Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenwall

Titel: Totenwall
Autoren: Boris Meyn
Vom Netzwerk:
forderte ihn Sören auf. «Ich hab nicht die Zeit, dir jedes Wort aus der Nase zu ziehen.»
    «Seit drei Monaten», erklärte Brunckhorst widerwillig.
    «Und was hast du angestellt, dass du abhauen willst? Weshalb kommst du dann überhaupt zu mir?»
    «Lesen Sie keine Zeitung? Die ganze Stadt spricht doch von nichts anderem …»
    «Das Bankhaus Goldmann?» Sören ging zur Tür, um zu kontrollieren, ob Fräulein Paulina in Hörweite war. Er traute ihr, aber alles musste sie auch nicht wissen. «Bist du wahnsinnig?», entfuhr es Sören. «Dafür endest du beim Scharfrichter.»
    «Das ist es ja», stammelte Armin. «Ich schwöre Ihnen bei allem, was mir heilig ist, ich habe damit nichts zu tun.»
    «Jetzt mal langsam. Eben hast du doch gesagt …»
    «Ja, ich weiß … Deshalb wird mir ja auch niemand glauben. Wir … ich habe den Laden leer gemacht. Aber mit dem Mord hab ich nichts zu tun. Das müssen Sie mir glauben. Ich hab noch nie einer Fliege was zuleide getan. Ehrensache. Ich mache Ihnen jeden Tresor auf, egal was für ein Modell. Aber ich tue niemandem was.»
    Sören stieß die Luft übertrieben laut aus. Dann ging er zur Anrichte und schenkte zwei Gläser Cognac ein. «Du willst mir also wirklich weismachen, du hast dich vom Schacht der Untergrundbahn aus in das Bankhaus gebuddelt, hast in aller Seelenruhe den Tresor der Bank aufgeschweißt, hast Kasse gemacht und bist wieder abmarschiert, ohne dass dir jemand begegnet ist?»
    Armin Brunckhorst nickte. «So ist es. Ich schwöre. Keine Menschenseele – auch nicht Goldmann.» Er deutete auf den Koffer. «Sie glauben mir nicht?» Er öffnete die Schlösser und hob den Deckel an.
    «Ach du Scheiße!» Sören glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Der Koffer war voller Geldnoten. «Du bist wahnsinnig, das hierher …»
    «Ich will’s nicht, Herr Bischop. Das ist ’ne Nummer zu groß. Da klebt Blut dran.»
    Sören begutachtete den geöffneten Koffer. Er hatte noch nie so viele Geldscheine auf einmal gesehen. «Und nun?»
    «Ich hab doch gesagt: Ich mach ’ne Fliege.» Brunckhorst blickte zur Uhr. «In vier Stunden.»
    «Übersee?»
    «Besser, Sie wissen’s nicht. Ich hab mir zwei Große geliehen, um das Ticket bezahlen zu können. Ich schick es Ihnen zu, sobald ich was auf die Kante gelegt habe. Ehrenwort. Sie glauben mir doch?»
    Sören schüttelte den Kopf, während er überlegte. «Also hör mal … Erwartest du, dass ich mit dem Koffer zur Polizei marschiere und erzähle, den hätte ich gefunden? Da werden Fragen gestellt. Du hast den Raub des Jahrhunderts hingelegt.» Er deutete auf den Koffer. «Wie viel ist da überhaupt drin?»
    «Über 700000 Mark …»
    Sören konnte sich einen Pfiff nur schwer verkneifen. Er reichte Brunckhorst den Cognac. «Die Geschichte ist wirklich kaum zu glauben. Man wird mir Fragen stellen. Was soll ich der Polizei erzählen?»
    «Dass Sie ’n Tipp bekommen haben?»
    «Für die Polizei ist das ein Raubmord. Man wird Nachforschungen anstellen. Du bist zweimal mein Mandant gewesen. Da brauchen die nur eins und eins zusammenzuzählen – und schwups, landet man bei deinem Namen. Du giltst als Spezialist für solche Sachen. Und dann?»
    «Das lassen Sie man meine Sorge sein. Der Name ist Vergangenheit. Ich bin ja nicht verrückt.»
    «Keine Spuren?»
    Brunckhorst schüttelte den Kopf. «Und den Job häng ich auch an den Nagel. Ehrenwort. Das gilt bei mir. Ich fass nie wieder ’n Brenner an.»
    «Wer war noch dabei?», fragte Sören.
    «Niemand – nur ich.»
    «Und wenn dich einer von den
Niemanden
verpfeift?»
    «Passiert nicht.»
    «Familie?»
    Brunckhorst nickte.
    «Mir ist trotzdem nicht wohl bei der Sache. Dass du mit dem Mord nichts am Hut hast, glaubt dir keiner.»
    «Und Sie?»
    Sören zögerte. «Ich hab ja dein Ehrenwort. Armin der Schränker. Ein Panzerknacker bist du, aber kein Raubmörder. Ist nicht deine Masche. Wie sieht’s deiner Meinung nach mit Notwehr aus? Würdest du jemanden töten, der dich bedroht?»
    «Ich versteh schon, was Sie meinen. Klingt ja auch wirklich unglaubwürdig. Das ist es ja auch, weshalb ich die Fliege mache. Die Sache wächst mir über den Kopf. Ich weiß nicht, ob es Sie beruhigt, aber ich bin dem Goldmann nie in meinem Leben begegnet. Nie. Und als ich da raus bin, lag da keiner.»
    Sören hakte noch einmal nach. «Merkwürdig ist das aber schon, oder?»
    «Ja, irgendwer wird ihm eins über ’n Schädel gezogen haben. Ich nicht. War ’n Jude, ’n Halsabschneider, wie ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher