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Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger
Autoren: Kim Harrison
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unbewussten Bewegung zurück, für die die meisten Models jahrelange Übung brauchten. Sie sah toll aus mit ihren schwarzen Haaren und blauen Augen. Ich merkte schon, wie alle rüberstarrten und sich fragten, warum sie sich wohl ausgerechnet mit mir abgab. Offiziell waren Barnabas und sie Austauschschüler und dank ein bisschen himmlischen Beistands konnten sie es auch beweisen. Soweit bekannt war, wohnten sie bei mir. Die Wahrheit war etwas… interessanter.
    Amys Stimme erhob sich über dem Geschrei der Menge. Ich versteifte mich, öffnete meinen Spind und versteckte mich mehr oder weniger hinter der Tür. Nicht, dass ich Angst vor ihr hatte, aber ihr Abschlussballköniginnengetue machte mich einfach rasend. »Hi!«, rief sie fröhlich und ich zuckte zusammen. Sie musste Nakita meinen. Hinter ihr stand ihr übliches Einheitstussengefolge. Ich tat so, als würde ich nach etwas suchen. »Ich bin Amy«, sprudelte es geradezu aus ihr heraus. »Du bist sicher die Neue. Ist das da dein Bruder? Der ist ja total süß!«
    Barnabas stand steif da und bemühte sich um einen möglichst charmant-unschuldigen Gesichtsausdruck. Ich lächelte. Er hatte absolut keine Ahnung, wie gut er aussah.
    »Dieser Haufen Ärger?«, entgegnete Nakita mit einer Stimme, die so vor Abneigung triefte, dass man fast schon zu sehen meinte, wie sich vor Amys Designerballerinas Pfützen bildeten. »Ja, irgendwie schon. Das heißt aber nicht, dass ich ihn mögen muss.«
    »Ich weiß genau, was du meinst.« Amy ließ einen heuchlerisch mitfühlenden Seufzer ab. »Ich hab auch einen Bruder.« Die Mädchen hinter ihr kicherten, als sie sich an mir vorbei zu Barnabas durchdrängelte. »Ich bin Amy«, sagte sie und streckte lächelnd die Hand aus.
    »Barnabas«, erwiderte der weiße Engel, huschte an mir vorbei und nahm Nakita seitlich in den Arm, um Amy nicht die Hand schütteln zu müssen. »Und das ist Nakita, meine Lieblingsschwester. Wir kommen aus Norwegen.«
    Norwegen? Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, während Amys Freundinnen hinter ihr zu tuscheln begannen.
    »Hab ich doch richtig gehört, dass ihr einen Akzent habt«, sagte Amy, die die Beleidigung kaum aus der Fassung gebracht hatte. »Warum setzt ihr euch beim Essen nicht an meinen Tisch? Alle beide. Ihr wollt doch wohl nicht mit irgendwelchen Losern zusammensitzen, oder?«
    Ich hielt es nicht mehr aus und knallte meine Spindtür zu.
    »Madison, Süße! Ich hab dich gar nicht gesehen«, flötete Amy. »Dieses Top ist ja der Wahnsinn«, fuhr sie fort und zeigte auf mein Oberteil. »Und es passt so gut zu dir. Genau so eins hat meine Schwester erst letztes Jahr in die Altkleidersammlung gegeben.« Nakita hatte mir beigebracht, wie ich mithilfe meines Amuletts Energie aus dem Zeitfluss saugen und daraus ein Schwert machen konnte, und ich musste all meine Selbstbeherrschung aufbieten, um es jetzt nicht zu tun. »Hi, Amy. Was macht die Nase? Lässt du diesen Knubbel eigentlich noch wegmachen, bevor der Schulfotograf kommt?«
    Das tat beinahe genauso gut.
    Amy wurde rot, aber ihre Retourkutsche blieb mir erspart, als ihre Gang sich kichernd teilte und Len heranstolzierte.
    Mit einer schnellen Bewegung hatte Nakita ihn am Nacken gepackt und gegen den Spind gedrückt. Schockiert klappte mir der Mund auf. Um uns wurden Pfiffe laut.
    »Fass mich da noch einmal an und du stirbst, du Schwein«, sagte sie knapp.
    Len hatte die Augen weit aufgerissen. Nakita drückte sein Gesicht gegen das geriffelte Metall und Len lief knallrot an. Barnabas lachte, aber ich hatte keine Lust, den ersten Schultag gleich im Büro des Direktors zu verbringen. »Äh, Nakita?«, mischte ich mich zögernd ein.
    Erschrocken sog sie den Atem ein, warf einen Blick in die Runde und ließ Len los. Stolpernd fand er sein Gleichgewicht wieder, aber seine verlorene Würde blieb unauffindbar. Nakita war kleiner als er und kam, so verwirrt wie sie dauernd war, leicht ein bisschen dusselig rüber. Im Moment wirkte sie allerdings wie ein ziemlich verlegener Dussel.
    »Du hast sie doch nicht alle!«, schrie Len, während er zurückwich und sein T-Shirt geradezog. »Ihr seid Madisons Freunde, oder? Ihr seid genauso bescheuert wie sie!«
    Ich machte ein unschuldiges Gesicht und unterdrückte ein Lachen. Barnabas hingegen kicherte - ebenso wie alle anderen Jungs, die den Vorfall beobachtet hatten. Amy schnappte sich seinen Arm, als müsste sie ihn davon abhalten, sich auf uns zu stürzen. Gerade noch rechtzeitig, bevor ein Lehrer um
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