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Träum süß, kleine Schwester

Träum süß, kleine Schwester

Titel: Träum süß, kleine Schwester
Autoren: Mary Higgins Clark
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verdienen könnte, aber er will nicht, daß jemand mit mir flirtet.« Loretta rieb ihre Hand an der Theke und schüttelte den Kopf. »Kannst du dir vorstellen, daß Jimbo nach fünfundzwanzig Ehejahren noch immer glaubt, daß jeder Mann auf der Welt auf mich scharf ist? Natürlich schmeichelt es mir, aber es kann einen auch ganz schön nerven.« Sie seufzte tief. »Jimbo ist der leidenschaftlichste Mann, den ich je gekannt habe, und das will was heißen.
    Aber wie meine Mutter immer gesagt hat, ist eine gute Nummer im Bett noch besser, wenn zwischen Federn und Matratze eine volle Brieftasche liegt.«
    »Das hat deine Mutter gesagt?« Diese Lebensweisheit stimmte Ernie nachdenklich. Er nahm seinen vierten Seagrams mit Seven-Up in Angriff.
    Loretta nickte. »Sie war immer gut gelaunt, aber sie nahm sich auch kein Blatt vor den Mund. Hol’s der Teufel. Vielleicht gewinne ich eines Tages in der Lotterie.«
    Die Versuchung war zu groß. Ernie glitt so rasch, wie es seinem dicken Körper möglich war, über die beiden freien Barhocker. »Zu schade, daß du nicht mein Glück hast«, flüsterte er.
    Während Lou, der Barmann, »Letzte Bestellung, Leute!«
    brüllte, klopfte sich Ernie genau über seinem Herzen auf die massive Brust.
    »Wie man so sagt, Loretta, sind manche auserwählt. Bei der Weihnachts-Sonderziehung gab es sechzehn Gewinnlose. Eines von ihnen ist mit einer Sicherheitsnadel an meiner Unterwäsche befestigt.«
    Ernie fiel auf, daß seine Zunge sich schwer anfühlte.
    Seine Stimme sank zu einem verstohlenen Flüstern herab.
    » Zwei Millionen Dollar. Was sagst du dazu?«
    Loretta ließ ihre Zigarette fallen und auf der Kummer gewohnten Theke unbeachtet weiterglimmen.
    » Du machst Witze! «
    »Mach ich nicht!« Jetzt strengte ihn das Sprechen wirklich an. »Wilma und ich setzen immer die gleiche Zahl, 1-9-4-7-5-2. 1947, weil es das Jahr war, in dem ich von der High School abging. Zweiundfünfzig, das Jahr, in dem Wee Willie (Wee = winzig) zur Welt kam.« Sein triumphierendes Lächeln ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er die Wahrheit sagte. »Das Verrückte daran ist, daß Wilma es noch gar nicht weiß. Sie ist bei ihrer Schwester Dorothy auf Besuch und kommt erst morgen zurück.« Ernie suchte seine Brieftasche und verlangte gleichzeitig die Rechnung. Als er schwankte, weil der Fußboden plötzlich schief schien, kam Lou hinter der Theke hervor und beobachtete ihn. »Du wartest hier, Ernie«, befahl er. »Du bist blau. Sobald ich dichtgemacht habe, fahre ich dich nach Hause. Du mußt deinen Wagen stehenlassen.«
    Ernie machte sich beleidigt auf den Weg zur Tür. Lou deutete doch tatsächlich an, daß er betrunken war. Der Kerl hatte Nerven. Ernie öffnete die Tür zur Damentoilette und bemerkte seinen Irrtum erst, als er sich in der Kabine befand.
    Loretta glitt vom Barhocker und sagte schnell:
    »Ich setze ihn ab, Lou. Er wohnt nur zwei Häuserblocks von mir entfernt.«
    Lou runzelte die Stirn. »Jimbo wird nicht damit einverstanden sein.«
    »Dann erzähl es ihm nicht.« Sie sahen zu, wie Ernie unsicher aus der Damentoilette herausschwankte. »Glaubst du wirklich, daß er einen Annäherungsversuch unternehmen wird?« fragte sie verächtlich.
    Lou gelangte zu einem Entschluß. »Du tust mir damit einen Gefallen. Aber erzähl es Jimbo nicht. «
    Loretta stieß ihr widerliches Ha-ha-Gebrüll aus.
    »Glaubst du, daß ich meine neuen Jackettkronen riskiere? Ich muß sie noch ein Jahr lang abstottern.«
    Ernie vernahm undeutlich irgendwo hinter sich Stimmen und Gelächter. Er fühlte sich plötzlich elend. Das bunte Muster des verfliesten Bodens begann zu tanzen, so daß sich wirbelnde Punkte vor seinen Augen drehten und ihm übel wurde. Jemand packte seinen Arm. »Ich werde dich absetzen, Ernie.« Durch das Dröhnen in seinen Ohren erkannte er Lorettas Stimme.
    »Verdammt nett von dir, Loretta«, murmelte er.
    »Wahrscheinlich habe ich zu ausgiebig gefeiert.«
    Ihm wurde undeutlich bewußt, daß Lou etwas von einem Weihnachtsdrink auf Kosten des Hauses sagte, nachdem er seinen Wagen geholt hatte.
    In Lorettas altem Bonneville Pontiac lehnte er den Kopf an die Rücklehne und schloß die Augen. Erst als Loretta ihn wachrüttelte merkte er, daß sie seine Auffahrt erreicht hatten. »Gib mir deinen Schlüssel, Ernie. Ich helfe dir ins Haus.«
    Sie legte sich seinen Arm über die Schultern und stützte ihn den Weg entlang. Ernie hörte, wie der Schlüssel im Schloß gedreht wurde und fühlte, wie sich seine
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