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Totgeburt

Totgeburt

Titel: Totgeburt
Autoren: Sam E. Maas
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erstbeste. Sie musste dem Fahrer lediglich versichern, dass ihr Freund sich nicht während der Fahrt übergeben würde beziehungsweise dass sie bereit sei, für einen eventuellen Schaden aufzukommen. Ein gemeinsamer Blick in ihre Börse zerstreute alle Bedenken und der Fahrer gewährte ihnen Einlass.
    Marie war guter Dinge und ließ sich auf ein Gespräch ein. Sie sprach gerne mit Taxifahrern, sie fand es faszinierend, dass sie auf alle Probleme eine Antwort hatten. Das Thema dieser Fahrt war die Euro-Krise und Marie lernte einmal mehr die Sicht des einfachen Mannes kennen.
    Sie einigten sich darauf, dass die D-Mark wieder eingeführt und die alten Grenzposten wieder hochgezogen werden mussten. Zu viele Schmarotzer und Kriminelle kamen ins Land. Die Ausländer nahmen den Einheimischen die Jobs weg, erklärte er ihr.
    Marie sah über ihre Schulter nach hinten zum Junkie. Sie fand ein Häufchen Elend vor. Interessehalber erkundigte sie sich bei dem Jungen, wo er wohne. Es dauerte ein wenig, bis sie es schaffte, zu ihm durchzudringen und er zugab, dass er gar keine Wohnung hatte.
    Niemand würde ihn vermissen.
    Es war der Mühe nicht wert, ihn spurlos verschwinden zu lassen. Sie würde seine Leiche irgendwo ablegen, scheiß egal wo. Am Besten in einer Gosse, da wo er hingehörte. Er würde bloß als weiteres Drogenopfer in der Statistik untergehen.
    Sie stiegen vor der Tankstelle in Nähe ihrer Wohnung aus, wo sich Marie am 24-Stunden Schalter Wodka, Rum und Cola kaufte. Ihrem Begleiter ging es nun merklich schlechter. Er war bleich und hatte seit der Taxifahrt kein Wort mehr gesagt, zu sehr war er damit beschäftigt, gegen das Gift zu kämpfen.
    „Keine Cocktails für dich, du hattest deinen schon“, sagte sie und lachte fröhlich. In ihrer Freude zog sie ihn am Ohr. Der Penner war benommen, ihm war alles egal. Oder? An was würde er sich erinnern? Sie sollte es vielleicht nicht übertreiben. Nachher führte noch eins zum anderen und schwups hatte sie ihn getötet. Unsinn! Sie ließ nur ein wenig Druck ab, sonst würde sie wirklich noch explodieren und außerdem hatte er sich das selbst zuzuschreiben. Wer hatte sie denn stundenlang gelangweilt?
    Sie ging vor, er folgte antriebslos.
    „Wo sind wir?“, stammelte der Kerl hinter ihr auf einmal.
    Überrascht drehte Marie sich um. „In der Hölle, mein Schatz“, antwortete sie und ging weiter.
    Er war wie Blei an ihren Füßen, nein, eher wie Kaugummi unter dem Schuh. Seine Körperfunktionen beschränkten sich wohl nur noch auf das Wesentliche. Marie hatte das schon öfters beobachtet. Wenn Menschen so dermaßen angeschlagen waren, war es auf einmal alles andere als leicht, die Grundfunktionen des Körpers aufrecht zu erhalten.
    Ganz zu schweigen von dieser überaus komplizierten Sache des aufrechten Gangs. Er stolperte nämlich immerzu über seine eigenen Füße, was eigentlich recht amüsant war, aber leider wenig praktikabel. Also half sie ihm und geleitete ihn sicher in den Fahrstuhl. Dort angekommen, ließ er sich auch sogleich gegen die Wand fallen. Seine Augen schlossen sich, die Welt da draußen war ihm wohl zu viel geworden.
    „Ja, schließ die Äuglein.“
    Oben angekommen, führte Marie ihn aus dem Fahrstuhl, von wo aus sie Arm in Arm zur Wohnungstür wankten. Nachdem sie die Wohnung betreten hatten, parkte sie ihn im Flur neben dem Schuhregal, wo er sich abermals an die Wand lehnte.
    Während er damit beschäftigt war, nicht zu sterben, zog sie seelenruhig ihre Jacke und die Schuhe aus. Das Päckchen war nun in Sicherheit und dessen Wohlergehen hing allein von dessen Stärke oder Schwäche ab, je nach Ausgang eben.
    Sie ging ins Wohnzimmer, zog das Couchbett aus und legte die Kissen und Decken zurecht. Anschließend holte sie ihn ab. Er war die Wand heruntergerutscht und saß nun auf dem Boden. Er hatte die Beine von sich gestreckt und sein Kopf hing vornüber, war ohne jeden Halt.
    Sie schubste ihn um, dass er auf die Seite fiel und zog ihn an seinen Armen ins Wohnzimmer. Dort hievte sie ihn auf das gemachte Bett. Sie ging sicher, dass er nicht ersticken würde, falls er sich übergeben sollte. Dann schaltete sie den Fernseher ein und holte die Tüte mit den Getränken, die noch im Flur stand. Sie nahm ein Glas aus dem Küchenschrank, Eiswürfel aus der Kühltruhe und eine Tüte Chips von der Anrichte.
    Heute würde sie Dawn of the Dead sehen, die alte und die neue Fassung. Beide waren klasse. Das war eine Sache, die die Hardcore Romero Fans einfach
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