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totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)

totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)

Titel: totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
Autoren: Edda Minck
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Häusern gingen die Fenster auf. Ich lief auf die Straße und schrie: »Rufen Sie die Polizei, schnell! Die Polizei!« Ich holte mein Handy aus der Tasche. Die Stimme einer alten Frau sagte: »Hallo? Hallo? Ist da jemand?« Ich drückte das Gespräch weg und versuchte, mit zitternden Fingern die 110 zu wählen, dabei konnte ich vor Angst kaum das Telefon festhalten. Mir schoss durch den Kopf, dass es Macke genauso ergangen sein musste. Nur war er mit seinem Anruf bei mir gelandet.
    Die Fahrertür des Audis öffnete sich. Eckes kämpfte sich am aufgeblasenen Airbag vorbei und sprang heraus. Er sah mich und rannte mit gesenktem Kopf auf mich zu. Seine Stirn blutete, er schrie irgendwas und ballte beide Fäuste. Aus einem der Fenster dudelte
Leise rieselt der Schnee
.
    Renn!, schrie alles in mir. Weg von hier! Aber meine Beine bewegten sich nicht.
Still und starr ruht der See

    Noch drei Meter … noch zwei … noch … Ich hielt die Luft an.
    Etwas Schwarzes schob sich vor mein Gesicht, Eckes schnellte zurück und kippte regelrecht aus den Latschen, fiel rückwärts auf den Bürgersteig und blieb liegen. …
weihnachtlich glänzet der Wald

    Ich spürte eine Hand in meinem Rücken, aus der Ferne waren Martinshörner zu hören, und ich dachte beim Anblick der rauchenden Trümmer: Rudi wird mich für alle Zeit hassen, weil ich sein Meisterwerk geschreddert habe. Im selben Moment flog der kleine Sarg mit einem infernalischen Knall in die Luft. Die Druckwelle fegte mir die Beine weg, und Matti und ich segelten auf den Asphalt. Um uns herum regnete es Glas.
    …
freue dich, s’Christkind kommt bald

    »Rudis Auto ist hin.«
    »Ihr Geschenk auch«, sagte Matti, als wir eine halbe Stunde später in der offenen Tür eines Krankenwagens saßen und darauf warteten, dass die Polizei endlich fertig werden würde und wir gehen konnten. Die Sanitäter rollten Eckes auf einer Krankentrage an uns vorbei. Ich guckte mich um. Alle Polizisten waren mit irgendwas beschäftigt. Wenn nicht jetzt, wann dann?
    »Moment«, sagte ich und sprang auf. Eckes stöhnte.
    »Warst du das mit eurer Mutter? Hast du die erschlagen und Rudi alles in die Schuhe geschoben?«
    »Und wenn?«, sagte er und drehte den Kopf weg. »Mein doofer Bruder … zu blöd, um’n gelbes Loch in’n Schnee zu pissen …«
    Ich legte meine Hand auf seine gebrochene Nase und drückte zu. »Warst du das?«
    »Ja«, schrie er, und der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Sie vermischten sich mit dem Blut auf seinem Gesicht, und er sah aus wie die Karikatur eines bösen Clowns.
    »Sie haben das gehört?«, sagte ich zu den beiden Rettungshelfern.
    »Ja, haben wir gehört. Aber jetzt ist Schluss – der Mann ist verletzt.«
    »Das seh ich«, sagte ich, packte Eckes’ blutendes Ohr und zog. Er schrie noch lauter. »Ja, ich hab den zum ersten Mal gesehen, als ich unsere Alte platt gemacht hatte. Der sieht die Leiche, fällt in Ohnmacht, ich drück dem den Hammer in die Hand … Besser ging’s doch gar nicht. Ich musste nur ein paar Jahre verschwinden, bis Gras über die Sache gewachsen war. Lass mein Ohr los!«
    Wut war keine treffende Bezeichnung für das, was mich in dem Augenblick im Griff hatte.
    »Hey. Lassen Sie das«, sagte einer der Sanitäter und drängte mich von der Trage weg.
    »Könnt ihr die Arschmade beim Verladen nicht noch mal fallen lassen? Ich zahle jeden Preis!« Und wenn Matti mich nicht festgehalten hätte, hätte ich mich auf Eckes gestürzt, um ihm seine Nase komplett ins Hirn zu rammen. Man hat nicht oft die Gelegenheit, dem weißen Rauschen im Kopf auf würdige Art und Weise Ausdruck zu verleihen.
    Als ich wieder aufschaute, schlossen die Sanitäter die Türen des Krankenwagens und fuhren mit Eckes davon.
    »Ich wünschte mir, Rudi hätte das sehen können. Das wäre das richtige Weihnachtsgeschenk für ihn gewesen«, sagte ich.
    »Er freut sich jetzt schon.« Matti hielt mir sein Handy hin. Fotos von Eckes mit zermatschter Nase.
    »Wenn Winnie davon erfährt. Oh je, und wahrscheinlich hat er es schon gesehen …«
    »Macht doch nichts«, sagte Matti. »Es ist vorbei.«
    »Womit haben Sie Eckes eigentlich gestoppt?«, fragte ich. »Ein Brett? In seinem Kopf hat es richtig geknallt.«
    »Ein Laptop. Wir hatten alle zusammengelegt. Sie wollten doch wieder schreiben.«
    Hätte ich Zeit gehabt, hätte mich die Rührung übermannt. Aber ein Polizist stand plötzlich vor uns und überreichte mir eine flache gepolsterte Tasche, in der es
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