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Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen
Autoren: John Ball
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abgesehen von Ehebruch, nichts Ungesetzliches zuschulden kommen lassen. Er hatte einen Sack voll Sorgen, doch in der Perspektive der
    Polizei war das alles nicht so schlimm. Zudem hätten sich seine Probleme zum größten Teil gelöst, wenn die Firma verkauft worden wäre.«
    »Und das Mädchen?« fragte Linda.
    »Sie fuhr auf Urlaub nach Mexiko. Dort hatte sie einen leichten Unfall und verlor das Kind. Genug von Oswald Peterson. Kommen wir zu Mrs. Pratt.«
    »Nein danke«, murmelte Holt-Rymers.
    »Pscht«, machte Linda.
    Tibbs trank seinen Tee. »Mrs. Pratt ist eine ungeheuer eitle Frau. Das beweist ihre ganze Lebensgeschichte. Ursprünglich gab sie Dr. Roussel einen Korb, weil er nicht genug Geld hatte. Sie heiratete einen älteren Mann, der ihr bieten konnte, was sie wollte. Sie war zierlich und niedlich, das wirkte auf gewisse Männer sehr anziehend. Sie wußte das und schlug daraus Kapital. Als ihr Mann starb, hinterließ er ihr ein nettes Vermögen. Sie hätte davon bis an ihr Lebensende sorglos leben können, doch das war ihr nicht genug. Sie wollte sich wieder verheiraten — wieder an den Meistbietenden. Um dieses Ziel zu erreichen, kaufte sie ein sehr teures Haus und setzte alles daran, um in die gute Gesellschaft aufgenommen zu werden. Wenn es ihr gelang, einen zweiten Ehemann mit Vermögen zu angeln — gut; wenn nicht, dann blieb immer noch Albert Roussel, der sie, dessen war sie sicher, noch immer liebte und jetzt viel Geld verdiente.«
    »Sie hätte ihn gleich nehmen sollen«, stellte George fest.
    »Sie lebte weit über ihre Verhältnisse«, fuhr Tibbs fort, »und erntete nicht die Zinsen, die sie erhofft hatte. Sie war nicht mehr die Jüngste, und allmählich zeigten sich ihre weniger vorteilhaften Charakterzüge immer deutlicher. Als dann ihre Mittel zu versiegen drohten, schrieb sie an Dr. Roussel und bot sich ihm mehr oder weniger an. Er wies sie ab.«
    »Hurra!« rief Ellen. »Eine Frage — wie haben Sie das erfahren?«
    »Ich führte ein recht aufschlußreiches Telefonat mit Mrs. Pratts Mädchen. Das Kind hätte mir das wahrscheinlich unter normalen Umständen nicht erzählt, selbst wenn ich in dienstlicher Eigenschaft gefragt hätte. Doch ein kleiner Zwischenfall kam mir zu Hilfe: Mrs. Pratt wies sie nämlich bei meinem ersten Besuch zurecht, weil sie Tee für mich gekocht hatte. Sie sagte, ich wäre nicht Gast des Hauses. Möglich, daß sie einen Kriminalbeamten, der einen dienstlichen Besuch machte, nicht als Gast betrachtete, ich glaube aber eher, daß ihr meine Hautfarbe nicht paßte. Nun, jedenfalls nahm ihr das Mädchen dieses Verhalten übel. Deshalb war es dann recht gesprächig, als ich anrief. Mrs. Pratt konnte natürlich vor dem Hausmädchen, das Tag und Nacht um sie herum war, kaum etwas verbergen.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, meinte Ellen.
    »Und jetzt kommen wir zum Mord selbst«, fuhr Tibbs fort. »Mrs. Pratt war als Frau verschmäht worden. Dies war ihr erstes und tiefstes Motiv. Für eine Frau, die wie sie unerhört eitel und egozentrisch war, mußte es unerträglich sein, von ihrem vermeintlich langjährigen Anbeter eine Absage hinnehmen zu müssen. Es war eine nie dagewesene Demütigung, und sie lechzte nach Rache. Doch das allein hätte sie vielleicht noch nicht zum Mord getrieben, wenn nicht andere Umstände hinzugekommen wären. Sie war sich bewußt, daß ihre Anziehungskraft auf Männer rapide zu schwinden begann und damit auch die Hoffnung auf einen kapitalkräftigen Ehemann. Sie brauchte aber dringend Geld. Obwohl Albert Roussel ihr einen Korb gegeben hatte, war sie in ihrem übersteigerten Selbstbewußtsein noch immer überzeugt, daß er sie zu seiner Erbin eingesetzt hatte. Als die Gesellschaft gegründet worden war, hatte er sich für ihre Unterstützung bedankt und versichert, dafür zu sorgen, daß sie es niemals bedauern sollte. Er bot ihr sein gesamtes damaliges Vermögen als Sicherheit. Sie schlug vor, er sollte sie lieber in seinem Testament bedenken, für den Fall, daß ihm etwas zustieße. Diese Auskunft erhielt ich von seinem Anwalt, der ihm mit Erfolg abriet, diesen Vorschlag zu befolgen.«
    »Ich dachte immer, Gespräche zwischen einem Anwalt und seinem Mandanten wären vertraulich?« meinte Forrest.
    »Das stimmt«, bestätigte Tibbs, »doch in diesem Fall lagen die Dinge anders. Der Mandant war das Opfer eines Mörders geworden. Ich bat Mr. Wolfram, mir bei der Aufklärung zu helfen. Er brauchte mir keine Auskunft zu geben, doch er hielt es für
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