Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
hat sich den Kopf gestoßen«, wiederholte Barnabas ruhig. »Er muss zurück zum Bootssteg, damit sich das jemand angucken kann.« "
    Wie durch Zauberhand verwandelten sich Angst und Verwirrung in Sorge um Bill. Meine Knie zitterten noch, als Barnabas unser Boot startete. Als die Motoren laut zu brummen begannen, beugte ich mich zu ihm hinüber. »Und die können sich jetzt an nichts mehr erinnern?« Ich hatte nicht gewusst, dass er auch Gedächtnisse verändern konnte.
    Barnabas schlüpfte hinter dem Steuerrad hervor. »Fahr du«, entgegnete er kurz angebunden. Er legte mir die Hand auf die Schulter und drückte mich in den Sitz. »Beeil dich, bevor noch jemandem einfällt, dass du das Boot gar nicht hier rausgefahren hast.« Er klang wütend. Ich machte mich an den Hebeln zu schaffen. Und ob ich ein verdammtes Boot steuern konnte! Ich war in den Florida Keys aufgewachsen und hatte das Anlegen schon gelernt, bevor ich Fahrrad fahren konnte.
    Barnabas verstaute die Skier und nassen Taue und ich legte einen langsamen Gang ein. Das andere Boot war schneller losgefahren, sodass ich mühelos in seinem Kielwasser folgen konnte.
    »Er hat sich den Kopf an der Wasserskirampe gestoßen!«, rief Susan in ihr Handy. »Camp Hidden Lake. Das ist das mit dem großen roten Kanu an der Einfahrt. Wir fahren jetzt auf den Bootssteg zu. Er ist bei Bewusstsein, aber die Wunde muss vielleicht genäht werden.«
    Ich beschleunigte und lehnte mich in meinem kühlen Kunststoffsitz zurück. Dort, wo Barnabas meine Schulter berührt hatte, wurde sie immer kälter. Ich blickte zum Seeufer. Abgesehen von einer einzelnen Membran waren die Schwarzflügel verschwunden. Die Vollstreckung war abgewendet worden. Doch Barnabas wirkte alles andere als zufrieden. Susan klappte ihr Telefon zu und wankte zurück nach hinten, um sich neben Bill zu setzen. »Hey«, rief sie ihm über den Motorenlärm hinweg zu. »Ich hab einen Krankenwagen gerufen. Alles klar bei dir?«
    Er wirkte aufgeregt und verwirrt. »Wo ist das Mädchen mit dem Schwert?«, fragte er und ich sah aus dem Augenwinkel, wie Barnabas das »Der ist doch verrückt«- Zeichen machte, indem er den Zeigefinger neben der Schläfe kreisen ließ.
    »Ganz ruhig«, sagte Susan etwas leiser, aber immer noch beinahe schreiend. »In einer Minute sind wir da.«
    Die Lichter des Krankenwagens am Bootssteg bildeten einen Punkt, auf den ich zuhalten konnte. Auf dem Steg hatten sich jede Menge Leute angesammelt. Ich hoffte, dass Barnabas und ich trotzdem unbemerkt abhauen konnten.
    »Wo ist das Mädchen mit dem Schwert?«, wollte Bill wieder wissen.
    »Da war kein Mädchen mit Schwert«, erklärte Barnabas angespannt.
    »Ich hab sie doch gesehen«, widersprach Bill beharrlich. »Sie hatte schwarze Haare. Du hattest auch ein Schwert. Wo ist dein Schwert?«
    Als ich über die Schulter sah, warf Barnabas mir einen genervten Blick zu, der mir das Gefühl gab, die ganze Angelegenheit so richtig schön in den Sand gesetzt zu haben. Vielleicht galt es in seinem Metier als schlampig, wenn man Gedächtnisse verändern musste.
    »Jetzt entspann dich mal, Bill«, sagte der weiße Engel. »Du hast dir ganz schön den Kopf gestoßen.« Meine Finger schlossen sich enger um das Steuer und ich fragte mich, ob Bills Kopfverletzung ihn wohl weniger empfänglich für eine Gedächtnisveränderung machte. Wie schlimm hatte ich das hier eigentlich verpatzt? Mein Gott, ich hatte Susan doch nur aus dem Weg geschubst! Ich hätte doch nicht einfach stehen bleiben und sie sterben lassen können. Susan befand sich in seliger Unwissenheit. Sie war am Leben. Sie würde ihr Leben weiterführen und wahrscheinlich irgendwas Großartiges damit anstellen, sonst wäre sie gar nicht erst das Ziel der Todesengel gewesen.
    Meine gerunzelte Stirn glättete sich wieder und ich wischte mir eine nasse Haarsträhne aus den Augen. Ich war froh, dass ich dazwischengegangen war, und nichts, was Barnabas sagte, würde mich davon überzeugen, dass ich nicht das Richtige getan hatte. Ein bisschen blöd kam ich mir aber trotzdem vor. Zwei Jahre Kampfsport, und alles, was ich fertigbrachte, war sie wegzuschubsen?
    Barnabas ließ Bill und Susan zusammengekauert auf der Rückbank sitzen und schwang sich auf den Platz neben dem Steuer. »Ich habe einen Schutzengel beantragt«, sagte er und beugte sich dabei weit genug zu mir herüber, dass ich den Duft von Sonnenblumen in der Dämmerung wahrnehmen konnte. »Susan kann nichts mehr passieren.« »Gut.« Langsam
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher