Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed

Titel: Totentanz für Dr. Siri - Cotterill, C: Totentanz für Dr. Siri - Disco for the Departed
Autoren: Colin Cotterill
Vom Netzwerk:
Vier.
    »Unsinn«, sagte Offizier Nummer Zwei.
    »Da fällt mir ein. Ich meine, mich erinnern zu können, auf einem Bauernhof bei Tha Heua einen gesehen zu haben. Damals wusste ich allerdings noch nicht, worum es sich handelte. Ulkiges Vieh«, sinnierte Offizier Nummer Eins.
    »Stimmt«, sagte Dtui, »und hier oben gibt es sie in rauen Mengen. Falls Ihnen einer begegnet, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie ihn fangen könnten. Ich würde meiner Mutter gern ein Exemplar als Souvenir mitbringen.«
    »Kein Problem«, meinte Offizier Nummer Vier. »So schwierig kann das ja nicht sein.«
    »Leider müssen wir morgen sehr früh raus«, sagte Offizier Nummer Zwei, der wohl merkte, dass man ihm einen kolossalen Bären aufzubinden versuchte. Er stand auf und streckte seine schmerzenden Glieder, als habe er soeben seinen ersten 1000-Meter-Lauf hinter sich gebracht. Auch die anderen erhoben sich. »Wir sind schon um sechs Uhr zur Feldarbeit eingeteilt.«

    Siri trat wieder zu ihnen. »Passen Sie auf, wo Sie graben. Diese Gegend ist mit Blindgängern förmlich gespickt.«
    Der Offizier kicherte. »Mit Verlaub, aber ich bezweifle, dass man uns wissentlich in ein Minenfeld schicken würde.«
    »Trotzdem. Seien Sie vorsichtig. Ich habe keine Lust, den morgigen Tag damit zu verbringen, allzu leichtsinnigen Polizisten die Beine wieder anzunähen.« Siri verstummte. Dabei konnte er sich kaum eine effektivere Minenräummethode vorstellen als einen Trupp korrupter royalistischer Gendarmen, die wie mit Schaufeln bewaffnete Revuegirls im Stechschritt über ein Feld marschierten.
    »Wünsche eine geruhsame Nacht, ihr beiden Turteltäubchen«, sagte Offizier Nummer Eins mit einem vieldeutigen Augenzwinkern. Die anderen machten sich lachend in ihren Schlafsaal auf und ließen Siri und Dtui allein auf der Veranda zurück. Kaum waren sie verschwunden, streckte Dtui ihnen die Zunge heraus.
    »Widerliche Kerle«, sagte sie.
    »Opfer ihrer Geldgier, weiter nichts«, meinte Siri. »Aber sie werden sich ändern. Nimmt man einem Menschen seine komfortable Existenz, so ist er buchstäblich auf sich selbst und sein bloßes, nacktes Ich zurückgeworfen. Von einem Augenblick zum anderen mit leeren Händen dazustehen eröffnet zuweilen neue Horizonte. Sollten diese Männer die Kälte, den Hunger und die Krankheiten hier oben halbwegs lebendig überstehen, wird sie das zu besseren, demütigeren Menschen machen.«
    »Sie finden aber auch wirklich im letzten Misthaufen noch eine Perle, Dr. Siri. Trotzdem, Sie irren sich. Die ändern sich nicht mehr.«
    »Warum so pessimistisch, Dtui?«
    »Schwein bleibt Schwein.«

    Siri zog seine buschigen Augenbrauen hoch. »Und Schwund bleibt Schwund.«
    Als ihr Gelächter verklungen war, blickten sie schweigend zu den schroffen Felsspitzen empor, die mit dem Nachthimmel verschmolzen.
    »Meinen Sie, wir können uns wenigstens ein paar Sehenswürdigkeiten anschauen?«, fragte Dtui schließlich.
    »Wer weiß? Wir wissen ja noch nicht einmal, was wir hier sollen. Womöglich schickt man uns kreuz und quer durch den Nordosten. Warum, was möchten Sie sich denn ansehen?«
    »Meine Mutter hat mir von einem Tempel bei Xieng Keuang erzählt, in dem man eine Buddha-Reliquie besichtigen kann.« Siri verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Was ist?«
    »Was für eine Reliquie ist es denn diesmal, Schwester Dtui? Ein Zahn? Ein abgetrennter Zeh? Ein Augapfel?«
    »Sie sind ein unverbesserlicher Zyniker«, ereiferte sie sich. »Das verrate ich Ihnen nicht.«
    »Mit Zynismus hat das nichts zu tun, meine Teure. Wohl aber mit Mathematik und Physiologie. Zählen Sie doch nur einmal die Tempel in Asien, die angeblich mit einem Körperteil oder doch wenigstens einem Fußabdruck Buddhas aufwarten können. Würde auch nur die Hälfte dieser Behauptungen stimmen, dürfte Seine Heiligkeit in der Tat einen bemerkenswerten Anblick geboten haben. Wie es scheint, tapste er auf Füßen groß wie Zisternendeckel durch die Lande, im Mund nicht nur dreiunddreißig, sondern mehrere tausend Zähne, während ihm Fuß- und Fingernägel ausgingen wie einem tollwütigen Hund das Fell. Nicht auszudenken! Kein Wunder, dass ihm die Leute in Scharen hinterherliefen.«

    Dtui rückte ans andere Ende des Tisches. »Wo wollen Sie denn hin?«, fragte er.
    »Nirgends. Ich möchte nur nicht neben Ihnen sitzen, wenn Sie der Blitzstrahl trifft.«
    Siri lachte. »Sie haben bei Ihren politischen Schulungen offenbar tief und fest geschlafen, Genossin. Vom Politbüro
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher