Ich nickte
heftig. Allmählich wurde ich ungeduldig.
    Endlich
stopfte Metin seine Faust in die graue Stoffhosentasche und zog einen einzelnen,
dünnen Schlüssel heraus. Er schien übermäßig erleichtert. »Los geht’s. Gehen wir
in den Keller. Das wird super, sag ich dir.«

4.
     
    Die Voedestraße war geschätzte 900
Meter lang und bunt vermietet. Vorwiegend wohnte man auf ihr, aber es gingen auch
halbe Erwachsene zur Hauptschule sowie Erkrankte ins Martin-Luther-Krankenhaus,
wenn eine Innerei oder der Verstand zurechtgerückt werden musste. Das Ladenlokal
der Detektei war drei Steinwürfe vom August-Bebel-Platz entfernt und maß über Tage
kaum mehr als 40 Quadratmeter. Das Kellergewölbe darunter erstreckte sich allerdings,
wie ich erfahren musste, bis weit in das Hofgelände der Nachbarhäuser hinein. Mir
schien, als hätte Metin einen Schacht der Zeche Holland entdeckt und in Beschlag
genommen.
    Die Luft
unter der Erde war warm und zäh. Es war anstrengend, sie zu durchschreiten. Sie
roch nach morschem Holz und Friedhof. Licht flackerte aus ein paar vergitterten
25-Watt-Birnen von der Decke und verlor sich irgendwo auf Augenhöhe im Halbdunkel.
Die Konturen von Möbeln wurden wie fette Lidstriche auf das graue Gemäuer gemalt.
Plötzlich rauschte es in meinen Ohren und die Schwere der Luft wurde von Feuchtigkeit
zerschnitten. Metin betätigte den Aufputz-Drehschalter unmittelbar neben sich und
zahllose 100-Watt-Birnen flammten auf, die mir in der Schwärze gar nicht aufgefallen
waren. Ich war geblendet und blinzelte, doch meine Augen gewöhnten sich schnell
an die Helligkeit. Endlich bekam ich das ganze Ausmaß des Kellers zu Gesicht.
    Ich schätzte
ihn auf 100 Meter Länge und 20 Meter Breite. Die Wände waren aus wuchtigen quadratischen
Steinen geziegelt. Der Putz war über die Jahrzehnte abgebröckelt und deckte nur
hie und da ein paar Fugen ab. Auf dem ungleichmäßigen Estrich war ein grüner Filzteppich
verlegt. Er war kaum zwei Meter breit, maß in der Länge aber die vollen 100 Meter
bis in einen schwarznebeligen Schlund hinein und teilte den Raum wie einen Hausflur.
Links und rechts des Filzes schienen zahllose antiquarische Schrankkombinationen
über die Jahrzehnte aus dem Boden gewachsen zu sein. Jedes Möbel ein Individuum,
fünf oder fünfzig Jahre alt, Nussbaum oder Kiefer, Antiquität bis Sperrmüll. Sämtliche
Türen und Wände waren herausgerissen worden, in den Regalen quetschten sich Schachteln,
Kisten, Dosen und Töpfe aneinander. Ich konnte nicht genau erkennen, was sich in
darin befand, auf den ersten Blick sah es so aus, als quollen Lappen oder Fensterleder
aus den Behältern heraus. Das Rauschen, das ich zuvor vernommen hatte, entpuppte
sich als Sprühwasser von Sprinkleranlagen der Marke Eigenbau. Ihre Schläuche wanden
sich wie Nattern das Gemäuer entlang, ihre Enden spien pulverigen Wasserdunst auf
das Mobiliar. Zwangsläufig faulte das Holz an manchen Stellen, an den Wänden rannen
trübe Rinnsale hinab.
    Ich trat
an den nächstbesten Schrank heran. Der moderige Duft alter Kartoffeln stieg mir
in die Nase. Jetzt erkannte ich es: Das waren keine Lappen. Auch kein Fensterleder.
    »Pilze?«
    »Zauberpilze«,
entgegnete Metin stolz.
    Ich glotzte
ihn an. »Das ist alles? Deswegen machst du so ein Riesenbohei?«
    Er wirkte
beleidigt. »Da sind Halluzinogene drin. Psilo-irgendwas. Die sind in Deutschland
und Holland illegal. Machen einen bunten Trip.«
    »Wie können
Pilze denn illegal sein? Die wachsen doch
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