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Totgekuesste leben laenger

Totgekuesste leben laenger

Titel: Totgekuesste leben laenger
Autoren: Kim Harrison
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sah einfach nicht zu mir hoch. Hände wurden nach Bill ausgestreckt. Er war bei Bewusstsein, aber er hatte eine Platzwunde am Kopf. Hustend und geschwächt streckte er den Helfern seine zitternde Hand hin. Mir lief ein Schauder über den Rücken, als der Schatten eines Schwarzflügels über mich hinwegglitt und dann verschwand. Susan neben mir zitterte ebenfalls. Es war offensichtlich, dass sie die triefenden schwarzen Membranen über uns spüren konnte, wenn sie sie auch nicht sah. »Holt ihn rauf«, flüsterte ich. Unter der Wasseroberfläche sahen die Schwarzflügler wie Haie aus. »Holt ihn aus dem Wasser.«
    Doch mein Boot war kein bisschen sicherer. Schnell schob ich mich vor den schwarzen Engel, als die anderen Bill über die Reling hievten. Ein Wasserschwall durchnässte die grüne Plastikmatte im Boot.
    »Geht's ihm gut?«, fragte Susan und quietschte erschrocken, als die Boote leicht gegeneinanderstießen. Der Fahrer des roten Boots warf ein Tau herüber, um uns zusammenzubinden. Susan kniete sich vor die hintere Bank und zerrte ein Handtuch aus ihrer Tasche. »Du blutest ja. Hier, drück dir das gegen den Kopf«, sagte sie zu Bill, der sie verwirrt anblinzelte.
    Barnabas, der neben Bill hockte, sah mich immer noch nicht an. Mein Herz klopfte wie wild, als ich mich Zentimeter um Zentimeter an den wunderschönen Tod in Hawaii-Top und Flipflops herantastete. Sie roch schwach nach Federn und einem allzu süßen, unangenehmen Parfüm.
    Sie erkennt mich nicht. Ich bin in Sicherheit, versuchte ich mich zu beruhigen. Doch als Barnabas aufstand, um wieder zurück ins andere Boot zu springen, hielt ich es nicht mehr aus.
    Ich schrie: »Barnabas!«, und erstarrte dann, als ich das Zischen von Metall in der Luft mehr spürte als hörte. Panik überfiel mich und ich warf den Kopf herum. Der schwarze Todesengel stand mit leicht gespreizten Beinen im engen Bug des Boots. Ihr Schwert und sie erstrahlten gleichermaßen im grellen Licht der Sonne. Über dem Griff des Schwerts saß ein violetter Stein, der zu dem passte, den sie am Hals trug. Jetzt konnte ich ihn sehen. Beide Steine glühten. Sie sah nicht Bill an, sondern Susan.
    »Nein!«, rief ich. Plötzlich sah ich eine Klinge im Licht aufblitzen. Ohne nachzudenken, warf ich mich dazwischen. Ich traf Susan mit der Schulter und sie ging zu Boden. Laut aufjaulend fiel sie neben Bill in den hinteren Teil des Boots. Meine Knie brannten, als sie auf der Plastikmatte aufstießen. Ich sah hoch. Sofort blendete mich das Sonnenlicht, reflektiert von der Klinge, die durch die Luft sauste. Mir stockte der Atem, als sie glatt durch mich hindurchfuhr und in meiner Seele das Gefühl trockener Federn hinterließ. Es war, als stünde die Zeit still, obwohl der Wind noch immer wehte und das Boot noch immer schwankte. Die Leute auf dem anderen Boot erwachten aus ihrer Starre und fingen an zu schreien. Ohne sie zu beachten, stierte der schwarze Todesengel mich an. Ihr Mund war vor Entsetzen geöffnet, als sie erkannte, dass sie die Falsche erwischt hatte. »Bei den Seraphim …«, flüsterte sie, während das aufgeregte Stimmengewirr um uns herum lauter wurde. »Verdammt noch mal, Madison«, schimpfte Barnabas, dessen Stimme deutlich über den anderen zu hören war. »Du wolltest doch nur zugucken!«
    Immer noch vor ihr kniend, hielt ich mir die unversehrte Mitte. Ich erinnerte mich an das schreckliche Gefühl, benommen am Grund einer Schlucht zu sitzen, in einem Auto, das sich überschlagen hatte – erschüttert, aber lebendig. Und an mein hilfloses Entsetzen, als der schwarze Todesengel sein Schwert gezogen hatte und meine Verwirrung auf seine Wut getroffen war. Wut, weil ich bei dem Autounfall nicht gestorben war und er mich selbst mit dem Schwert töten musste.
    »Äh, daneben«, stammelte ich und schüttelte die Erinnerung an meinen Tod ab.
    Während Susan sich schwankend erhob, ließ die dunkelhaarige Schönheit ihre Klinge wieder verschwinden und fing deren Macht in dem Stein an ihrem Hals ein.Als ihr Blick auf mein Amulett fiel, das beim Hinfallen aus seinem Versteck gerutscht war, öffnete sie verblüfft den Mund. »Kairos' Stein!«, rief sie. »Du hast das Amulett von Kairos? Warum? Er ist …« Sie hielt inne und blinzelte mich verwirrt an. »Wer bist du?«
    Wer zum Teufel ist Kairos?, dachte ich. Der schwarze Todesengel, der mich getötet hatte, hieß Seth. Ich leckte mir die Lippen, stand auf und trat dabei beinahe auf Bill.
    »Madison«, entgegnete ich kühn, obwohl ich
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