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Totes Zebra zugelaufen

Totes Zebra zugelaufen

Titel: Totes Zebra zugelaufen
Autoren: John Ball
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benutzen, und lade sie zu einer Tasse Kaffee ein. Wenn es nicht anders geht, dann erklärst du ihnen, daß etwas Unvorhergesehenes geschehen ist, daß wir uns ihnen aber widmen werden, sobald wir können.«
    Linda nickte und eilte ihrer Schwester nach.
    »Ist das alles?« erkundigte sich Emily.
    »Soweit ja. Ich gehe jetzt zum Schwimmbecken hinunter. Du wirst hier ja allein fertig, nicht?«
    Emily nickte. »Ruf mich, wenn du mich brauchst.«
    Forrest griff nach einer verwaschenen Khakihose, die stets bereitlag, nahm eine zweite für seinen Sohn mit und ging. Emily blickte ihm nach, als er mit langen Schritten den Rasen überquerte und den Fußweg durch das Wäldchen zum Schwimmbecken einschlug.

2

    Das Stück Landstraße, das an das Gebiet von Sun Valley Lodge grenzte, war von undurchdringlichem Gebüsch und ausladenden Bäumen gesäumt. Die schützende Hecke war nur dort unterbrochen, wo das Haupttor und, etwas weiter entfernt, die ausschließlich von den Eigentümern benutzte Privatstraße lagen. Dem Haupttor gegenüber hing ein Schild, auf dem stand:

    Sun Valley Lodge
    Angeschlossen an die AVF
    Besucher willkommen
    (Anmeldung über Haustelefon)

    Obwohl es sich nur um eine zweispurige Asphaltstraße zweiter Ordnung handelte, benutzte sie im Laufe des langen kalifornischen Sommers eine überraschend große Zahl von Autos.
    Die Straße schlängelte sich mehrere Kilometer durch das Vorgeirge und wand sich dann hinauf in höheres Gelände, wo sie sic mit der Hauptstraße zum Großen Bärensee und den Wintersportorten vereinigte. Der Fahrer, der sich auskannte, konnte eine Abzweigung zum El-Cajon-Paß einschlagen und so ein gutes Stück auf dem Weg von Los Angeles durch die Wüste nach Las Vegas abschneiden.
    Einige Fahrzeuge bogen nach Sun Valley Lodge ab. Viele andere Fahrer, die im Vorbeifahren einen flüchtigen Blick auf das Schild warfen, wußten nicht einmal, daß die Abkürzung AVF für die Worte Amerikanische Vereinigung für Freikörperkultur stand.
    Linda Nunn kannte jeden Winkel des Geländes, das zu Sun Valley Lodge gehörte, und jeden Zentimeter der Wanderpfade. Seit ihrem zehnten Lebensjahr hatte sie hier gelebt. Als ihr Vater auf das Wäldchen zueilte, hinter dem das große Schwimmbecken lag, rannte sie in ihr Zimmer. Sie fragte sich, wie ein Fremder, gleichgültig, ob tot oder lebendig, auf das sorgsam abgeschirmte Gelände hatte gelangen können, ohne vom Haus aus gesehen zu werden. Unter dem Kies der Einfahrt war ein Pedal verborgen, das in Büro und Küche Alarm auslöste, wenn ein Wagen durch das Tor fuhr. In der letzten Nacht war die Alarmglocke stumm geblieben.
    Linda öffnete ihren Schrank, nahm ein Kleid vom Bügel und streifte es sich über den Kopf. Sie dachte nicht daran, Unterwäsche anzuziehen, denn sie hatte nicht die Absicht, Sun Valley Lodge zu verlassen und rechnete damit, sich schon bald wieder der Kleider entledigen zu können. Ihr Schrank und ihre Kommode waren zwar vollgestopft mit den Dingen, die zur Garderobe eines jungen Mädchens gehören, doch in Sun Valley Lodge wäre es unsinnig gewesen, mehr anzuziehen als unbedingt nötig. Das Kleid, das sie gewählt hatte, war einfach; es genügte vollkommen.
    Sie blieb einen Moment vor dem Spiegel stehen und fuhr sich durchs Haar, ehe sie wieder aus dem Zimmer eilte. Unter ihren Füßen, die in hübschen, leichten Sandalen steckten, spürte sie das samtige Gras, als sie rasch über den Rasen vor dem Haus schritt. Ein wenig außer Atem kam sie beim Tor an und legte die Kette vor. Dann blieb sie entspannt stehen, um wieder zu Atem zu kommen, und überlegte, was wohl als nächstes geschehen würde.
    Acht Minuten später hörte sie das ferne hohe Wimmern einer Sirene. Es war kein kontinuierliches Geräusch, sondern klang nur hin und wieder auf, wenn das Fahrzeug Kurven zu nehmen hatte, die eine Warnung erforderlich machten. Sie hatte dieses abgehackte Heulen schon häufig gehört, selbst in dem Frieden dieser ländlichen Gegend. Diesmal, das wußte sie, war die Polizei auf der Fahrt zu ihrem Heim, und das bereitete ihr Unbehagen.
    Die Sirene wurde lauter, bis Linda dem Geräusch nach unterscheiden konnte, daß es sich um zwei Fahrzeuge handelte, die einander folgten. Mit einem letzten Aufheulen der Sirenen tauchten die beiden Autos auf, ein kupferfarbener Polizeiwagen, dicht gefolgt von einem Krankenwagen. Der Fahrer des ersten Wagens wußte offenbar genau, wo die Einfahrt zu Sun Valley Lodge lag. Er steuerte das Fahrzeug vor das Tor und
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