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Totgelesen (German Edition)

Totgelesen (German Edition)

Titel: Totgelesen (German Edition)
Autoren: Ingrid Rieger
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    Nachdem sie solche Überlegungen nicht weiterbrachten, löste sie sich von ihrem Beobachtungsplatz, um sich das Opfer näher anzusehen. Der rechte Arm der Toten baumelte über den Rand der Trage, während das Wasser in immer dünner werdenden Bächen von ihrem Körper rann. Wasserpflanzen durchzogen die blonden Haare wie grüne Strähnen und ihre leblosen Augen starrten vorwurfsvoll ins Leere.
    Der Arzt hob den hängenden Arm, um nach dem Puls zu suchen, bevor er ihn sanft auf der Bahre ablegte. Er suchte gewissenhaft nach Lebensfunktionen, obwohl es offensichtlich war, dass es hier nichts mehr zu finden gab. Als er die Augen des Opfers schloss, vernahm Monika hinter sich eine bekannte Stimme. Christian Specht, dessen Namen seinem Äußeren entsprach, war eingetroffen. Sein Gesicht war spitz und schmal, wie Monika es noch bei keinem Mann gesehen hatte. Die lange dünne Nase bog sich nach oben und seine Haare standen trotz des Kurzhaarschnittes am Hinterkopf ab. Als Frau wären seine Chancen in einer Modelagentur gut gewesen, aber als Mann blieb nur eine Beschreibung: dürr. Er sah älter aus, als er war, aber dank Ralph Lauren und Co. holte er aus dem, was Mutter Natur ihm mitgegeben hatte, das Beste heraus. Monika fand den 40-Jährigen vom ersten Augenblick an sympathisch. Auch dann noch - oder vielleicht gerade deshalb - als sie es erfuhr. Seither bewunderte sie ihn. Ein Leben bei der Kripo durchzustehen, wo es vor Machos nur so wimmelt, war nicht einfach. Als Frau konnte sie ein Lied davon singen. Wie viel Kraft brauchte da ein bekennender Homosexueller?
    Specht streifte sich Handschuhe über und befreite die Tote von den Haarsträhnen, die ihr im Gesicht klebten. Monika deutete auf ein Loch im Pullover der Leiche.
    »Zumindest wissen wir, woher das Blut auf der Brücke stammt.«
    Vorsichtig hob Specht den Pullover, um einen Blick auf die Wunde zu werfen. Unter dem Rippenbogen klaffte ein Loch. Um sich von dem Würgereiz, der Monika noch immer bei einem solchen Anblick überkam, abzulenken, durchsuchte sie die Taschen des Opfers.
    »Auf jeden Fall war es kein Raubmord.« Monika zeigte Specht den eben gefundenen Zwanziger. Bei der Kontrolle der zweiten Hosentasche stieß sie auf einen Autoschlüssel, auf dessen schwarzem Anhänger eine Raute eingraviert war.
    »Wir sollten uns möglicherweise nach einem Renault umsehen.« Da die Kriminalbeamten - von der Verletzung am Bauch abgesehen - nichts Außergewöhnliches an der Toten feststellen konnten, begaben sie sich auf die Suche.
    Den nächstgelegenen Parkplatz konnten sie von ihrem Standpunkt aus teilweise überblicken. Doch außer den Sanitätern, die rauchend neben dem Rettungsauto standen, zog nichts ihre Aufmerksamkeit auf sich. Also sollten sie ihre Suche auf die anderen Parkplätze ausweiten.
    Auf dem Weg dorthin, mussten sie allerdings an den Journalisten vorbei, die hinter der Absperrung warteten. Prompt wurden sie mit Fragen überhäuft, die sie nicht beantworten wollten und konnten. Monika vertröstete die Presse, versprach aber, zu gegebenem Zeitpunkt eine provisorische Pressemitteilung abzugeben. Bisher war nicht einmal der Name der Toten bekannt. Die Meute verzog sich und die beiden Kriminalbeamten setzten ihre Suche nach dem Fahrzeug fort.
    Specht warf noch einen Blick auf die verschwindenden Presseleute, bevor er fragte: »Was ist mit Zeugen?«
    »Anscheinend gibt es nur einen. Sein Name ist Auer.« Ihre Schritte knirschten auf dem Schotterweg, während sie Specht darüber informierte, dass der Zeuge ins LKH gebracht worden war.
    »Wieso das?«, fragte Specht und schwenkte seine Aufmerksamkeit von den Journalisten zu Monika.
    »Der Mann hatte angeblich nach dem Anruf einen Herzinfarkt. Bevor er weggebracht wurde, hat er dem eintreffenden Beamten nur noch von einer Frau erzählt, die scheinbar von der Brücke gestoßen worden war. Aufgrund der Blutspuren rief uns der Kollege.« Monika deutete auf einen jungen Polizisten, der sich mit einem kläffenden Hund in der einen Hand und einem Absperrband in der anderen abmühte.
    »Ich habe schon mit ihm gesprochen. Angeblich konnte der Zeuge zum Tathergang nichts sagen. Hat sich mehr um seinen Hund gesorgt, den der Kollege jetzt am Hals hat.«
    Bevor Specht über die Freundschaft zwischen Mensch und Tier eine Meinung äußern konnte, entdeckten die beiden Inspektoren den Renault Twingo am Rand des Parkplatzes.

    ***

    Nach vielen Stunden am Tatort trafen Monika und Specht schließlich in der
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