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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen
Autoren: Brenda Novak
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drei Monate freigestellt. Du wirst keinen dieser Fälle bearbeiten.”
    Es war trotzdem nicht koscher. Außerdem hatte Grace keine Lust dazu. “Danke, lieber nicht. Ich habe meinen Computer zu Hause gelassen, weil ich eine Zeit lang überhaupt nichts mit meinem Job zu tun haben möchte.” Sie wollte den Dämonen ihrer Vergangenheit die Stirn bieten, da konnte sie sich nicht von beruflichen Dingen ablenken lassen.
    “Was willst du denn dann tun?”
    In der Küche standen altertümliche Schränke und Regale mit bunten Verzierungen. Eigentlich ist klar, was man hier tun muss, dachte sie. “Ich werde die Rezepte ausprobieren, die Evonne mir vermacht hat.”
    Das schien ihm gar nicht zu gefallen. “Du willst Seifen herstellen?”
    “Genau”, sagte sie und holte eine Karaffe Eistee mit Himbeergeschmack aus dem Kühlschrank, um ihm ein Glas einzuschenken.
    “Dann muss ich mir ja keine Sorgen machen”, scherzte er.
    Grace reichte ihm das Glas. “Wie meinst du das?”
    “Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass eine so talentierte Staatsanwältin wie du sich auf die Veranda setzt, um hausgemachte Spezialitäten zu verkaufen. Lange wirst du das nicht durchhalten.”
    Grace strich sich eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr. Vielleicht war es ja keine große Herausforderung, aber auch nicht so hektisch. In ihrem Beruf war sie ständig damit beschäftigt, das in Ordnung zu bringen, was andere Leute angerichtet hatten – soweit das nach einem Verbrechen überhaupt möglich war. Jetzt wollte sie die Einbrüche, Vergewaltigungen und Morde hinter sich lassen und sich mit den einfachen Dingen des Lebens beschäftigen. “Das wird schon gehen”, erklärte sie zurückhaltend. Sie wollte keinen Streit vom Zaun brechen.
    “Danach bist du bestimmt froh, wenn du wieder arbeitest.”
    “Gut möglich.”
    “Nach einer Woche hast du genug. Wetten?”
    Es könnte etwas länger dauern. Grace war nicht gerade erpicht darauf, wieder aufzurühren, was damals auf der Farm geschehen war. Und hier im Haus von Evonne fühlte sie sich so heimisch wie schon lange nicht mehr.

2. KAPITEL
    A m nächsten Morgen klingelte Grace’ Handy schon sehr früh. Sie griff eilig danach, um sich zu melden, bevor die Mailbox ansprang; es war sicher jemand aus ihrem Büro.
    Erst da wurde ihr bewusst, dass sie sich in Evonnes Schlafzimmer befand. Sie hatte geschlafen wie ein Baby – in ihrem eigenen Bett! Sie hatte es gestern noch mit tatkräftiger Unterstützung von George die Treppe hinaufgeschafft.
    Sie war nicht mehr in Jackson, sie war jetzt in Stillwater. Und sie würde eine ganze Weile hier bleiben.
    “Mach dir keine Sorgen, George, du wirst mich nicht verlieren”, murmelte sie und drückte auf die grüne Taste. Sicher wollte er sich erkundigen, wie es ihr nach seiner Abfahrt in ihrem neuen Heim ergangen war. Sie war ziemlich erleichtert, dass er wegen seiner Arbeit gleich hatte zurückfahren müssen. So war er wenigstens nicht auf die Idee gekommen, mit ihr zu schlafen.
    “Hallo?”
    “Du musst Mom anrufen und Madeline.”
    Es war ihre jüngere Schwester Molly. Sie arbeitete als Modedesignerin in New York. Als Teenager war sie fast genauso erpicht darauf, Stillwater zu verlassen, wie Grace. Nach der Highschool hatte sie ein Stipendium bekommen und Modedesign in Los Angeles studiert. Seither kam sie nur noch selten in die alte Heimat, um Grace in Jackson oder Clay, Madeline und ihre Mutter Irene in Stillwater zu besuchen.
    Grace fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, um wach zu werden. “Warum?”
    “Weil sie wissen, dass du in Stillwater bist.”
    “Clay hat es ihnen wohl schon erzählt.”
    “Soweit ich weiß, bist du gestern Abend bei ihm gewesen. Wie lange sollte er denn warten?”
    “Bis ich so weit bin, würde ich sagen.”
    “Hast du ihn gebeten, es nicht weiterzusagen?”
    “Nein. Ich dachte mir schon, dass er es Mom erzählen würde.”
    “Na siehst du.”
    Grace unterdrückte ein Gähnen und schob die dünne Bettdecke beiseite. Es war um halb sieben Uhr morgens und schon schwül. Das offene Fenster und der Ventilator, der in einer Zimmerecke vor sich hinschnurrte, nutzten da auch nicht viel. Gegen die Hitze konnte man nicht viel tun, bestenfalls sich in eine Badewanne mit kaltem Wasser setzen. Evonnes Haus hatte keine Klimaanlage. “Okay, ich … ich rufe sie dann nachher an.”
    “Wusstest du übrigens, dass Mom einen Freund hat?”, fragte Molly.
    Grace’ Müdigkeit verflog schlagartig. “Soll das ein Scherz
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