Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
bewegte ich den Gashebel nach unten, während wir auf den Steg zufuhren. Ich ließ seinen Blick nicht los. »Das war doch gar nicht so schlecht, was?«
    Schnaubend lehnte er sich zurück. »Du hast ja gar keine Ahnung, was du da angerichtet hast. Bei allen Heiligen, Madison! Fünf Menschen haben zugesehen, wie sie dich mittendurch gesäbelt hat. Fünf Menschen, für die ich jetzt ein paar neue Erinnerungen zusammenschustern darf. Wenn du schon denkst, Gedankenberührung wäre schwierig, dann versuch's mal mit Gedächtnisveränderung. Ich hätte dich gar nicht mitbringen dürfen. Ich hab doch gewusst, dass du hier nicht sicher bist.«
    Ich biss die Zähne zusammen und starrte auf den näher kommenden Bootssteg, auf dem sich die Leute drängten. »Ich hab ihr das Leben gerettet. War das nicht der Sinn der Sache?«
    »Du bist von einem Todesengel erkannt worden«, gab er finster zurück. »Du hast versprochen, dass du nur zuguckst und dann lässt du … dich einfach so erkennen! Die kennen jetzt die Resonanz deines Amuletts. Sie können ihr folgen. Und dich finden!« Ich holte tief Luft, um zu widersprechen. Engel hatten ihre Amulettresonanz, lebende Menschen eine Aura. Beides half den Engeln, Personen zu finden, egal, ob sie weit entfernt oder ganz in der Nähe waren. Es war wie ein Fingerabdruck oder ein Foto aus Geräuschen. »Willst du sagen, dass ich sie hätte sterben lassen sollen, Barney?«, entgegnete ich verbittert. Ich wusste, wie sehr er diesen Spitznamen hasste. »Hätte ich etwa zulassen sollen, dass diese Nakita sie niedermetzelt, nur damit sie mich nicht erkennt? Ruf Ron. Der kann die Resonanz meines Amuletts ändern. Hat er doch schon mal gemacht.«
    Barnabas verschränkte die Arme und runzelte die Stirn. Ich hatte recht und das wusste er. »Das muss ich jetzt ja wohl, oder?«, pampte er mich an und klang dabei genau wie der Siebzehnjährige, für den er sich ausgab. »In dreihundert Jahren bin ich nicht ein Mal erkannt worden, außer bei deiner Protektion natürlich. Jetzt muss ich meine Resonanz auch ändern lassen.« Schmollend starrte er vor sich hin.
    Ein schmollender Engel. Wie putzig.
    Doch je mehr ich darüber nachdachte, desto schlechter fühlte ich mich. Mir schien, als hätte ich ihm, seit wir uns kannten, nach und nach sein Leben versaut. Mein ganz besonderes Talent. Jetzt musste er seinen Boss rufen, damit der alles wieder in Ordnung brachte, und ich wusste, wie sehr er es hasste, so schlecht vor ihm dazustehen. »Tut mir leid«, sagte ich leise.
    »Bis die unsere Amulettresonanz geändert haben, sind wir so ungeschützt wie ein paar Entchen auf dem Wasser«, murrte er.
    Schaudernd hielt ich nach Schwarzflügeln Ausschau, aber sie waren fort. Die Bäume am Steg spiegelten sichim Wasser, das im Windschatten ruhig dalag. Ich schaltete in den Leerlauf »Ich hab doch gesagt, dass es mir leidtut«, sagte ich und Barnabas löste den Blick von den blinkenden Lichtern des Krankenwagens. Im Schatten wirkten seine braunen Augen schwarz. Es war, als sähe ich sie zum ersten Mal. »Es gibt noch eine ganze Menge, was du nicht weißt«, sagte er, als ich das Boot wendete, um neben dem ersten anzulegen. »Vielleicht solltest du mal anfangen, dich dementsprechend zu verhalten.«
    Susan hängte die Fender aus und Barnabas warf vom Bug das vordere Anlegetau aus. Ich stellte den Motor ab und ließ das Boot an den Steg treiben. Die Sanitäter warteten mit einer Liege auf Bill und wirkten ziemlich erleichtert, als er ihnen zurief, es ginge ihm gut. Über allem lag eine geschäftige Aufregung. Erst als ich das leuchtende Poloshirt der Campbetreuer sah, zuckte ich zusammen.
    Wir mussten hier weg.
    Wir hatten noch nicht das Boot verlassen, als die Betreuer uns mit Fragen bestürmten, die Susan nur zu gern mit vollem Stimmeinsatz beantwortete. Ich wollte nach Hause, aber Barnabas konnte nicht einfach vor aller Augen mit mir wegfliegen. Er trat auf den Steg und ich folgte ihm durch das Gedränge. »Behalt du das Mädchen im Auge«, befahl er mir, während ich nervös von einem Bein aufs andere trat. »Ich muss mir eine ruhige Ecke suchen, damit der Schutzengel mich auch findet. Wahrscheinlich versuchen sie es zwar nicht noch mal bei ihr, aber möglich ist es schon. Besonders jetzt, wo sie wissen, dass du hier bist. Du tust nichts, wenn du einen schwarzen Engel siehst, okay? Ruf mich einfach. Kriegst du das hin?«
    Entmutigt nickte ich und sah ihm nach, wie er sich durch das Gewühl auf dem Steg schlängelte. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher