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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen
Autoren: Brenda Novak
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wieder mit ihm ins Bett zu gehen. Das war das größte Problem von allen.
    Wieder klingelte es.
    Offenbar hatte er
wirklich
keine Zeit …
    “Ich komme!” Sie riss die Tür auf. Aber da stand nicht George, sondern ein Junge mit grauen Augen, Sommersprossen im Gesicht und wirren blonden Haaren, die nur mühsam von einer Baseballmütze im Zaum gehalten wurden.
    “Oh, hallo”, sagte sie überrascht.
    Er sah zu ihr auf und sagte: “Tag.”
    Sie wartete, aber mehr kam nicht.
    “Was kann ich für dich tun?”
    “Soll ich den Rasen mähen? Für fünf Dollar?”
    Grace blickte ihn erstaunt an. “Bist du denn schon alt genug, um ganz allein einen Rasenmäher zu bedienen?”
    So wie er sie jetzt ansah, war klar, dass er Zweifel an seinen Fähigkeiten nicht zu schätzen wusste. “Für Evonne hab ich den Rasen auch gemäht”, sagte er beleidigt.
    Jahrelang war Grace Tag für Tag mit dem Fahrrad zu Evonne gekommen und hatte für sie kleine Aufträge erledigt. Wahrscheinlich hätte sie all das auch sehr gut allein erledigen können, aber auf diese Weise konnte sie Grace regelmäßig etwas zustecken, ein paar Pfirsiche oder ein Glas mit eingelegtem Gemüse oder dann und wann auch ein paar Dollar.
    Grace’ Familie hatte jeden Cent gebrauchen können. Vor allem, nachdem Irene beschlossen hatte, Clay aufs College zu schicken.
    “Ich spare nämlich”, fügte der Junge hinzu.
    Grace lächelte ihn an. “Worauf denn?”
    Er zögerte. “Das ist noch geheim.”
    “Oh.” Sie musterte ihn. Er trug schmutzige Turnschuhe, Bluejeans, die an den Knien durchgescheuert waren, und ein übergroßes T-Shirt. Er sah ziemlich schmuddelig aus, aber wahrscheinlich hatte er sich heute Morgen alles ganz frisch angezogen. Es war nicht möglich, von seinem Erscheinungsbild darauf zu schließen, ob sich jemand gut um ihn kümmerte oder nicht. “Wie alt bist du denn?”, fragte sie.
    “Acht.”
    Jünger, als sie gedacht hatte, er sah eher aus wie neun. “Wohnst du in der Nachbarschaft?”
    Er nickte.
    “Ich verstehe. Tja. Da sich niemand aus Evonnes Familie um den Rasen kümmert, musst du das jetzt wohl tun.”
    Anstatt sie nun anzustrahlen, wie sie es erwartete, drehte er sich nun um und begutachtete den Garten. Dann kratzte er sich am Haaransatz unter seiner Kappe, als wäre er schon zwanzig Jahre älter, und fragte: “Soll ich gleich damit anfangen?”
    “Das Gras ist noch ziemlich kurz.”
    Er dachte nach. Es passte ihm gar nicht, dass er eine so gute Gelegenheit verpasst hatte. “Ich könnte auch Unkraut jäten.”
    “Für fünf Dollar?”
    “Aber nicht, wenn ich auch noch den Garten hinterm Haus machen muss.”
    Dieser Teil des Gartens war wirklich sehr weitläufig und ziemlich vernachlässigt. “Wie wär’s, wenn du dir nur die Beete vornimmst?”
    “Krieg ich dann auch noch einen Keks dazu?”
    Sie hätte am liebsten laut losgelacht, riss sich aber zusammen. Wenn sie ihn nicht ernst nahm, war er wahrscheinlich tödlich beleidigt. “Du verhandelst ja ganz schön hart.”
    “Ist doch nur ein Keks.”
    “Aber ich bin gerade erst eingezogen. Ich habe keine Kekse.”
    Er dachte nach. “Vielleicht haben Sie morgen ja welche?”
    “Wenn du mir Kredit gibst.”
    “Klar.” Zum ersten Mal lächelte er. Zwei seiner Schneidezähne fehlten. “Ein Keks morgen ist besser als nichts. Vielleicht geben Sie mir ja sogar zwei. Weil ich so lange warten musste.”
    Er war eindeutig ein aufgeweckter Bursche. “Wie heißt du?”, fragte sie lächelnd, als sie sein schlaues Grinsen bemerkte.
    “Teddy.”
    “Ich bin Grace. Ich schätze, wir haben jetzt eine Abmachung.”
    “Vielen Dank!” Er rannte zum Blumenbeet und begann in Windeseile, Unkraut herauszuzupfen. Genau in diesem Moment kam ein Lieferwagen die Straße entlang. Es war George in einem gemieteten Transporter.
    Er lächelte und winkte, als er sie sah. Dann parkte er ein.
    “Das ist ja ein tolles Haus”, stellte er fest, nachdem er ausgestiegen war.
    Sie dirigierte ihn Richtung Eingang. “Es ist alt, aber ich mag diese hohen Räume und die großen Fenster, die schnörkelige Tapete und den Holzfußboden. Das ist alles … so wie sie war, weißt du? Wenn ich die Augen zumache, rieche ich die Kräuter, die sie immer benutzt hat. Es ist fast so, als wäre sie noch da.”
    “Von wem sprichst du?”
    “Von Evonne.”
    “Ist das nicht die Frau, die kürzlich gestorben ist? Die immer ihre Sachen im Vorgarten verkauft hat?”
    Grace nickte und hielt ihm die Tür auf.
    “Wie bist
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